Interview mit Tom Wlashiha aus "Game of Thrones" Per iPhone zum Attentäter
03.06.2012, 11:08 Uhr
Tom Wlaschiha in der Rolle des Jaqen H'ghar.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
In den USA geht die zweite Staffel der Fantasy-Serie "Game of Thrones" zu Ende, einer der erfolgreichsten HBO-Produktionen des Jahres. Der Deutsche Tom Wlaschiha wird dabei eine kleine, aber wichtige Rolle spielen, als mysteriöser Auftragskiller Jaqen H'ghar. Mit n-tv.de spricht er über seine Rolle, die Arbeit am HBO-Set und lüftet aus Versehen ein Geheimnis.
n-tv: Wie fühlt es sich an als deutscher Schauspieler bei einer der erfolgreichsten US-amerikanischen TV-Serien der letzten Jahre mitgemacht zu haben?
Tom Wlashiha: Im Moment fühlt sich das sehr gut an. Ich meine, am Anfang wusste ich nicht, dass die Serie so erfolgreich ist. Als ich dafür gecastet wurde, hatte ich noch keine Ahnung, welche Ausmaße das annimmt.
Millionen von Zuschauern in den USA schalten die Serie jede Woche ein, in Deutschland läuft sie hingegen versteckt im Pay-TV. Für alle, die "Game of Thrones" noch nicht kennen: Wie würdest du diese Serie beschreiben?

Tom Wlaschiha kann "andere Gestalten annehmen".
(Foto: tom-wlaschiha.de)
Das Genre ist auf alle Fälle Fantasy. Das Setting ist mittelalterlich, die Geschichte spielt auf einem fiktiven Kontinent, wo sieben Familien um die absolute Macht kämpfen. Das Faszinierende daran ist, glaube ich, dass alles dabei ist: Es gibt große Schlachtszenen, Intrigen, Liebe, Sex und Leidenschaft, Neid und Missgunst, alles, was halt dazu gehört.
Und es gibt Mord, dafür bist auch du zuständig. Du spielst einen Attentäter, eine Figur, bei der schon der Name recht ungewöhnlich ist - und an dessen Aussprache du ja maßgeblich mitgewirkt hast.
Genau, Mord und Totschlag habe ich vergessen, dafür bin ich zuständig. Meine Rolle heißt Jaqen H'ghar. Ein ungewöhnlicher Name. Es gab am Anfang nur die Bücher ["Das Lied von Feuer und Eis", von George R. R. Martin], der Name wurde also noch nie offiziell gesprochen. Die Produzenten haben mich dann gefragt, wie ich das aussprechen würde. Am Anfang waren wir bei "Jayken", das fand ich aber zu amerikanisch. Deswegen haben wir uns auf "Dschakin" geeinigt.
Und wer ist er? In der zweiten Staffel, die am Sonntag in den USA zum Ende kommt, nimmt er eine ganz besondere Rolle ein. Er ist nicht oft zu sehen, aber er für die Story sehr wichtig.
Jaqen ist ein sehr mysteriöser Charakter, sehr vielschichtig. Am Anfang sitzt er im Gefängnis und keiner weiß, wie er eigentlich dahin geraten ist. Er wird dann auf eine Reise geschickt zur großen Mauer, um dort Teil der Wache zu werden, die die Königreiche gegen den Norden abschirmt, wo alle möglichen Wilden ihr Unwesen treiben. Dabei trifft er auf eine der Hauptfiguren, Arya Stark. Sie ist ein als Junge verkleidetes Mädchen – aus den unterschiedlichsten Gründen - und stammt aus einer der sieben einflussreichen Familien. Zwischen den beiden entspinnt sich eine ganz besondere Beziehung: Obwohl Jaqen ein Auftragskiller ist wird er eine Art Mentor für sie. Das ist das Faszinierende an der Serie: Alle Charaktere sind sehr ambivalent.
Wie würdest du Jaqen beschrieben? Er ist nur eine Nebenrolle, wird in den Internetforen zur Serie aber heiß diskutiert,
Das ist schon faszinierend, was da abgeht, wie viele Foren es gibt und was da alles diskutiert wird. Jaqen gehört einem Geheimbund, einer Sekte an, der "Faceless Men". Die haben sich einer Gottheit verschrieben, dem Gott des Todes, und sie sind in der Lage, unterschiedliche Identitäten anzunehmen. Das ist wohl auch der Grund, warum er so beliebt bei einigen Fans ist: Er hat ein paar magische Fähigkeiten, unter anderem das sogenannte "Shape shifting". Das heißt, er kann andere Gestalten annehmen.
Und das ist eines der Geheimnisse ...
… die eigentlich nicht verraten werden dürfen. (lacht)
Wie bist du eigentlich an diese Rolle gekommen?
