Kino

Good Boy, Bad Boy and Hypercars "Need for Speed" - Schneller geht nicht

Das wohl typischste Bild für Spieler von "Need for Speed": Ein Bolide, verfolgt von den Cops.

Das wohl typischste Bild für Spieler von "Need for Speed": Ein Bolide, verfolgt von den Cops.

Wer glaubt, der Film "Need for Speed" wäre ein billiger Abklatsch des Computerspiels, darf sich nun im Kino, natürlich in 3D, eines Besseren belehren lassen. Um die schärfsten Supercars wurde eine Geschichte gestrickt, die einfach passt: trivial, hart und verdammt schnell.

Filme mit schnellen Autos gibt es einige. Aber Filme, in denen der Fokus so klar auf die schärfsten Boliden gerichtet wird, die derzeit auf diesem Planeten die Herzen der Fans von Supercars höher schlagen lassen, sind eher selten. Natürlich werden Autofilmfreunde jetzt "Fast and Furios" ins Feld führen und mit Recht behaupten, dass hier ja wohl auch eine ordentliche Zahl an Hypercars über die Leinwand schießt. Zugegeben, aber während dort über fünf Teile – im sechsten hat man das Gefühl, der Blick für die Autos ist etwas verloren gegangen - ein Who is Who mobiler Fahrzeuglegenden gefeiert wird, haben sich die Macher von "Need For Speed" einer anderen Idee verschrieben.

Die Grundlage für den Streifen bildet das seit 1994 auf dem Markt befindliche Computerspiel gleichen Namens. Über fast 20 Jahre verkauft sich die extrem realistische Rennanimation über 150 Millionen Mal. Nicht zuletzt, weil sie die Möglichkeit bietet, die exotischsten Flitzer über den Asphalt zu peitschen. Was das Game natürlich auszeichnet, ist der aktive Ansatz des Spielers. Er verantwortet millionenschwere Supercars, muss sie gegen andere Rennteilnehmer ins Ziel fahren und davor bewahren, von Polizeistreifen aufgebracht zu werden.

Nicht nur dran, sondern mittendrin

Die Good Buys: Toby und seine Homies.

Die Good Buys: Toby und seine Homies.

Ein Ansatz, der sich in einem Film schwerlich realisieren lässt, weshalb es wohl auch Jahre dauerte, bis sich die Erfinder des Spiels EA Entertainment durchringen konnten, eine Version ins Kino zu bringen. Schließlich sind die meisten Game-Verfilmungen dieser Art nicht wirklich erfolgreich. Ein Grund, warum man sich hier für einen proaktiven Ansatz entschied. Wichtig war, dass der Zuschauer auch im Kino Teil dessen wird, was das Spiel ausmacht. Er soll das Gefühl haben, Teil des Rennens in einem Super-Boliden zu sein und gleichsam mit den Protagonisten mitfiebern.

Insofern war der Vorteil für die Macher um Regisseur Scott Waugh, dass das Computerspiel keine klaren Vorgaben für eine Geschichte macht. Geschrieben wird das Drehbuch letztlich von dem Newcomer John Gatins, der mit seinem Bruder eine Autowerkstatt in Van Nuys, Kalifornien betreibt. Einem Mann also, der neben der zu erfindenden Geschichte auch ein gehöriges Maß an Leidenschaft für Autos mitbringt. Und was gehört in einen Hollywood-Streifen? Klar, ein good boy, ein bad boy, eine Schöne, echte Freunde und ein Mord, den man hier auch als vorsätzliche Tötung auslegen kann. Das schüttle man gut durch und schon hat man den gelinkten Typen, der unschuldig in den Knast wandert, Rache schwört, seine Freunde reaktiviert und von einer sexy Blondine begleitet wird, die all seine Eskapaden mitmacht, um den Bösewicht zur Strecke zu bringen.

Alles ist echt

Der Bösewicht Dino Brewster, gespielt von Dominic Cooper.

Der Bösewicht Dino Brewster, gespielt von Dominic Cooper.

Hört sich trivial an? Ist es auch. Aber zur Ehrenrettung dieses Films muss gesagt werden, dass Waugh es schafft, die Story, auch dank der witzigen Dialoge, der wirklich guten Schauspieler und natürlich durch die Crème de la Crème der schärfsten Autos, immer am Laufen zu halten. Gerade bei den Kerlen setzte Waugh auf neue Gesichter. Aaron Paul, bekannt aus der AMC-Serie "Breaking Bad", gibt den passionierten Straßenrennfahrer und Werkstattbesitzer Tobey Marshall. Eben jenen Typen, der bei einem Rennen gegen seinen ewigen Widersacher Dino Brewster, gespielt von Dominic Cooper, in einem atemberaubenden Rennen in drei Koenigsegg Agera R, seinen besten Freund Little Pete (Harrison Gilbertson) verliert. Aber allein dieses Rennen der Könige macht auch die Brillanz von Waugh deutlich, der gerade diese Szenen nicht am Computer bastelt, sondern von echten Stunt-Fahrern absolvieren lässt. Einer von ihnen, Tanner Foust, ist der erfolgreichste Fahrer in der Geschichte der X Games und Weltrekordhalter für den weitesten Sprung mit einem Auto.

Alle in diesem Film ist echt. Oder fast alles.

Alle in diesem Film ist echt. Oder fast alles.

