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Martin Scorsese und seine Filme Grüße von der dunklen Seite Amerikas

Martin Scorsese bei den Dreharbeiten zu "The Wolf of Wall Street" mit Leonardo DiCaprio.

Martin Scorsese bei den Dreharbeiten zu "The Wolf of Wall Street" mit Leonardo DiCaprio.

(Foto: The Kobal Collection (Red Granite Pictures) / Knesebeck Verlag)

Drogendealer und Kleinkriminelle, Mafiosi und brutale Gangs bevölkern die Filme von Martin Scorsese. Es sind Streifen von der Schattenseite Amerikas. Ein Bildband setzt dem Werk des Regisseurs nun ein Denkmal.

"Filme erfüllen unser spirituelles Bedürfnis nach einer gemeinsamen Erinnerung." Das sagt Martin Scorsese zu Beginn seiner Dokumentation über die US-amerikanische Filmgeschichte. Der Satz steht auch im Vorwort von "Martin Scorsese - Sein Leben, seine Filme", einem voluminösen Bildband, der die Werke des Regisseurs feiert. Und zu feiern gibt es bei Scorsese viel.

Immer wieder übernimmt Scorsese winzige Rollen in seinen Filmen, wie hier als Fahrgast (l.) in "Taxi Driver" neben Robert De Niro.

Immer wieder übernimmt Scorsese winzige Rollen in seinen Filmen, wie hier als Fahrgast (l.) in "Taxi Driver" neben Robert De Niro.

(Foto: The Kobal Collection (Columbia) / Knesebeck Verlag)

Er selbst hat genügend jener Bilder erschaffen, die im kollektiven Gedächtnis verankert sind: den "Taxi Driver", der gegen den Abschaum der Straße vorgeht. Den "wilden Stier", der im Boxring, aber auch privat zur Bestie wird. Den Mafia-Zögling aus "Good Fellas", der sich im Drogenrausch verliert. Und zuletzt den Börsenguru, der in "The Wolf of Wall Street" rauschende Partys feiert. Scorsese, der am 17. November 1942 in New York City geboren wurde, ist ein Chronist Amerikas, der vor allem dessen Schattenseiten ausleuchtet.

Immer schwingen dabei spirituelle und religiöse Aspekte mit. Schließlich wollte Scorsese einst Priester werden, bevor er sich für seine Leidenschaft entschied: das Kino, dem er seit seiner Kindheit eng verbunden ist. In seinen Filmen geht es um Schuld und Erlösung, um Beichte und Sühne - jedoch verfremdet er diese Themen immer wieder. Taxifahrer und Drogendealer, Kleinkriminelle und Mafiosi, Außenseiter und Gangs sind nicht nur die Sünder, sondern auch die Prediger seiner Streifen.

Gewalt, Wut, Rock'n'Roll

Scorsese mit Robert De Niro (l.) und Harvey Keitel (r.) bei den Dreharbeiten zu "Hexenkessel".

Scorsese mit Robert De Niro (l.) und Harvey Keitel (r.) bei den Dreharbeiten zu "Hexenkessel".

(Foto: The Kobal Collection (Warner Bros.) / Knesebeck Verlag)

Scorseses Filme sind "explosive, spannungsgeladene Werke … voller Gewalt und überdrehtem Humor, Wut und Rock'n'Roll", formuliert es der Filmkritiker Tom Shone, der den reich bebilderten Band über Scorsese geschrieben hat. Er folgt seiner Karriere chronologisch, jeder Film von "Wer klopft da an meine Tür?" bis "The Wolf of Wall Street" bekommt ein eigenes Kapitel.

So ausführlich Scorseses Werk ausgebreitet wird, so kurz kommt allerdings dessen persönliches Leben: die Drogensucht, Depressionen, die fünf Ehen werden leider kaum thematisiert. Selbst die von Scorsese gegründete World Cinema Foundation bleibt unerwähnt - obwohl sie für dessen leidenschaftlichen Einsatz für die Bewahrung des Filmerbes der Welt steht.

Geld verdienen, Preise ernten

Das ist schade, doch Shone setzt sich dafür umso intensiver mit den Filmen auseinander, mit ihrer Entstehung, mit der Ideenfindung und der Umsetzung. Dies illustriert er mit sehr vielen Bildern. Es sind nicht nur Filmstills darunter, sondern auch Blicke hinter die Kulissen und Porträts - viele davon bisher unveröffentlicht. Sie zeigen nicht nur die Arbeit Scorseses, sondern auch seine Wandlung. Aus der Künstlerseele des New Hollywood, die anspruchsvolle, wilde Filme dreht, wird ein Regisseur und Produzent, der gelernt hat, wie man Geld verdient und Preise erntet, wie es Shone treffend formuliert.

Anders als bisherige Bände über den Regisseur lässt "Martin Scorsese - Sein Leben, seine Filme", zudem noch genügend Platz für die persönlichen Einschätzungen Shones zu den einzelnen Filmen, wobei er Scorseses zahlreiche Dokumentationen und kleinere Werke vernachlässigt. In Interviews hat sich der Kritiker mit dem Künstler unterhalten und dessen Rückblicke als Grundlage seiner Texte zu jedem Kapitel genommen. Dabei kommen natürlich auch jene Schauspieler vor, die eng mit Scorseses Werk verbunden sind, von Robert De Niro und Harvey Keitel bis Leonardo DiCaprio.

So ist das Buch nicht nur ein Rückblick auf das Werk eines der wichtigsten Hollywood-Regisseure unserer Tage, sondern gleichzeitig eine Einordnung von dessen Wirkung. "Scorsese prägte mit seinen Arbeiten maßgeblich die Independent-Filmlandschaft der 1990er-Jahre und darüber hinaus", schreibt Shone. Das zeigt, dass Scorsese in seiner langen Karriere nicht nur großartige Streifen vorgelegt, sondern auch viele Nachwuchsfilmer beeinflusst hat und so selbst zum Markstein der Filmgeschichte geworden ist. Es ist ein großes Werk, dem der Band ein würdiges Denkmal setzt.

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Quelle: ntv.de

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