60 rote Kerzen für Kate Bush Die Mutter aller Elfen
30.07.2018, 08:10 Uhr
Verzaubert ihre Fans seit 40 Jahren: Kate Bush.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wenn gestandene weibliche Pop-Größen wie Tori Amos, Björk und Florence Welch über ihre musikalischen Einflüsse reden, fällt ein Name immer zuerst: Kate Bush. Nun feiert die Königin des Artpop-Universums ihren 60. Geburtstag.
Die Gier nach musikalischer Perfektion geht meist auch einher mit dem Verlangen nach öffentlichem Ruhm. Ausufernde Autogrammstunden, 24-7-Blitzlichtgewitter, das nicht enden wollende Bad in der johlenden Menge: Spätestens nach dem ersten Nummer-eins-Hit vergnügt sich das Standardmodel eines Musikers nach Lust und Laune auf den roten Teppichen dieser Welt.
Es gibt allerdings auch Ausnahmen: introvertierte Sound-Zauberer mit der Lizenz zum Bezirzen und dem Hang zum Versteckspiel. Kate Bush zählt da sicherlich zu den Aushängeschildern.
Scheu wie ein Reh
Scheu wie ein Reh und allergisch auf nahezu jede persönliche Annäherung reagierend, sieht sich die Tochter eines Arztes und einer Krankenschwester erstmals im Frühjahr 1978 mit der Distanzlosigkeit des Musikgeschäfts konfrontiert. Gleich mit ihrer Debütsingle "Wuthering Heights" stürmt die damals 19-Jährige mit der Elfenstimme an die Spitze der britischen Charts. Die Folge: Praktisch über Nacht steht das Leben von Kate Bush auf dem Kopf.

Neuere Fotos von ihr gibt es kaum - diese Aufnahme stammt aus dem Jahr 2005.
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Plötzlich wollen alle Leute wissen, wer denn da im roten Kleid über die grünen Wiesen Britanniens tänzelt und dabei Töne von sich gibt, die einem wohlige Gänsehaut bereiten. Von London aus geht es rund um die Welt. Selbst in Bioleks umgebautem TV-Bahnhof macht Kate Bush Halt und verzaubert dabei nicht nur den Moderator.
Ganz Deutschland, ganz Europa, der ganze Musikplanet verzehrt sich nach der stimmgewaltigen New-Romantic-meets-Artpop-Songwriterin. Die setzt nach ihrer ersten Tournee allerdings sofort einen dicken Strich unter das Kapitel "Verreisen". Warum, wieso und weshalb die erste auch als die letzte Kate-Bush-Tournee in die Musikgeschichtsbücher eingeht, bleibt bis zum heutigen Tage ein großes Rätsel. Neben dem tragischen Tod eines Bühnentechnikers stehen auch die Begriffe "Flugangst" und "Kontrollverlust" ganz oben auf der Gerüchteliste.
Wanderin zwischen den Kunstwelten
In den wenigen Interviews, die Kate Bush gibt, wird das Thema "Tournee" stets gedeckelt. Umso transparenter outet sich die Sängerin als besessene Wanderin zwischen den Kunstwelten. Als sich der Musiksender MTV Mitte der Achtziger seinen Weg in Millionen musikbegeisterte Haushalte bahnt, zeigt Kate Bush den meisten anderen Bands und Künstlern in puncto visuellem Ausdruck spielend leicht die lange Nase.
Der markante Wald- und Wiesentanz im "Wuthering Heights"-Clip, die "Cloudbusting"-Regenmaschine oder das Ausdruckstanz-Spektakel im Video zum Über-Hit "Running Up That Hill": Kates omnipräsenter Branchen-Brückenbau kennt keine Grenzen und führt dazu, dass die Sängerin mit dem Elfenorgan im Kampf um die Pop-Krone regelmäßig ganz vorne mit dabei ist - und das ganz ohne Zusatz aus der Tournee-Schatulle.
Was anderen Künstlern das Genick brechen würde, sorgt im Fan-Umfeld von Kate Bush nur bedingt für lange Gesichter. Die Jünger der Bardin, die bei späteren Hochkarätern wie Tori Amos, Björk, Heather Nova und Florence Welch musikalische Geburtshilfe betreibt, sind geduldig und alles andere als maßlos und gierig. Solange ihre Heldin so großartige Studioarbeiten wie "Never For Ever" (1980), "Hounds Of Love" (1985) und "The Red Shoes" (1993) abliefert, ist alles gut.

Ja, den "Most Wuthering Heights Day Ever" gibt es wirklich - hier Teilnehmer im vergangenen Jahr in Irland.
(Foto: imago/Pacific Press Agency)
Selbst eine zwölfjährige Ich-kümmer-mich-jetzt-erstmal-um-Familie-und-Kind-Pause (Kate Bushs Sohn Albert, genannt "Bertie", kommt im Jahr 1998 zur Welt) lässt die innige Beziehung zwischen Kate und ihren Anhängern nicht erstarren. Ganz im Gegenteil. Als Kate im Winter 2005 ihr Comeback-Album "Aerial" veröffentlicht, liegen ihr Fans und Kritiker mehr denn je zu Füßen.
80.000 Tickets für acht Millionen
Neun Jahre später flippt die Bush-Community dann komplett aus. Der Grund: Die Ankündigung einer 22 Shows umfassenden Konzertreihe namens "Before The Dawn". Mehr als acht Millionen (!) Fans kabbeln sich um 80.000 Tickets. Alle sind völlig außer sich. Auch die Künstlerin selbst: "Ich war sehr erstaunt, wie schnell die Tickets weg waren. Und begeistert natürlich. Denn es zeigte mir, dass da immer noch ein Publikum auf mich wartet, was immer ein tolles Gefühl ist", gibt Kate Bush zwei Jahre später zu Protokoll.
Kann man da noch eine Schippe drauflegen? Aber hallo! Am 14. Juli 2018 versammeln sich auf der ganzen Welt Tausende rot gekleidete Fans, um im Rahmen des "Most Wuthering Heights Day Ever" den quirligen Tanz aus Kates Debüt-Videoclip nachzustellen. Zwei Wochen danach - nämlich genau heute - feiert Kate Bush ihren 60. Geburtstag. Ein imposanteres Vorab-Geburtstagsständchen hätte man ihr wohl kaum bereiten können.
Quelle: ntv.de