Premiere für neues "Tatort"-Team Zanken in Frrranken
12.04.2015, 21:47 Uhr
Fabien Hinrichs und Dagmar Manzel sind das neue "Tatort"-Duo aus Nürnberg.
(Foto: ARD)
Mit Paula Ringelhahn und Felix Voss hat ein weiteres Ermittler-Duo seinen Sonntagabend-Dienst angetreten. Der Start gerät solide, auch wenn Provinz und Pentagon nicht so ganz zusammengehen. Eins ist jedoch klar: In Nürnberg wird gern gestritten.
Das Kinn bebt, der Blick geht ins Nichts, die Augen füllen sich mit Tränen, die Kinder werden abgewimmelt und irgendwo wird eine Tasse Kaffee kalt. Wenn es so etwas wie die klassische Kamera-Einstellung im deutschen Krimi gibt, dann ist es ein Bild wie dieses. Ob "Derrick" oder "Der Kommissar" einst, "Polizeiruf" und "Tatort" heute - irgendwann sitzen sie da, die Frauen mit den erfolgreichen Ehemännern, in ihren Designbuden mit den schlichten Küchen, den bunten Bildern und den Bogenlampen. Und müssen damit klarkommen, dass der Gatte nicht nur hinüber ist, sondern längst nicht der war, für den man ihn hielt.
Nürnberg macht zum Neustart keine Ausnahme. Als Julia Ranstedt (Jenny Schily) vom Tode ihres Mannes Christian (Philippe Brenninkmeyer) erfährt, gerät alles aus den Fugen. Der ach so sympathische Mr. Perfect hat nicht nur mit Charlotte (Ulrike C. Tscharre) von nebenan gevögelt, sondern, so erfahren wir später, in seiner Funktion als Uniprofessor auch noch Raketenforschung fürs Pentagon betrieben.
Mit "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" erscheint nun also Nürnberg auf dem "Tatort"-Radar. Die Neueinführung erlebt der Zuschauer vornehmlich aus der Sicht von Felix Voss (Fabian Hinrichs). Der kommt als Neuling in jenes Revier, wo Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) schon länger ihren Dienst versieht. Die Besonderheiten der Region lernt Voss im Schnelldurchlauf: Man sagt beim Abschied leise "Ade", dafür rollt man das "R" umso lauter und wenn es um Sex geht, wird gern wortreich umschrieben, statt die Dinge beim Namen zu nennen.
Der neue Kommissar ist ein alter Bekannter
Regelmäßige Tatort-Gucker dürften sich vor allem über das Wiedersehen mit Fabian Hinrichs gefreut haben. Der hinterließ in einer Münchner Folge vor drei Jahren als Praktikant Gisbert so nachhaltigen Eindruck, dass auf sein Ableben nach nur einer Folge Petitionen folgten, mit dem Wunsch, ihn wiederauferstehen zu lassen. Ganz so nerdy wie einst Gisbert kommt Hinrichs’ Voss nicht daher, sein etwas hüftsteifer Gestus zwischen Columbos Bauernschläue und der Wunderlichkeit des saarländischen Kollegen Stellbrink erinnert dennoch da und dort an den frühverblichenen Sidekick.
Weitaus temperamentvoller ist sein weiblicher Counterpart: Paula Ringelhahn hat einst aus dem Osten rübergemacht, glänzt durch Überblick und hat eine Hutschnur, die zum Platzen neigt, dem Dortmunder Kollegen Faber nicht unähnlich. Da wird gern mal gezetert und gezofft. Und die heftigen Rededuelle mit Polizeipräsident Kaiser (eine zahmere Version von Kottans Pilch: Stefan Merki) werden sicher auch in den nächsten Folgen zum guten Ton gehören.
Und die Region, die Location? Regisseur Max Färberböck, der zusammen mit Catharina Schuchmann auch für das Buch verantwortlich zeichnet, wählt eine ebenso schlichte wie effektive Variante: Im Mix aus "Deutschlands schönste Bahnstrecken" und "Der 7. Sinn" wird hier viel umhergefahren und durch die Windschutzscheibe nach draußen geblickt. Fahren, fahren, fahren auf der Stadt-Autobahn. So cruist es sich also durch das Frankenland.
Das neue Duo ist noch lange nicht auserzählt
Premieren-Fazit: In Nürnberg geht es etwas behäbiger zur Sache, der dramaturgische Tempomat sorgt hier für eher unterschwellige Suspense, hakenschlagende Action Fehlanzeige. Da passt es, dass auch Voss und Ringelhahn eher gemächlich eingeführt werden. Wo zuletzt etwa die Berliner Kommissarin in der Auftaktszene stranguliert kopulierte und ein ganzer Sack voll Privatelend schon in den ersten 90 Minuten ausgekippt wurde, langt es hier nur zu ersten Andeutungen. So leer wie Voss’ verwohntes Apartment sind auch noch die Biografien der Protagonisten. Das führt sich gut ein und macht gespannt auf den nächsten Fall. Der Start jedenfalls gerät durchaus vielversprrrechend.
Quelle: ntv.de