Erstmal wusste ich gar nicht, worum es sich handelt. Die erste Casting-Runde war ein sogenanntes E-Casting, das heißt, man bekommt über seine Agentur einen Text geschickt, zwei drei Szenen, und muss sich dann selbst aufnehmen mit einer Kamera – oder in meinem Fall mit einem iPhone, weil ich gerade nichts besseres zur Hand hatte. Und der Text kam mir ein bisschen komisch vor, weil Jaqen immer in der dritten Person von sich spricht. Ich wusste überhaupt nicht, was ich damit anfangen soll. Von "Game of Thrones" hatte ich damals auch noch nichts gehört. "Machst du schnell", dachte ich, habe es losgeschickt, und zwei Wochen später bekam ich einen Anruf von meinem Agenten, dass den Produzenten super gefallen hat, was ich da gemacht habe, und dass sie mich gerne treffen wollen In der Zwischenzeit hatte ich mich natürlich informiert, was das überhaupt für eine Serie ist, und dann wollte ich das natürlich unbedingt machen.
Und hast, ohne es zu wissen, auf einem der größten TV-Schlachtschiffe angeheuert. Was war das dann für ein Gefühl bei ersten Drehtag?
Wir haben hauptsächlich in Nordirland gedreht, in und um Belfast. Es gab auch noch zwei andere Locations, Dubrovnik und Island. Aber mein Erzählstrang wurde nur in Irland gedreht. Im Prinzip unterscheiden sich die Drehtage gar nicht so sehr von deutschen Produktionen. Es ist eher der Aufwand, der drum herum betrieben wird wo man merkt, dass das Budget einfach größer ist. Ich war allein mehrfach in London um meine Perücke und mein Kostüm anzuprobieren. Es sollte eben alles sehr perfekt sein, da wird sehr großer Wert drauf gelegt. Die Produzenten wollen sicherstellen, dass die Fans der Bücher zufrieden sind. Es ist großartig, wenn man Hunderte Statisten am Set hat, wenn perfekte Bauten konstruiert werden. Das eigentliche Drehen ist dann aber so wie überall.
Wie hast du dich vorbereitet? Hast du die Bücher von George R. R. Martin und vor allem die Fanforen vorher gelesen?
Also, da muss man als Schauspieler aufpassen, darf sich nicht verrückt machen. Ich gebe gerne zu, am Anfang habe ich ein bisschen in den Foren gestöbert und war fasziniert, was da alles besprochen und spekuliert wird. Aber wenn man da zu tief eintaucht verliert man den eigenen Zugang. Ich habe die ersten beiden Romane gelesen, die im englischen Original jeweils über 1000 Seiten stark sind. Liest sich aber total schnell weg, ich bin selber fasziniert davon, wie spannend das ist. Und ich habe mir die erste Staffel angeschaut. Und dann kamen auch schon die Drehbücher. Da hat man dann schnell eine Vorstellung von der Figur, wie man sie anlegen könnte. In diesem Fall war es eine Frage des Akzentes: Mein Ehrgeiz war, dass es kein deutscher Akzent wird. Beim Spielen hing dann aber auch viel von Maisie ab....
Maisie Williams, die Arya Stark spielt. Sie wird als große Entdeckung gefeiert. Steht ihr eine große Zukunft in Hollywood bevor
Das muss man mal abwarten. Sie ist wahnsinnig talentiert, hat eine große Natürlichkeit. Bei der ersten Staffel war sie 12, 13 Jahre alt. Jetzt ist sie gerade 14 geworden. Ich fand das schon faszinierend, wie professionell sie gespielt hat, ohne Hintergedanken. Als ausgebildeter Schauspieler tendiert man dazu, jeden Satz zu hinterfragen. Sie hat halt einfach losgelegt, intuitiv. Das hat super gepasst. Sie hat sicher noch mehrere Staffeln "Game of Thrones" vor sich. Aber ich glaube, sie weiß noch gar nicht, ob sie Schauspielerin werden will. Mit 14 kann man das noch nicht definitiv sagen.
Du hast ja schon in vielen großen Produktionen gespielt, zum Beispiel "Walküre". Ist HBO etwas Besonderes?
Ich kann jetzt nur für diese HBO-Produktion sprechen. Die Produzenten David Benioff und Dan Weiß sind zwei super Typen, die ihre Schauspieler überall unterstützen, aber nicht viel Wind um sich selbst machen. Sie kreieren eine sehr familiäre Atmosphäre – sofern das überhaupt geht, es sind ja so unheimlich viele Leute an diesem Projekt beschäftigt. Man ist ja auch nicht ständig vor Ort, nur für einzelne Drehtage, die mehrere Wochen auseinanderliegen.
Eine große Baustelle, auf der auch Sibel Kekilli mitgewirkt hat. Hast du sie eigentlich mal persönlich getroffen? Ihr Teil der Geschichte hat mit deinem ja gar nichts zu tun.
Richtig. Im Film treffen wir uns nicht. Aber wir haben uns einmal im Hotel getroffen, in Belfast. Ich reiste an, sie ab, wir haben zusammen gefrühstückt.
Die dritte Staffel von "Game of Thrones" ist bereits fest geplant. Darfst du uns verraten, ob du dabei sein wirst?
In meinem Fall ist es kein großes Geheimnis, denn die Serie orientiert sich sehr stark an den Büchern. Im dritten Roman ist meine Figur leider nicht dabei. Aber in der Zukunft, wenn noch mehr Staffeln gedreht werden, besteht durchaus die Möglichkeit, dass ich zurückkomme.
Mit Tom Wlaschiha sprach Sebastian Schöbel
Quelle: ntv.de