Moskau und Peking sanktionieren Findet Trump in von der Leyen einen Sündenbock?


Von der Leyen lobte das "konstruktive Telefonat" mit dem US-Präsidenten über mögliche weitere Schritte gegen Russland.
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Die EU-Kommissionspräsidentin beeilt sich, russische Energie-Einfuhren zu stoppen und Sanktionen gegen China auszuweiten. Damit versucht sie, auf die Forderungen des US-Präsidenten einzugehen. Falls von der Leyen scheitert, könnte sie zu Trumps Blitzableiter werden.
Ursula von der Leyen gibt sich Mühe, Donald Trump bei Laune zu halten. Die Kommissionspräsidentin will einen Vorschlag unterbreiten, wie die EU schneller aus russischen fossilen Importen aussteigen kann. Mit Verweis auf die Arbeit am 19. Sanktionspaket gegen den Kreml lobte von der Leyen das "konstruktive Telefonat" mit dem US-Präsidenten über mögliche weitere Schritte gegen Russland.
Zuvor hatte Trump auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social gegen all jene Nato-Partner gewettert, die noch Öl aus Russland beziehen. In Europa betrifft das neben der Türkei die EU-Mitgliedstaaten Ungarn und die Slowakei. Trump schrieb in einem öffentlichen Brief, er wolle nur dann schärfere US-Sanktionen gegen Moskau verhängen, falls alle Nato-Länder die Einfuhr russischen Öls stoppten. Und er stellte eine weitere Bedingung, bevor die USA den wirtschaftlichen Druck auf den Kreml erhöhen: Die Nato solle geschlossen Zölle von 50 Prozent bis 100 Prozent auf Importe aus China erheben.
Im US-Senat war im Frühjahr sogar von noch höheren Abschlägen bei chinesischen Importen die Rede, die allein die Vereinigten Staaten verhängen wollten. 80 US-Senatoren unterstützten damals einen Gesetzentwurf, durch den Peking und andere Länder, die russische Energie kaufen, mit Zöllen von 500 Prozent belegt werden sollten. Wenige Wochen später sprach Trump von Strafzöllen in Höhe von 100 Prozent. Aus den meisten Ankündigungen ist nichts geworden. Nur Indien als einer der wichtigsten Abnehmer russischer Energie hat Trumps Zoll-Hammer zu spüren bekommen - und muss nun für den Export von Waren in die USA Abgaben in Höhe von 50 Prozent zahlen. Jetzt knüpft Trump sein weiteres Vorgehen an die Bedingung, alle Nato-Partner müssten mitziehen.
Brüssel sanktioniert nur einige chinesische Firmen
Zölle kann in Europa bekanntlich nur die EU als verhandeln, nicht die Nato als reines Verteidigungsbündnis. Aber Trumps Forderungen zu erfüllen, ist aus Sicht der Verantwortlichen in Brüssel illusorisch. Beobachter warnen, Trump könnte mit seinem Vorstoß versuchen, in von der Leyen und den EU-Institutionen einen Sündenbock zu finden. Im Grunde stellt Trump den europäischen Nato-Partnern die Frage: Warum erwartet ihr hohe Strafzölle der USA, wenn ihr erstens selbst abhängig von Wladimir Putins Energielieferungen seid - und zweitens enge Beziehungen zu dessen wichtigstem Verbündeten China pflegt?
Die Frage mag berechtigt sein, aber die EU befindet sich in einer Zwickmühle. Umfassende Zölle gegen China schließen die Europäer aus, weil Peking nach Washington ihr wichtigster Handelspartner ist. Vergangenes Jahr wurden zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union Waren im Wert von 865,0 Mrd. Euro gehandelt - der Außenhandelsumsatz mit China folgt jedoch bereits auf dem zweiten Platz mit einem Volumen von 731,2 Mrd. Euro.
Zaghaft hatte die EU bereits Sanktionen gegen wenige chinesische Unternehmen verhängt und plant laut Medienberichten, diese im nächsten Paket auszuweiten. Das Ziel sind Exportkontrollen für chinesische Unternehmen, die militärisch verwendbare Dual Use Güter nach Moskau liefern. Doch die von Trump verlangten Zölle im zweistelligen Bereich kann und will sich Brüssel angesichts der angespannten geopolitischen Lage nicht leisten.
Ungarn und die Slowakei halten an russischem Öl fest
Auch die russischen Öllieferungen kann die EU nicht ohne Weiteres unterbinden. Zwar ist Moskaus Anteil am Ölimport in die EU drastisch gesunken - von 29 Prozent vor vier Jahren auf aktuell 2 Prozent. Grund war das von Brüssel verhängte Embargo vor mehr als zwei Jahren. Aber nicht alle Mitgliedstaaten spielen mit. Ungarn und die Slowakei handelten sich eine Ausnahme vom Einfuhrverbot aus. Bis heute weigern sie sich vehement, die russischen Öllieferungen zu stoppen. Auch die Türkei macht keinerlei Anstalten, sich von den billigen Energielieferungen aus Russland zu verabschieden. Da die Türkei kein Mitgliedstaat ist, hat die EU auf das Land kaum Einfluss.
Immerhin: Es gibt bereits Pläne, die russischen Gas- und Öleinfuhren in die EU bis 2028 zu verbieten. Allerdings stellt sich die Frage, wie die pro-russisch eingestellten Regierungschefs Robert Fico in Bratislava und Viktor Orban in Budapest überzeugt werden sollen, mitzumachen. Außerdem kaufen zahlreiche Mitgliedstaaten wie Frankreich, Spanien, die Niederlande, Belgien und Italien fleißig russisches Flüssigerdgas. Der Anteil russischen LNGs an dem gesamten Import der EU ist zwar gesunken, beträgt aber immer noch 14 Prozent.
Trumps Forderungen an die europäischen Nato-Partner sind also ein Trick, um in der EU einen Blitzableiter zu finden. Der US-Präsident dürfte sich darüber bewusst sein, wie schwer von der Leyen und die anderen Verantwortlichen in Brüssel sie erfüllen können. Ihm geht es darum, den Ball in das Feld der Europäer zu spielen. Wenn die EU dann weder hohe Zölle gegen Peking verhängt, noch den Ausstieg aus den russischen Energielieferungen vollendet, kann Trump ihr die Schuld daran geben, dass die USA den Druck auf Putin nicht erhöhen. Auch sein Scheitern in der Russlandpolitik kann der US-Präsident mit einem Fingerzeig auf die Europäer abwälzen - und behaupten: Sie allein seien schuld daran, dass der Krieg in der Ukraine weitergeht.
Quelle: ntv.de