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Psychohorror mit Klassiker-Prädikat "It Follows": Nach dem Sex wirst du sterben

Unheimlich: Die Bedrohung ist während des gesamten Films für den Zuschauer spürbar.

Unheimlich: Die Bedrohung ist während des gesamten Films für den Zuschauer spürbar.

(Foto: Weltkino)

Mit Sex fängt alles an. Mit Sex endet es auch: Für Jay, das nette Mädchen von nebenan, eine tödliche Gewissheit. Seit sie mit ihrer Flamme Hugh geschlafen hat, ist "Etwas" hinter ihr her. Es lauert, verfolgt sie. Ein Albtraum, der nie endet. Oder?

Es beginnt mit einem Albtraum. Als David Robert Mitchell zehn Jahre ist, glaubt er, dass ihn "Etwas" verfolgt. Er sieht einen Jungen auf dem Schulhof, der auf ihn zukommt - und er weiß, es ist ein Monster. Mitchell rennt weg, einen ganzen Block, ohne anzuhalten. Dann stoppt er. Dreht sich um. Er sieht, wie das "Etwas" entfernt um die Ecke biegt. Seitdem lässt ihn diese Begegnung nicht mehr los. Immer wieder taucht das Monster auf, jedes Mal sieht es anders aus.

Das war Mitte der 1980er-Jahre. Fast 30 Jahre später kommt Mitchell auf die Idee, aus diesem Albtraum ein Drehbuch zu machen. Binnen eines Jahres wird daraus ein grandioser Horrorfilm, der nicht nur wegen seiner wohltemperierten und unaufgeregten Psychoschock-Elemente bereits jetzt das Zeug zum Klassiker hat: "It Follows" startet in den deutschen Kinos.

Von den Besten gelernt

"It Follows" (Weltkino) ist auch eine Hommage an den 1980er Jahre-Grusel.

"It Follows" (Weltkino) ist auch eine Hommage an den 1980er Jahre-Grusel.

(Foto: Weltkino)

Mitchell kann dabei seine Wurzeln nicht leugnen. Als er ein Kind war, war das Horror-Genre gerade in einer Blütezeit. John Carpenters "Halloween" hat Jamie Lee Curtis den Titel der "Scream-Queen" eingebracht. Filme wie "The Fog" und "Prom Night" untermauern diesen Status. Der Schrei wurde ihr Markenzeichen, ist es heute noch.

Es dauert aber rund 15 Jahre, bis Curtis eine ernstzunehmende Nachfolgerin bekommt: Neve Campbell. Unter der Regie des Horror-Meisters Wes Craven heimst sie den Titel ein. Craven etabliert zudem neben bereits bekannten Klischees - etwa: der Schwarze stirbt immer zuerst - ein neues: Wer Sex hat, der stirbt.

Und nochmal etwa 15 Jahre später schafft es Mitchell mit "It Follows", beide Phänomene in einem Film kongenial zu vereinen. Die "New York Times" kürte Hauptdarstellerin Maika Monroe ("The Guest") bereits zur neuen "Scream-Queen".

Es verfolgt dich …

Monroe spielt die 19-Jährige Jay, das ultimativ nette Mädchen von nebenan. Nach ein paar Dates mit ihrer neuen Flamme Hugh (Jake Weary; "Zombiber") haben die beiden endlich Sex. Doch aus dem vermeintlich schönsten Moment ihres Lebens - es ist Jays "erstes Mal - wird sie jäh aufgeschreckt. Hugh hat sie gefesselt. Und er macht ihr ein beunruhigendes Geständnis.

Jay (Maika Monroe) ist dem Grauen ausgeliefert.

Jay (Maika Monroe) ist dem Grauen ausgeliefert.

(Foto: Weltkino)

"Etwas" verfolgt ihn und er kann es nur loswerden, wenn er Sex mit einem anderen Menschen hat - und ihm so dieses "Etwas" überträgt. Dann nimmt es denjenigen aufs Korn. Jay ist fassungslos. Erst als sie eine Gestalt langsam auf sich zukommen sieht, ahnt sie, dass Hugh keinen Scherz gemacht hat. "Es" ist langsam. "Es" kann jede nur erdenkliche Gestalt annehmen. Wenn "Es" Jay erreicht und sie in die Finger bekommt, ist sie tot.

So wie das Mädchen, das der Zuschauer verstörenderweise zu Beginn des Films sieht. Es flüchtet in der Abenddämmerung aus einem Haus. Die nackte Panik im Gesicht. Todesangst in ihren Augen. Sie steigt ins Auto, fährt davon. Kurz darauf hält sie an einem Strand, setzt sich entkräftet und gebrochen in den Sand, ruft ihre Eltern an und sagt ihnen, dass sie sie liebt. Am nächsten Morgen ist sie tot. Der Zuschauer weiß nicht, wieso und welches Grauen über sie gekommen ist.

… und lässt dich nicht mehr los

Da ist sie, diese simple Idee, dass jemand einen verfolgt. Dass man ahnt, jemand ist hinter einem her. Dieses Gefühl der Ohnmacht, dass man nichts dagegen tun kann - außer sich dem Grauen zu stellen. Genau das macht Jay dann auch. Mit ihren Freunden versucht sie Hugh zu finden, der mit ihr unter falschem Namen angebandelt hat. Die Gruppe findet ihn. Aber auch er kann nur seinen bereits geäußerten Überlebenstipp wiederholen: Habe Sex mit einem anderen Menschen. Nur so kannst du dich retten. Das Problem dabei: Kriegt das "Etwas" Jay, ist es danach wieder hinter Hugh her. Die Ursprünge liegen im Verborgenen.

Und da bleiben sie auch. Das hinterlässt einige offene Fragen am Ende des Films - und die große Wahrscheinlichkeit eines Sequels. Mitchell selbst hätte Lust dazu. Er sollte aber aufpassen, dass aus diesem Kleinod des Indie-Psychohorrors kein kommerzieller Dauerabklatsch entsteht. Das hat bereits "Scream" geschadet und auch einstigen "Horror"-Neuentdeckungen wie "Saw" und "Insidious" ihren Klassikerstatus geraubt.

Richtig, "It Follows" hat nicht nur das Zeug, ein neuer Klassiker des Horror-Genres zu werden. Eigentlich ist es der Film bereits. Das liegt zum einen an der neuen "Scream-Queen" Maika Monroe. Ihr ist es - ähnlich wie Jennifer Lawrence - gelungen, sowohl in Indie-Filmen wie "The Guest" oder eben "It Follows" erfolgreich zu sein als auch Rollen in Hollywood-Blockbustern wie "Labor Day" oder "Independence Day 2" zu ergattern.

Zum anderen macht die Atmosphäre "It Follows" zu etwas Besonderem. Der zeitlose Look des Films mit einer typisch friedlichen, aber verbrauchten Randbezirk-"Idylle" einer heruntergekommenen Großstadt (Detroit); die Kameraführung mit ihrer Masse an Weite entwickelnden Großaufnahmen; und nicht zu vergessen: dieser abnormal geile Synthie-Sound von Disasterpiece. Das alles schafft eine Stimmung, der sich der Zuschauer nicht entziehen kann. Und die sich in sein Gehirn einbrennt.

Viraler Horror der guten alten Zeit. Zeitlose Hommage. Namenloses Grauen. "It Follows" ist das alles - und eben noch einiges mehr. Erstaunlich, wie aus der auf einem Albtraum eines Kindes basierenden Idee etwas so sensationell Beängstigendes werden kann!    

"It Follows" startet am 9. Juli in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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