
Berlin ist nicht gerade arm an Parks, Gärten und Grünflächen, aber dieser Ort ist besonders.
Wer am Berliner S-Bahnhof Treptower Park aussteigt und die Puschkinallee überquert, ...
... stößt inmitten des 88 Hektar großen Parks ...
... auf eine gigantische Freifläche mit einer kolossalen Statue. Die Anlage, ...
... das Sowjetische Ehrenmal, ist ein etwa 9 Hektar großer Ehrenfriedhof.
Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im Auftrag der Sowjetarmee angelegt, ...
... um die in dem Krieg gefallenen Soldaten der Roten Armee zu ehren und des "Tages der Befreiung" von der Hitler-Diktatur am 8. Mai 1945 zu gedenken.
Der Ehrenhain wurde anstelle eines Spiel- und Sportplatzes im 1876-1888 entstandenen Volkspark errichtet ...
... und am 8. Mai 1949 eingeweiht (Bild vom 8. Mai 1953, mit Otto Grotewohl und Walter Ulbricht).
Das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park ist eines von vieren in Berlin - die anderen entstanden im Tiergarten unmittelbar neben dem Brandenburger Tor (im Bild), ...
... in der Schönholzer Heide im Stadtteil Pankow (im Bild) und im Bucher Schlosspark. Denn obwohl es ...
... nach den Zerstörungen des Krieges vor allem an Wohnraum mangelte, wurde viel Wert auf den Bau der Denkmäler gelegt - einerseits als Zeichen des Sieges und als "Zeugen der Größe und der unüberwindlichen Kraft der Sowjetmacht", andererseits als Zeichen des Dankes an die Befreier.
So steht denn auch auf den Rundbogenportalen im Eingangsbereich, durch die man die Anlage betritt: "Ewiger Ruhm den Helden, die für die Freiheit und Unabhängigkeit der sozialistischen Heimat gefallen sind."
Und: "Eure großen Heldentaten sind unsterblich, euer Ruhm wird Jahrhunderte überleben. Die Heimat wird euch stets in Erinnerung behalten."
Mehr als 7000 Rotarmisten sind hier bestattet.
Die Zugangsalleen führen auf den Vorplatz ...
... mit der drei Meter hohen Granitfigur der "Mutter Heimat", ...
... einer um ihre gefallenen Söhne trauernden Frau.
Von hier aus geht die Sichtachse durch zwei stilisierte rote Fahnen aus Granit hindurch auf das Hauptmonument, ...
... einen kegelförmigen Mausoleumshügel mit einer Krypta, zugleich der Sockel für die Hauptfigur: einer 12 Meter hohen Bronzestatue eines sowjetischen Soldaten.
Er trägt ein Kind auf dem Arm und steht auf einem zerbrochenen Hakenkreuz. Der Bildhauer der Statue, Jewgeni Wutschetitsch, hat in Interviews mehrmals betont, ...
... die Darstellung des Soldaten mit einem geretteten Kind habe eine rein symbolische Bedeutung - es gebe keinen derartigen authentischen Vorfall. Allerdings fand in der DDR die Erzählung ...
... vom Sergeanten Nikolaj Iwanowitsch Massalow Verbreitung, der am 30. April 1945 beim Sturm auf die Reichskanzlei ein kleines Mädchen in der Nähe der Potsdamer Brücke in Sicherheit gebracht hatte. Ihm zu Ehren wurde an dieser Brücke über den Landwehrkanal eine Gedenktafel angebracht. Er galt auch lange Zeit ...
... als Vorbild des "Treptower Soldaten". Modell für die Bronzestatue stand aber der sowjetische Soldat Iwan Odartschenko. Für das Mädchen war es Swetlana Kotikowa, die Tochter des damaligen sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin. (Bild: Britische Kriegsveteranen am Treptower Ehrenmal, 1953)
Im Oktober 2003 wurde die Statue des Rotarmisten in einer Werkstatt auf der Ostseeinsel Rügen restauriert, ...
... seit dem 4. Mai 2004 steht sie wieder auf ihrem Platz.
Die Sanierung der gesamten Anlage ließ sich die Bundesregierung mehr als 11 Millionen Euro kosten; auch die vergoldeten Inschriften mit Zitaten Stalins wurden dabei restauriert.
An den Seiten der Anlage stehen je 8 Sarkophage aus Kalkstein. Sie symbolisieren die damaligen 16 Sowjetrepubliken ...
... und tragen Reliefs mit Szenen aus dem "Großen Vaterländischen Krieg" von 1941 bis 1945.
Hinter den Sarkophagen in den Rasenflächen befinden sich die Gräber der hier bestatteten Tausenden Rotarmisten.
Das Mausoleum unter der Skulptur, ... (Bild von 1954)
... das man auch besichtigen kann, ...
... schmückt ein umlaufendes Mosaikfries.
Es zeigt Vertreter der 16 Sowjetrepubliken bei der Ehrung der Toten.
Vor den stilisierten roten Fahnen aus Granit knien zwei Soldaten - die Skulpturen stellen ...
... auf der einen Seite einen jungen und auf der anderen Seite ...
... einen älteren Soldaten dar. Auch diese Bronzefiguren wurden 2003/2004 aufwendig restauriert. Nachdem sie in einer Werkstatt auf Rügen auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt worden waren, bekamen die Rotarmisten in der Bildgießerei Seiler im brandenburgischen Schöneiche (im Bild) ...
