"Geht auf meinen Deckel" Mockridge entschuldigt sich für Paralympics-Häme
07.09.2024, 17:26 Uhr Artikel anhören
Der Deutsche Behindertensportverband legte Mockridge nahe, Para-Sport live zu schauen.
(Foto: picture alliance / Bonn.digital)
Mit abwertenden Aussagen über die Paralympischen Spiele und behinderte Menschen ruft Luke Mockridge Empörung hervor. Jetzt entschuldigt er sich. Einen Gag hat Mockridge offensichtlich vom US-Comedian Shane Gillis kopiert.
Auf Luke Mockridges hämische Kommentare über die Para-Athleten folgt die Einsicht beim Comedian. Nach großer Kritik an seinen Aussagen rudert er zurück und entschuldigt sich bei den Sportlern. "Selbstverständlich war es nie meine Absicht, Menschen mit Behinderung ins Lächerliche zu ziehen - besonders während dieser großartigen Paralympischen Spiele", schrieb Mockridge bei Instagram. "Aus meiner eigenen Erfahrung bei der Arbeit mit behinderten Menschen habe ich immer einen scharfen, schwarzen Humor erlebt, den ich gefeiert habe. Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid", schrieb er. "Es fuckt mich auch ab, dass Medien zum Ende dieser Paralympischen Spiele mehr über mich sprechen und nicht über das Turnier."
Den ersten Teil seiner Aussagen hatte Mockridge dabei offensichtlich vom US-Komiker Shane Gillis abgekupfert. Bei einem Auftritt in Austin aus dem Jahr 2021, der auf Youtube zu finden ist, witzelte Gillis über die vermeintliche Entstehung der Paralympischen Spiele. "Wir alle stimmen zu, dass die Paralympischen Spiele ein gutes Programm sind. Ich glaube aber, dass der Typ, der die Idee dazu hatte, ein echtes Risiko eingegangen ist", sagte Gillis. "Es ist wild, so was zum ersten Mal vorzuschlagen. Ein Typ in einer Vorstandssitzung sagt: 'Ich hab eine Idee. Wir sollten diese 'Motherfuckers' gegeneinander antreten lassen.'"
Im Podcast "Die Deutschen" von Nizar und Shayan, in dem Mockridge zu Gast war, brachte er sinngemäß den gleichen Gag. "Aber der Erste, der die Idee hatte, das ist schon abgefahren, oder? Der Erste, der ein anderes Land angerufen hat und gesagt hat: 'Hey, du kennst doch die Olympischen Spiele, ich habe eine ähnliche Idee. Ihr habt doch auch Behinderte in eurem Land, oder? Sollen wir mal gucken, wer Schnellere hat? Sollen wir die mal in so einem Wettrennen gegeneinander ...", so Mockridge in der Folge, die bereits Mitte August veröffentlicht wurde. Diese Idee bezeichnete er als "wild".
Ein wirklicher Unterschied wird erst in den Folgeaussagen der beiden Comedians deutlich. Gillis schob nach seinem Gag hinterher: "Ich mache keine Witze über die Athleten. Das Konzept ist wild." Mockridge hingegen tat das Gegenteil und legte nach: "Also es gibt Menschen ohne Beine und ohne Arme, die wirft man ins Becken - und wer als Letzter ertrinkt, hat gewonnen." Im Podcast sorgten Mockridges Ausführungen für große Lacher. Die Hosts äfften zwischenzeitlich Bewegungen behinderter Menschen nach.
Entschuldigung gefordert
Zum Thema wurden Mockridges Aussagen nun, weil sich die zweimalige Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel fassungslos über ihren Instagram-Kanal zu Wort gemeldet hatte. Vogel sitzt nach einem Trainingsunfall im Rollstuhl. "Für die Frage, warum Menschen sich den Mund fusselig reden, weil es immer noch welche gibt, die eine so menschenverachtende Sch** erzählen und behinderte Menschen einfach so niedermachen. Hier einfach ein Beispiel, es ist unfassbar", schrieb Vogel, die nach einem Trainingsunfall querschnittgelähmt ist. Dazu teilte sie den vor etwa drei Wochen hochgeladenen Clip mit Mockridges Aussagen.
Kugelstoß-Weltmeister und Paris-Silbermedaillengewinner Niko Kappel erklärte: "Luke Mockridge und seine beiden Mitstreiter haben Pech, dass Menschenverachtung, Ignoranz und Geschmacklosigkeit nicht paralympisch sind. Sonst hätten sie diese tollen Spiele als Athleten erleben können und wären heiße Gold-Kandidaten gewesen."
Der Präsident des Behinderten- und Rehasportverbands Berlin, Özcan Mutlu, forderte von Mockridge eine Entschuldigung. "Eine Entgleisung sondergleichen", sagte Mutlu. "Das kann weder als Comedy noch als bloße Dummheit abgetan werden." Solche herabwürdigenden Äußerungen seien absolut inakzeptabel und verdienen scharfe Verurteilung. "Mockridge sollte sich zutiefst schämen und unverzüglich entschuldigen."
Einladung an Mockridge
Auch der Deutsche Behindertensportverband (DBS) reagierte und sprach dem Komiker eine Einladung aus. "Wir möchten dazu ermuntern, sich Para-Sport live anzuschauen, um zu erleben, zu welch beeindruckenden Leistungen Menschen mit Behinderungen in der Lage sind - und, um zu verstehen, welche Bereicherung sie für unsere Gesellschaft sind", teilte der DBS mit. "Eine größere Aufmerksamkeit möchten wir diesem Beitrag nicht widmen." Mockridge erklärte, dass er die Einladung "sehr gerne" annehmen wolle. Er freue sich "auf den Perspektivwechsel und darauf, aktiv zu lernen. Comedy und Sport sollen Spaß machen - immer! Heute hat das nicht geklappt, und das geht auf meinen Deckel", hieß es in seinem Statement abschließend.
Schon in der Vergangenheit war Mockridge in den Fokus gerückt. Unter anderem hatte er im "ZDF-Fernsehgarten" mit einem irritierenden Auftritt für Ärger gesorgt. "Die Witze allerdings, die Luke Mockridge heute von sich gegeben hat, trafen weder unseren Humor noch den des Publikums. Mehr gibt es leider nicht zu sagen, der Auftritt spricht für sich selbst", hatte das ZDF damals mitgeteilt. Der Komiker Mockridge hatte einst zu den Sender-Gesichtern von Sat.1 gezählt. Im August 2021 hatte er eine Auszeit angekündigt und war seither im Fernsehen kaum mehr in Erscheinung getreten. Ab Mitte September soll Mockridge durch die Sat.1-Sendung "Was ist in der Box? Das Comedy-Quiz" führen.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa