"Ich bin der Boss!" Das "Revival" der Selena Gomez
09.10.2015, 10:45 Uhr
Mehr als nur ein Seelen-Strip: Selena Gomez.
(Foto: Universal Music)
In Deutschland ordnen viele Selena Gomez in erster Linie als Ex-Freundin von Justin Bieber ein, mit dem sie von 2011 bis 2014 liiert war. Doch damit soll jetzt Schluss sein: Die Sängerin und Schauspielerin will für das, was sie beruflich tut, wahrgenommen werden. Mit ihrem neuen Album "Revival" möchte sich die 23-jährige Texanerin von ihrem Disney-Stempel emanzipieren. Denn als Disney-Girl fing ihre Karriere an: Die Tochter einer italienischen Bühnen-Schauspielerin und eines Mexikaners gelang durch die Sitcom "Die Zauberer vom Waverly Place" zu Ruhm, in der sie von 2007 bis 2012 die Hauptrolle spielte. Nach dem Kinofilm "Monte Carlo" verblüffte sie 2013 Kritiker mit ihrer reiferen Rolle in dem kontroversen Film "Spring Breakers".
Doch auch die Musik spielte immer eine wichtige Rolle: Mit ihrer Band Selena Gomez & The Scene veröffentlichte sie bis 2011 drei Studioalben. "Revival" ist nun ihr zweites Soloalbum, das viel mit dem Pop einer Katy Perry gemeinsam hat. Und dank ihrer 58 Millionen Fans auf Facebook dürfte es wohl ein Hit werden. Beim n-tv.de-Interview in London ist sie perfekt gestylt und hat das Disney-Lächeln noch gut drauf. Fragen zu Justin Bieber oder ihrem Privatleben will die Single-Frau nicht beantworten. Dafür macht sie sich anderweitig nackig.
n-tv.de: Mrs. Gomez, warum eine 23-Jährige Ihr Album "Revival" nennt, müssen Sie erklären!
Selena Gomez: Ich habe mich auf der neuen Platte zum ersten Mal in meiner Musik gefunden. Ich fühle mich selbstbewusst und frei und auf merkwürdige, gute Art wiedergeboren. Ich kann endlich hinter den Worten, die ich singe, stehen. Davor, als ich noch bei Disney unter Vertrag war, war ich einfach zu jung dafür. Ich war 15, als mein erstes Album rauskam. Heute bin ich erwachsen, viele Dinge sind in meinem Leben passiert, ich habe Fehler gemacht, das inspirierte und motivierte mich.
Von was für Fehlern sprechen Sie?
Nun, man experimentiert ja während des Heranwachsens. Man versucht, herauszufinden, wer man ist, was man mag und was nicht. Wenn man mal daneben liegt, ist das ganz normal. Dass das bei mir in der Öffentlichkeit passierte, hat mich nur stärker gemacht.
In Ihren Songs offenbaren Sie auch etwas von dem Herzschmerz bezüglich Ihrer Liebesbeziehungen. Ihre Freundin Taylor Swift macht das ja auch gerne. Hat sie Sie dazu inspiriert?
Schon, aber in erster Linie auf die Art, dass Künstler und ihre Songs von einem echten Platz kommen müssen. Lieder müssen Wahrhaftigkeit besitzen. Das ist wichtig. Wenn ich dann für die Leute die bin, die mit ihren Ex-Freunden in Songs abrechnet, ist das für mich kein Problem. Es sind auch nur ein paar Songs, die von einer speziellen Liebe handeln, wie "Kill Em With Kindness" und "Survivors". Aber darum geht’s doch in der Musik: Gefühle auszudrücken.
Hatten Sie große Popstars als Vorbilder im Kopf, als sie die Songs aufgenommen haben?
