Musik

"Viele vertrauen jetzt auf mich" Jamie-Lee und der Druck des ESC

Durchhängen ist gerade nicht für die 18-Jährige: Jamie-Lee Kriewitz, die sich inzwischen nur noch Jamie-Lee nennt.

Durchhängen ist gerade nicht für die 18-Jährige: Jamie-Lee Kriewitz, die sich inzwischen nur noch Jamie-Lee nennt.

(Foto: Universal Music)

Sie kam, sah und siegte: Mit "Ghost" vertritt uns Jamie-Lee am 14. Mai beim Eurovision Song Contest. Doch erst einmal erscheint ihr Debütalbum. Mit n-tv.de spricht sie über "Berlin", ihre Hoffnungen für Stockholm und das "Bumm", das es macht, wenn man 18 wird.

n-tv.de: Du hast vor wenigen Wochen erst deinen 18. Geburtstag gefeiert. Glückwunsch nachträglich!

Jamie-Lee: Dankeschön.

18 ist ja das Alter, auf das man als Jugendlicher hinfiebert, weil man dann endlich alles machen darf: in Clubs gehen, Autofahren, alles trinken ... Ging dir das auch so?

Der Welpenschutz ist vorbei - seit Kurzem ist Jamie-Lee 18.

Der Welpenschutz ist vorbei - seit Kurzem ist Jamie-Lee 18.

(Foto: Universal Music)

Eigentlich nicht. Das Einzige, worauf ich mich wirklich gefreut habe, war es, feiern zu gehen. Aber der Rest hat mich nicht so gereizt. Ich mochte es eigentlich immer, unter Welpenschutz zu stehen. Mit 17 loben einen noch alle: Toll, dass du das in deinem Alter alles so geschafft hast. Mit 18 macht es dann auf einmal Bumm und alles scheint sich zu drehen. Auf einmal muss ich alles alleine machen - das ist so traurig. (lacht) Also: Ich bin schon froh, jetzt bestimmte Freiheiten zu haben, aber wirklich daraufhingefiebert habe ich nicht. Ich hatte eher Respekt vor dem, was jetzt kommt.

Konntest du bei all dem Trubel, der seit Wochen und Monaten um dich herum abgeht, den Geburtstag überhaupt richtig feiern?

Na ja, so ein bisschen, indem ich mit Freunden abends in einen Club gegangen bin. Aber richtig wird erst später im Sommer gefeiert, wenn ich wieder mehr Zeit habe.

Dein Sieg bei "The Voice of Germany" liegt ja auch erst ein paar Monate zurück. Das war im Dezember. Trotzdem: Manche Castingshow-Gewinner wären inzwischen schon wieder vergessen. Du nicht …

Stimmt. Und natürlich ist es gut für mich, dass ich jetzt zum ESC fahre und der Fokus dadurch auf mir liegt. Ich hätte aber auf jeden Fall auch so alles darangesetzt, nicht einfach so von der Bildfläche zu verschwinden.

Welche Rolle spielen denn Smudo und Michi Beck von den Fantastischen Vier dabei, deine beiden Mentoren bei "The Voice of Germany"?

Eine sehr große! Sie kümmern sich nach wie vor um mich und geben mir sehr viele Tipps. Aber auch privat machen wir viel miteinander. Da ist schon eine Freundschaft entstanden.

Am 29. April erscheint dein erstes Album. Haben Smudo und Michi Beck daran auch mitgewirkt?

Bei "The Voice of Germany" waren Smudo (l.) und Michi Beck ihre Mentoren.

Bei "The Voice of Germany" waren Smudo (l.) und Michi Beck ihre Mentoren.

(Foto: Richard Huebner / Universal Music)

Michi war bei fast allen Aufnahmesessions dabei. Er hat sich mit seiner Meinung eingebracht und mir auch da mit vielen Tipps geholfen. Die Aufnahmen waren überhaupt sehr cool. Im Studio zu sein, neue Songs zu üben und zu meinen zu machen, ist überhaupt das, was mir bisher immer am meisten Spaß gemacht hat. Die Songs dann am Ende des Tages zu hören, ist total cool!

