Politik

"Nicht am Symptom herumdoktern" EU gerät nach Flüchtlingsdrama unter Druck

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Es ist die "tödlichste Route" weltweit: Wieder einmal ertrinken Hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer, viele von ihn waren wohl im Frachtraum des verunglückten Schiffs eingesperrt. Der Druck auf die EU wächst. Der Ruf nach einer humaneren Flüchtlingspolitik wird immer lauter.

Die Außenminister der EU-Staaten wollen an diesem Montag bei einem Treffen in Luxemburg über die europäische Flüchtlingspolitik beraten. Nach der jüngsten Bootstragödie im Mittelmeer mit Hunderten Vermissten hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Im Mittelpunkt dürfte dabei Libyen stehen, das wichtigste Transitland für Bootsflüchtlinge nach Europa.

Das zweite schwere Unglück im Mittelmeer innerhalb von nur einer Woche löste heftige Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik aus. Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, forderte eine neue Flüchtlingspolitik in Europa. "Wir können nicht an dem Symptom weiter herumdoktern, sondern müssen erkennen, dass wir ein Einwanderungsgebiet sind und eine legale, geordnete Einwanderungspolitik benötigen", sagte der SPD-Politiker dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

EU-Ratspräsident Donald Tusk erwägt auch die Einberufung eines EU-Sondergipfels. Derzeit stehe er dazu mit verschiedenen Seiten in Gesprächen, erklärte Tusk via Twitter. Danach werde entschieden, ob es einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs zum Umgang mit Flüchtlingen geben werde.

Ban: Mittelmeer weltweit "tödlichste Route"

In der Nacht zum Sonntag war rund 110 Kilometer vor der Küste Libyens ein Flüchtlingsschiff gekentert. Bis Sonntagabend bestätigte die italienische Küstenwache 24 Tote. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR waren rund 700 Menschen an Bord, von denen nur 28 gerettet werden konnten. UNHCR-Sprecherin Carlotta Sami sagte dem TV-Sender RAInews24, sollten sich diese Angaben bestätigen, wäre es das "schlimmste Massensterben, das jemals im Mittelmeer gesehen wurde". Nach Angaben eines Überlebenden befanden sich sogar 950 Flüchtlinge an Bord, darunter 50 Kinder. Die Schlepper hätten viele von ihnen im Frachtraum eingesperrt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich schockiert und tief betrübt über die Katastrophe. Er beklagte, das Mittelmeer habe sich zur "tödlichsten Route" für Asylsuchende und Flüchtlinge weltweit entwickelt. Die internationale Antwort auf dieses Problem müsse umfassend und gemeinschaftlich sein. Die Aufgabe liege nicht nur in einer verbesserten Seerettung. Es müsse auch das Recht auf Asyl für die wachsende Zahl von Menschen garantiert werden, die vor Krieg flüchteten und sichere Zufluchtsstätten suchten.

Kritik an Schleusern

Der Städte- und Gemeindebund mahnte eine bessere Zusammenarbeit in Europa an. Erforderlich sei nicht nur eine solidarische Verteilung von Asylbewerbern, "sondern auch ein entschlossenes Vorgehen gegen Schleuserbanden, die mit dem Leid der Menschen Geld verdienen und skrupellos vielfach das Leben der Flüchtlinge aufs Spiel setzen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Rheinischen Post".

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatten bereits am Sonntag ein entschiedenes Vorgehen gegen Schleuserbanden gefordert. Ein Seenot-Rettungsprogramm hatte de Maiziere zuletzt in der vergangenen Woche abgelehnt. So etwas würde Kriminellen in die Hände spielen, hatte der CDU-Politiker erklärt. Menschen zahlten bis zu 15.000 Dollar an kriminelle Schlepperorganisationen, um nach Europa zu kommen. "Würden wir jetzt jeden, der im Mittelmeer ankommt, einfach aufnehmen nach Europa, dann wäre das das beste Geschäft für die Schlepper, was man sich denken könnte."

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts

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