"Hands To Myself" hat definitiv einen Prince-Vibe. Und ich liebe Christina Aguileras "Stripped"-Album, weil es so sexy und selbstbewusst ist. Es veränderte total, wie man sie als Künstlerin sah. Und ich hoffe, dass mir das mit meinem Album auch gelingt. Denn ich will nicht mehr das Disney-Girl sein. Ich bin erwachsen. Ich bin der Boss! Auch wenn sich das noch etwas merkwürdig anfühlt.
Auf dem Albumcover posieren sie nackt. Auch eine Form der Emanzipierung?
Es machte Sinn bei dieser Platte. Es ist ein schönes Bild. Es zeigt mich verletzlich und offen. Genau so wollte ich es haben. Es wurde durch ein Foto von Jennifer Aniston inspiriert. Ich bin mit ihrer Serie "Friends" aufgewachsen, ich war immer ein Riesenfan! Sie hat mich meine ganze Karriere über inspiriert. Ich liebe sie einfach!
Hat Sie was zu dem Foto gesagt?
Sie hat mir geschrieben, dass sie diese Hommage unheimlich süß von mir findet.
Auch im Video zur Single "Good For You" geben Sie sich sexy. Spielen Sie heute gerne mit Ihrer Weiblichkeit?
Ich bin eine selbstbewusste, junge Frau. Ich finde, es ist etwas ganz Wundervolles, wenn eine Frau zeigt, dass sie eine gute Beziehung zu ihrem Körper hat.
Ist das auch eine Antwort auf die Anfang des Jahres aufkommenden Schlagzeilen, Sie wären aus der Form geraten?
Das hat definitiv meine Gefühle verletzt! Aber irgendwann habe ich auf Durchzug geschaltet und fühlte mich einfach nur noch wohl in meinem Körper. Ich bin ja auch Vorbild für viele junge Mädchen. Es war mir wichtig, denen eine Botschaft mitzugeben. Ich habe ein Bild von mir in den sozialen Netzwerken gepostet mit den Worten: "Ich liebe mich."
Sie haben sich von Ihrem alten Label getrennt und Ihre Mutter als Managerin entlassen. Waren das krasse Schritte für Sie?
Schon! Das war anfangs auch Angst einflößend. Ich musste mir selbst trauen - das war der harte Teil daran. Aber ich bin heute sehr glücklich mit meinen Entscheidungen. Ich arbeite mit meinem neuen Team nun schon etwas über ein Jahr zusammen, und auch sie haben mir geholfen, erwachsen zu werden.
Aber was hat denn Ihre Mutter zu alledem gesagt?
Meine Mutter ist eine unglaubliche Frau. Wir haben einige Projekte, die wir immer noch zusammen machen. Ich fand nur, dass ich die nächsten Schritte ohne sie gehen muss. Das nächste Jahr wird ganz im Zeichen der Musik stehen. Aber ich liebe auch das Schauspielern und will da weiterkommen. Ich habe in dem Bereich noch nicht ansatzweise die Zehe ins Wasser gehalten.
Aber Sie haben allein in diesem Jahr schon vier Filme abgedreht.
Das stimmt. Und ich bin auch unglaublich stolz darauf. Besonders auf das Drama "The Revised Fundamentals Of Caregiving" mit Paul Rudd und Craig Roberts, das nächstes Jahr in die Kinos kommen wird. Außerdem spiele ich in "In Dubious Battle" neben James Franco - das hat mir totalen Spaß gemacht. Wir haben sogar eine Kussszene zusammen gehabt.
Sie haben also viele attraktive Männer getroffen.
Das habe ich! Und ich liebe sie alle! Da war ja auch ein Film mit Brad Pitt, ich habe ihn getroffen, aber wir haben leider nie zusammen vor der Kamera gestanden. Ich könnte mich vor lauter Nervosität vermutlich auch gar nicht auf die Arbeit konzentrieren, wenn er neben mir stünde.
Auch Ihre ökofreundliche Mode-Linie "Dream Out Loud" haben Sie in den Wind geschossen.