Dein Song "Ghost", mit dem du auch zum ESC fährst, ist ja eher getragen und mystisch angehaucht. Ist das grundsätzlich der Stil des Albums?

Das Album ist schon eher melancholisch-traurig gehalten. Es beinhaltet ein paar Akustik-Momente, aber es dominieren die Elektro-Beats. Ich würde sagen, es geht in Richtung Chillstep - und wie bei "Ghost" ist alles sehr emotional. Ich mag einfach Musik mit einer tiefen Atmosphäre.

Wer hat denn die Songs geschrieben?

Die meisten kamen von Anna Layne. Das ist eine Songwriterin, die mein Produzent engagiert hat und die auch bereits an "Ghost" mitgeschrieben hat. Ich habe mich mit ihr ausgetauscht, worüber ich gern singen würde - und sie hat die Songs auf mich zugeschnitten. Ich selbst habe nicht mitgeschrieben. Das traue ich mich noch nicht. (lacht)

Der Titel des Albums ist "Berlin". Was verbindet dich mit der Stadt?

Selbst Songs zu schreiben, traut sie sich noch nicht.

Selbst Songs zu schreiben, traut sie sich noch nicht.

(Foto: Michael Zargarinejad / Universal Music)

Sehr viel. Vor allem natürlich die Zeit bei "The Voice", in der ich dauernd in Berlin war. Das ging ja fast ein Jahr lang. Hinzu kommen die Sachen, die während dieser Zeit auch privat und bei meinen Freunden passiert sind. Das wollte ich alles auf dem Album ausdrücken und erzählen - und dazu passte der Titel "Berlin" einfach perfekt. Ich möchte irgendwann auch unbedingt nach Berlin ziehen. Für mich ist es jetzt schon mein zweites Zuhause.

Eigentlich kommst du allerdings aus einem kleineren Ort bei Hannover. Drehen sich die Leute dort eigentlich noch nach dir um, wenn du mit deinem Manga-Stil durch die Straßen läufst?

Privat laufe ich ja gar nicht so oft so rum. Aber wenn, dann wurde früher schon oft getuschelt, glaube ich: "Was trägt denn die jetzt wieder." Mittlerweile haben sich aber alle doch weitgehend daran gewöhnt. Die kennen mich ja alle und checken inzwischen, warum ich das mache. (lacht)

Und zwar? Warum? Woher kommt deine Begeisterung für diesen Stil?

Er ist so positiv. Und ich mag das Kindliche daran. Ich finde, das sieht total süß aus. Außerdem gefällt es mir, aufzufallen. Ich habe schon immer eine Faszination für Asien und besonders auch die Musik, die aus Korea kommt. Woher genau das kommt, kann ich aber gar nicht sagen.

Warst du schon mal in Korea oder Japan?

Nein, noch nie.

Vorerst wirst du da auch nicht hinkommen. Jetzt geht es für dich erst einmal zum ESC nach Stockholm. Wie hast du den Vorentscheid erlebt?

Total cool! Zugleich war es ganz anders als bei "The Voice", wo wir alle nach knapp einem Jahr beinahe so etwas wie eine Familie waren. Beim ESC-Vorentscheid sind wir dagegen nur für ein paar Tage zusammengekommen, so dass ich die ganzen anderen Kandidaten nur so halb kennenlernen konnte. Das Konkurrenzdenken war da auf jeden Fall krasser als bei "The Voice".

Du wurdest von Anfang an als Favoritin gehandelt. Hast du mit deinem Sieg gerechnet?

Ich habe gehört, dass ich als Favoritin galt. Und ich habe gehofft, in die Finalrunde zu kommen. Aber sicher war ich mir nicht! Vielmehr habe ich versucht, mir nicht zu viele Hoffnungen zu machen. Mir war klar, dass es schwer für mich werden würde. Ich wusste ja, dass Avantasia zum Beispiel über eine halbe Million Facebook-Fans haben.