Gerade diese Männer sind es, die Kamerafahrten ermöglichen, die Autos wie einen Bugatti Veyron Super Sport, einen Lamborghini Sesto Elemento , einen GTA Spano oder einen McLaren P1 aus Perspektiven zeigen, wie man sie so noch nicht gesehen hat: in voller Fahrt, von allen Seiten und vor allem in einem Rennen gegeneinander auf wahrlich brennendem Asphalt. Wobei tunlichst darauf geachtet wurde, dass keiner der 700-bis-1200-PS-Bolzer aufgrund seiner mutmaßlich nicht vorhandenen Potenz von der Piste fliegt. Fahrfehler, Unvorhersehbarkeiten und Selbstüberschätzung lehren hier die Boliden und ihre Piloten das Fliegen. Und das letztlich der Siegerwagen im ultimativen Rennen, dem "The De Leon", ein Koenigsegg ist, ist nur dem Umstand geschuldet, dass es sich hierbei um den Wagen handelt, mit dem Tobeys bester Freund getötet wurde.

Ein Mustang muss in Hollywood sein

Aber was wäre ein Film aus Hollywood, noch dazu über Autos, ohne die amerikanische Stilikone der Muscle Cars, den Ford Mustang Shelby Cobra? Hier natürlich in seiner schärfsten Ausführung als 500, der anlässlich des Todes von Carroll Shelby im Jahr 2012 aufgelegt wurde. Selbstredend muss sich der Bolide in den Reigen der absoluten Supercars einreihen und so wird er von Tobey und seinen Schraubern mit 912 PS bedacht und soll einen Highspeed von 376 km/h erreichen. Das wiederum steigert den Wert des Supercars auf gigantische drei Millionen Dollar. Diese Summe sollte aber nicht ganz ernst genommen werden. Starten doch die Preise für eben jenes Modell mit allen erdenklichen Goodies und 659 PS bei etwa 60.000 Dollar. Aber egal. Wahrscheinlich ist hier der Wert für die insgesamt sieben Mustangs zugrunde gelegt worden, die vom Filmteam verheizt wurden.

Der "Grashüpfer" ist wohl der legendärste Auto-Stunt in der Filmgeschichte.

Der "Grashüpfer" ist wohl der legendärste Auto-Stunt in der Filmgeschichte.

Denn mit der amerikanischen Muscle-Car-Ikone erinnert man nicht nur an die Fahrt von Steve McQueen in "Bullit", als er mit seinem 1968er Ford Mustang Fastback einen Dodge Charger R/T in San Francisco abkocht. Nein, Waugh lässt auf seiner Reise zum finalen Rennen quer durch die USA alles Revue passieren, was die Autofilmgeschichte zu bieten hat. Da geht es à la "Thelma & Louise" über die Klippen des Fossil Points beim Colorado River, wo der Mustang nur von einem US-Armee-Hubschrauber gerettet werden kann. Man glaubt die Straßen aus "Fluchtpunkt San Francisco" wiederzuerkennen und fühlt sich an authentische Verfolgungsjagden, wie man sie aus "Brennpunkt Brooklyn" kennt, erinnert. Natürlich fehlt auch ein Driftfeuerwerk in Detroit nicht, der Motor City schlechthin. Oder der als "Grashüpfer" bekannte Sprung, bei dem der Mustang über eine stark befahrene dreispurige Straße fliegt. Bereits vor 35 Jahren wurde ein solcher Sprung im Film "Our Winning Season" hingelegt. Dabei darüber nachzudenken, dass eine Fahrt quer durch die Staaten über Chicago schneller ginge, ist angesichts des Action-Feuerwerks, das hier abgebrannt wird, absolut überflüssig.

Brillanter Michael Keaton

Überflüssig ist auch die Frage, wie Scott Mescudi als Benny an immer neue Fluggeräte kommt, um seinen Kumpel aus der Luft in die Drift zu dirigieren oder ihm, wie gesagt, mit einem Soikorsky-Helikopter der US-Armee vor dem Abgrund zu retten. Fragen, auf die es keine Antworten gibt und die mit Blick auf die Story eigentlich auch nicht gestellt werden dürfen. Die wird im Übrigen von einem genialen Michael Keaton zusammengehalten. Der mimt in Need for Speed "The Monarch", einen ehemaligen, steinreichen Rennfahrer, der illegale Rennen initiiert und diese über eine Internetleitung auch noch kommentiert. Er ist so etwas wie die Seele des Streetracing. Eine Art Gegenstück zu dem, was Supersoul in "Fluchtpunkt San Francisco" war: zynisch, exzentrisch, bizarr.

In der Summe ist der Film natürlich ein Muss für alle Autoliebhaber. Dabei ist es egal, ob man klassische Muscle Cars aus den 1970er-Jahren oder kostspielige europäische Superschlitten liebt oder einfach nur ein Mustang-Fan ist. Aber auch die Freunde der Schmonzette kommen auf ihre Kosten. Geht doch nicht nur der Tod von Little Pete ans Herz, sondern auch die sich entspinnende Liebe zwischen Tobey und Julia (Imogen Poots). Und selbst wer einen Film wie "All Is Lost" von und mit Robert Redford mag, wo nicht ein Wort gesprochen wird, der könnte sich hier berauschen. Denn findet doch fast alles an Dialogen und Charakterentwicklung der Figuren im Cockpit eines Boliden statt.

"Need for Speed" startet am 20. März 2014 in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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