Ich habe das vier Jahre gemacht, ich war jung. Wenn ich noch mal Mode auf den Weg bringe, dann fange ich auch da noch mal von vorne an. Denn auch mein Modegeschmack hat sich natürlich verändert. Ich schaue mir Fotos von vor fünf Jahren an und denke: Warum habe ich so was getragen? Kate Young, die auch schon für Dakota Johnson und Sienna Miller gearbeitet hat, ist heute meine Stylistin, und sie ist die Coolste überhaupt! Ich mag es klassisch, schick und nicht zu verrückt. Louis Vuitton ist mein Lieblingsausstatter.
Sie sind Botschafterin für Unicef. Warum ist Ihnen das wichtig?
Das ist wirklich etwas, das ich mit absoluter Hingabe mache. Etwas zurückzugeben, wenn man selber so viel Glück gehabt hat im Leben, ist etwas Wundervolles. Und wenn ich für Unicef in fremde Länder reise, erinnert mich das immer daran, dass da wichtigere Dinge sind, die in der Welt vor sich gehen, als ein Album oder einen Kinofilm zu machen.
Sie selbst sind in eher ärmlichen Verhältnissen groß geworden.
Richtig. Ich komme aus einer Kleinstadt namens Grand Prairie in Texas. Meine Mutter war erst 16, als sie mich bekam und musste sehen, wie sie uns durchbringt. Die Erfahrungen von damals haben sich in mir eingebrannt. Meine Mutter ist sehr bedacht darauf, dass wir auch an andere denken.
Wie ist das, wenn die eigene Mutter so jung ist?
Großartig! Ich dachte, wir würden unser ganzes Leben zusammenwohnen. Sie ist zwar meine Mutter, aber es fühlt sich auch so an, als wäre sie eine meiner besten Freundinnen. Aber vor kurzem bin ich dann doch ausgezogen.
Wie leben Sie in Los Angeles?

Schon im Film "Spring Breakers" versuchte Gomez (l.) mit ihrem Image zu brechen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ich habe einen großen Garten, umgeben von Bergen. Es ist sehr friedvoll. Das gibt mir Balance. Ich teile mir das Haus mit zwei Kumpels: Einer ist Immobilienmakler, der andere arbeitet bei einer Wohltätigkeitsorganisation. Ich habe also immer Normalität um mich, auch wenn fast alle von meinen Schulfreunden noch in Texas sind.
In den letzten zwei Jahren haben Sie durch Ihre Mutter noch zwei Halbschwestern bekommen.
Das genieße ich total. Ich will ihre große Schwester sein, die sie jederzeit um Rat fragen können. Ich kann gar nicht abwarten, bis sie groß genug dafür sind. Ich lebe ja jetzt in Los Angeles und meine Schwestern in Texas. Aber ich halte mich immer auf dem Laufenden, was bei ihnen so passiert.
Wie texanisch sind Sie?
Den Akzent habe ich schon mal nicht. Aber ich sage ständig "Y’all", was sehr texanisch ist. Ich bin auch durch Texas die geworden, die ich bin. Texas ist sehr familienorientiert. Man verbringt dort noch Zeit mit seinen Mitmenschen, ist freundlich zu ihnen. Wenn mich die Nachbarn mit "Welcome home, Miss Gomez" begrüßen, weiß ich, dass ich zu Hause bin.
Also ist das Ziel auf lange Sicht eine Großfamilie?
Daran mag ich jetzt noch nicht mal ansatzweise denken! Aber ja, ich liebe Familie. Sie ist mir wichtig.
Ihre Sprechstimme sitzt übrigens unglaublich tief.
Das höre ich nicht zum ersten Mal. Als ich jünger war, dachte ich, ich muss doch wie ein Typ klingen! Ich war ganz schön unsicher deswegen. Heute halte ich das für einen meiner besten Vorzüge! Produzenten können immer gar nicht glauben, wie tief ich auch beim Singen mit meiner Stimme runterkomme. Die finden das total cool und sexy.
Mit Selena Gomez sprach Katja Schwemmers
Quelle: ntv.de