Zuvor gab es ja dieses Hick-Hack um Xavier Naidoo …

Ich habe das, ehrlich gesagt, nicht wirklich verfolgt. Auch als ich gefragt wurde, ob ich beim Vorentscheid mitmachen will, habe ich mich darum nicht weiter gekümmert. Es bringt mir ja nichts. Ich kann es nicht ändern. Und ich kann für das, was passiert ist, ja auch nichts.

Hast du dich früher schon für den ESC interessiert?

Ich muss zugeben, dass der ESC bisher eigentlich kein Thema bei mir war. Ich habe ihn nur einmal richtig verfolgt - als Lena gewonnen hat. Aber umso cooler finde ich es jetzt, dort hinzufahren und alles so hautnah erleben zu können.

Was rechnest du dir in Stockholm aus?

Das Album "Berlin" ist ab sofort erhältlich.

Das Album "Berlin" ist ab sofort erhältlich.

(Foto: Universal Music)

Natürlich werde ich alles dafür tun, so gut wie möglich abzuschneiden. Aber zugleich versuche ich, alles auf mich zukommen und mich überraschen zu lassen. Ich kann ja nicht planen, wie es am Ende ausgeht! Deswegen mache ich einfach alles wie immer. (lacht)

Viele erwarten aber ja zumindest, dass Deutschland diesmal nicht wieder mit 0 Punkten nach Hause fährt. Spürst du Druck?

Natürlich ist da Druck. Viele Menschen vertrauen jetzt auf mich. Aber es muss ja auch einen Grund geben, weshalb die Leute wollten, dass ich da hinfahre. Also sage ich mir: Das wird schon … Wir haben so eine coole Bühnenshow! Ich will mich lieber freuen, als mir jetzt Druck zu machen.

Kannst du über die Bühnenshow schon etwas verraten?

Es wird auf jeden Fall in der Welt bleiben, die es auch schon beim Vorentscheid zu sehen gab. Und es wird sich noch steigern. Aber was genau passieren wird, sage ich noch nicht.

Wegen all deiner Verpflichtungen in jüngster Zeit musstest du die Schule ziemlich vernachlässigen. Es heißt, dein letztes Zeugnis sei eher schlecht gewesen …

Ja. (lacht)

Wie schlecht denn?

Nun ja, sehr schlecht … Nein! Das Ding ist, dass ich durch die Fehlzeiten bei "The Voice" das zwölfte Schuljahr ohnehin wiederholen muss. Deswegen ist es jetzt im Grunde so: Immer wenn ich Zeit habe, gehe ich zur Schule und höre mir den Stoff an für das Jahr, in dem ich wiederhole. Ich verkacke eigentlich absichtlich, damit ich später wiederholen darf. Würde ich den Abschluss gerade so schaffen, dürfte ich nämlich nicht wiederholen. Ich will aber einen guten Abschluss haben. Ich habe sehr viel mit meinen Lehrern darüber gesprochen. Und sie haben auch gesagt: "Konzentriere dich auf die Musik. Diese Chance gibt es nicht immer und nicht für jeden."

Du hast auch schon mal darüber nachgedacht, Bestatterin zu werden. Wie kamst du denn darauf?

Stimmt, ich wollte mal Bestatterin werden - mit 12 oder 13. Aber ich glaube tatsächlich immer noch, dass ich den Beruf mögen würde. Ich habe davor keinen Ekel. Ich finde das eher etwas Ehrenvolles. Aber eigentlich ist mein Plan B inzwischen, Koreanistik zu studieren.

Wir müssen also nicht befürchten, dich an die Bestatter-Branche zu verlieren?

(lacht) Man weiß nie, was kommt! Aber ich versuche, bei der Musik zu bleiben.

Mit Jamie-Lee sprach Volker Probst

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Quelle: ntv.de

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