Zehn Migranten an Grenze tot Irak will Landsleute aus Belarus zurückholen
12.11.2021, 16:46 Uhr
Polnische Soldaten bewachen die Außengrenze der EU: Bagdad bietet Irakern eine Rückholaktion an.
(Foto: imago images/SNA)
Im Flüchtlingsstreit mit Belarus gelingt der EU ein erster Erfolg: Die Türkei verspricht, Iraker, Syrer und Jemeniten nicht mehr nach Minsk zu befördern. Nun kündigt Bagdad an, die eigenen Landsleute aus dem Grenzgebiet auszufliegen. Dort gebe es bereits zehn Tote, melden polnische Medien.
Der Irak will an der polnisch-belarussischen Grenze festsitzende irakische Migranten zurückholen. Die Regierung sei bereit, mehrere Reisen für Iraker zu organisieren, "die zurückkehren wollen", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Die Rückkehrwilligen würden derzeit registriert. An der Grenze zwischen Belarus und Polen sitzen infolge des Flüchtlingsstreits zwischen Minsk und der EU Tausende Migranten fest, darunter auch viele kurdische Iraker.
Derweil verzeichnet die EU im Flüchtlingskonflikt mit Belarus erste Erfolge: Als erstes Land verbot die Türkei nach eigenen Angaben Staatsangehörigen aus Syrien, dem Irak und dem Jemen Abflüge von türkischen Flughäfen nach Belarus. Die wichtigste belarussische Fluggesellschaft Belavia kündigte an, sich an die Anordnung zu halten. Istanbul ist mit zwei internationalen Flughäfen ein wichtiges Drehkreuz für den Flugverkehr zwischen dem Nahen Osten und Europa.
Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, als Vergeltung für Sanktionen Migranten überwiegend aus dem Nahen Osten gezielt an die Grenzen der EU-Staaten Lettland, Litauen und Polen zu schleusen. Die EU-Kommission hat den Verdacht, dass Minsk bei den Flüchtlingsflügen Hilfe weiterer Länder erhält.
"Wir haben viele Freunde"
Brüssel steht deshalb seit Tagen in Kontakt insbesondere mit Ländern im Nahen Osten. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, war deshalb in den Libanon gereist. Es gebe "Fortschritt an allen Fronten", sagte er nach einem Treffen mit dem libanesischen Präsidenten Michel Aoun. Am Tag zuvor hatte er bereits Gespräche zum Thema in Dubai geführt. Nächste Woche will er in weitere Länder der Region reisen. Europa zähle gerade "in gewisser Weise seine Freunde und wir sind sehr froh, dass wir viele haben", sagte er.
Im Konflikt mit Belarus wird die EU ihren Kurs noch einmal verschärfen: Beim EU-Außenministertreffen am Montag würden die Sanktionen auf Personen erweitert, "die mittelbar oder unmittelbar" die Schleusungen von Migranten nach Belarus unterstützten, sagte Außenminister Heiko Maas der "Rheinischen Post" und dem "Bonner General-Anzeiger". Auch Strafmaßnahmen gegen beteiligte Airlines schloss der SPD-Politiker nicht aus.
Bereits zehn Tote an Grenzzaun zu Polen
An der EU-Außengrenze in Polen sitzen derzeit Tausende Migranten vor allem aus dem Nahen Osten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt fest. Polen hat wegen des Andrangs 15.000 Soldaten in dem Gebiet stationiert. In einem provisorischen Lager im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus harren derzeit mehr als 2000 Migranten unter schwierigsten Bedingungen aus. Zehn Menschen kamen laut einem Bericht der polnischen Zeitung "Gazeta Wyborcza" in den vergangenen Wochen dort bereits ums Leben.
Belarus und das verbündete Russland gaben am heutigen Freitag gemeinsame Militärübungen in der belarussischen Region Grodno nahe der polnischen Grenze bekannt. Das Verteidigungsministerium in Minsk begründete den Schritt mit der "Zunahme militärischer Aktivität" nahe der belarussischen Grenze.
Von Lukaschenkos Drohung, im Falle neuer EU-Sanktionen Gaslieferungen nach Europa zu stoppen, hatte sich der Kreml zuvor jedoch distanziert. Russland "ist und bleibt ein Land, das alle seine Verpflichtungen zur Lieferung von Gas an die europäischen Verbraucher erfüllt", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die Jamal-Europa-Pipeline, die russisches Gas nach Europa transportiert, verläuft auch durch belarussisches Gebiet.
Quelle: ntv.de, mau/AFP