... einen Patinaanstrich. Danach wurden sie mit einer Wachsschutzschicht konserviert, um sie für die nächsten Jahre und Jahrzehnte gegen Umwelteinflüsse zu wappnen.
In der gesamten Anlage wurden 40.000 Kubikmeter Granit verbaut. (Angeblich, so liest man hier und da, handelt es sich hierbei um vom NS-Regime eingelagertes Baumaterial für die geplante "Reichshauptstadt Germania" - dafür gibt es aber keine Belege.)
Zu DDR-Zeiten diente das Sowjetische Ehrenmal in Treptow ... (Bild von 1958)
... als wichtiger Ort für Massenveranstaltungen und staatliche Rituale. (Bild: Demonstration des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands, DFD, am 11. März 1984)
Feiertage wie der 8. Mai, der "Tag der Befreiung", und der 7. Oktober, der "Tag der Republik", wurden hier begangen. (im Bild: Soldaten der NVA bei den Feierlichkeiten zum 8. Mai 1959)
Soldaten marschierten auf, Gedenkkränze wurden niedergelegt (wie hier am 8. Mai 1963), ...
... Staatsgäste empfangen - wie hier am 6. Oktober 1979 KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew (4.v.l., neben Erich Honecker, damals SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender der DDR).
Die Jugendorganisation der DDR, die FDJ (Freie Deutsche Jugend), veranstaltete Fackelaufzüge, wie hier während der Weltfestspiele 1973.
Aber nicht nur die einheimische Bevölkerung und der Ostblock waren im Treptower Ehrenmal vertreten, ... (Bild vom 8. Mai 1963)
... auch westliche Besucher gaben sich die Ehre - wie hier die Filmstars David Niven, Rita Hayworth und Van Heflin (v.l.). Als sie im Juni 1959 bei den Filmfestspielen im Westteil der Stadt zu Gast waren, machten sie eine Tour hinter den Eisernen Vorhang und besuchten dabei auch diese Gedenkstätte.
Am 31. August 1994 wurde hier das militärische Zeremoniell zum Abzug der russischen Truppen aus Deutschland abgehalten: ...
... 1000 russische und 600 deutsche Soldaten traten in Treptow zum gemeinsamen Totengedenken an; ...
... Bundeskanzler Helmut Kohl und Präsident Boris Jelzin hielten Ansprachen und legten Kränze nieder.
Auch wenn es heute ruhiger um das Ehrenmal geworden ist: ...
... Viele Berlin-Touristen lassen sich diesen besonderen Ort nicht entgehen.
Für ein Erinnerungsfoto ist er ein guter Hintergrund.
Besonders viel Andrang herrscht allerdings alljährlich am 8. und 9. Mai.
Am 8. Mai, dem "Tag der Befreiung", und ...
... am 9. Mai, am "Tag des Sieges" - dem russischen Feiertag - versammeln sich hier Russen (Bild: russische Schülerinnen in Militäruniform mit einem russischen Offizier), ...
... einige mit Fotos von im Krieg gefallenen Angehörigen, ...
... und Freunde Russlands, um diesen Anlass feierlich zu würdigen und sich bei den Befreiern zu bedanken. An beiden Tagen, ...
... da in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 die Kapitulation durch die deutsche Wehrmacht abschließend unterzeichnet und so offiziell wurde. Eine bunte Mischung an Menschen trifft sich dann hier: Alte Kämpfer ...
... und Kämpferinnen mit vielen Orden, ...
... Putin-Fans, ...
... noch mehr Putin-Fans; ...
... die sowjetische Flagge wird geschwenkt ...
... und manchmal auch die DDR-Fahne, wie hier im Jahr 2017.
Passend dazu gibt es FDJ-Anstecker neben solchen mit Karl Marx, der Friedenstaube, Che Guevara, Rosa Luxemburg und so weiter zu kaufen.
Besonders viel Aufsehen erregen jedoch alljährlich die Mitglieder des russischen Motorrad- und Rockerklubs ...
... "Nachtwölfe" (Notschnyje Wolki). Auch dieses Jahr wieder - am 26. April 2019 startete ihre Tour ...
... unter dem Titel "Wege des Sieges - nach Berlin", über Polen, die Slowakei und Tschechien. (Bild von 2018)
Am 6. Mai erreichten sie Prag und legten an einer sowjetischen Kriegsgräberstätte Blumen nieder.
Sie trafen dort auf Dutzende Gegendemonstranten, die US-, Europa- ...
... und Nato-Flaggen schwenkten.
Auch am eigentlichen Ziel, dem Ehrenmal in Treptow, legen die "Nachtwölfe" jedes Jahr am 9. Mai Kränze und Blumen nieder. Ihre Tour ist sehr umstritten, ...
... denn die "Nachtwölfe" gelten als als extreme Nationalisten, als Unterstützer von Putin und der Einverleibung der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim. Manche Länder sehen in der Tour daher eine Provokation.
Club-Präsident Alexander Saldostanow, auch unter dem Namen "Chirurg" bekannt, sagte Anfang April in Moskau: "Der Sieg ist das Fundament Russlands." Deshalb ...
... sei es wichtig, weiter an der Tour festzuhalten und die Soldaten der Roten Armee zu ehren. (abe)