Unterhaltung

"Tatort" aus Köln Meine verrückten Nachbarn

Hallo, wir wollten uns nur mal eine Tasse Mehl borgen ...

Hallo, wir wollten uns nur mal eine Tasse Mehl borgen ...

(Foto: WDR/Martin Menke)

Wie hieß es bei Sartre? Die Hölle, das sind die anderen. Schenk und Ballauf dürfen sich aus nächster Nähe anschauen, was damit gemeint ist. Der 70. gemeinsame Fall führt die beiden hinein in den Abgrund: eine Wohnsiedlung am Rande der Stadt.

"Wenn mein Nachbar Krieg will - dann bekommt er Krieg", flucht Freddy Schenk (Dietmar Bär) durchs Revier und haut den Aktenordner mit der Aufschrift "Papagei" auf den Schreibtisch. Das besagte Tier ist im Besitz seines Nachbarn und hält die umliegenden Anwohner, darunter auch den grantigen Kommissar, mit lautem Gekrächze auf Trab und vom Schlafen ab.

Sandra Voigt wird aus dem Krankenhaus entlassen. Ihr Stiefvater ist ihr wie immer eine Stütze. Freddy Schenk, Max Ballauf und Kriminal-Psychologin Lydia Rosenberg sind skeptisch.

Sandra Voigt wird aus dem Krankenhaus entlassen. Ihr Stiefvater ist ihr wie immer eine Stütze. Freddy Schenk, Max Ballauf und Kriminal-Psychologin Lydia Rosenberg sind skeptisch.

(Foto: WDR/Martin Menke)

Der Kontext ist mal wieder arg hingedrechselt, der Fall selbst wiegt das jedoch durchaus auf, aber der Reihe nach: Von einer Brücke fällt einem Lkw-Fahrer nachts ein Mann direkt vor die Räder, zum Bremsen bleibt keine Zeit, der Laster überrollt den Körper. Das Kölner Team stellt schnell fest, dass jener Mann, ein gewisser Werner Holtkamp (Uwe Freyer) bereits vorher tot war, erschlagen mit einem stumpfen Gegenstand. Die Ermittlungen führen Schenk und Ballauf (Klaus J. Behrendt) schließlich zum Haus des Getöteten und infolgedessen mitten hinein ein nachbarschaftliches Geflecht, so verworren und aufgeladen mit dunklen Geheimnissen, dagegen verkommt Freddys Papagei flugs zur Petitesse.

Sandra Voigt (Claudia Eisinger) ist so verstört, dass sie nur flüstern kann, ihr Stiefvater Leo (Werner Wölbern) treibt deren Tochter Mira (Lena Meyer) um den Sportplatz, während die wiederum ihre Freizeit mit Nachbarskind Paulina (Lilli Lacher) in einer Holzhütte verbringt, vor deren Eingang Knochen und Federn im Wind baumeln. Deren Vater (Florian Panzner) hat eine Finanzquelle, von der niemand etwas wissen darf und dann ist da auch noch das Ehepaar Möbius: Er (Stephan Grossmann) ein Echsen sammelnder Geschäftsmann mit maximalen Desinteresse an seiner Gattin (Birge Schade), die wiederum sich des Nachts den Martini ins Dekolleté kippt und zu Springsteens "Hungry Heart" allein und angetrunken durchs Haus schwoft.

"Nachbarn" heißt der Fall so nüchtern wie passend, Regie führte mit Thorsten C. Fischer einer, der sich auskennt mit den Kölnern, es ist bereits sein siebter Film mit Schenk und Ballauf. Es dürfte einer der besten der letzten Jahre sein: Die Tätersuche schlägt Haken, den ganz alltäglichen Wahnsinn montiert Fischer zu atmosphärischen Impressionen und der Schauplatz ist so beengt wie bedrohlich.

Die Hecken in dieser Wohnsiedlung sind akkurat gestutzt, das Mobiliar an seinem Platz, hier liegt kein Staubkorn auf der Anrichte, die Fenster so blank geputzt, dass man sie kaum sieht. Doch unter der Oberfläche brodelt es, die dunklen Geheimnisse warten förmlich nur darauf, exhumiert zu werden - kurzum: der ganz normale Wahnsinn.

Das Kölner Kripo-Kombinat im Dauereinsatz - wer ist da nur für die Planung verantwortlich, möchte man sich fragen. Nach der "Wacht am Rhein" und den "Tanzmariechen" ist es anno 2017 bereits der dritte Fall für Ballauf und Schenk. Dabei ist es ja nun nicht unbedingt so, dass es nicht genügt Alternativ-Reviere für den Sonntagabend gäbe. Aber sei es drum, wenn das Ganze denn so unterhaltsam und wohltuend vertrackt gerät, mit pointiertem Plot und pittoresker Pointe ausgestattet, dürfen die beiden ruhig schon bald wiederkommen.

Quelle: ntv.de

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