Politik

Frankreich hat "Schlachtplan" Macron stiehlt Merkel die Klima-Schau

Angela Merkel und Emmanuel Macron sprachen in Bonn nacheinander, jeweils zehn Minuten lang.

Angela Merkel und Emmanuel Macron sprachen in Bonn nacheinander, jeweils zehn Minuten lang.

(Foto: AP)

Die Rede der Bundeskanzlerin bei der Klimakonferenz enthält kaum Verbindliches, insbesondere nicht zur Zukunft der Kohle. Greenpeace sieht ein "fatales Signal". Frankreichs Präsident Macron überzeugt mit glasklarer Ansprache - und einem Plan.

Atomausstieg, Energiewende, Verfechterin des Klimaabkommens von Paris - ist Angela Merkel wirklich die Klimakanzlerin der Welt? Die größten Emittenten von Kohlendioxid in Deutschland sind Energiewirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft. Es bräuchte Entscheidungen und verbindliche Zusagen, um die Emissionen in diesen Bereichen zu senken. Bei der Weltklimakonferenz in Bonn zeigt sich, warum Umweltverbände Merkel als im besten Fall zu zögerlich kritisieren.

Die Augen sind auf die deutsche Regierungschefin gerichtet, als sie vor die versammelte Konferenz ans Rednerpult tritt. Doch was Merkel abgesehen von den üblichen großen Worten von "Herausforderung für die Menschheit" und "Schicksalsfrage für uns alle" sagt, geht wenig über schwammige Ankündigungen und ein Sammelsurium von angepriesenen Gremienaktivitäten hinaus.

Bis 2020 sollten die Emissionen gegenüber 1990 in Deutschland um 40 Prozent sinken, sagt Merkel und gibt zu: "Uns fehlt ein ganzes Stück." Dann verweist sie auf die "zentrale Rolle" des Themas in den Sondierungsgesprächen zwischen den Unionsparteien, der FDP und den Grünen. "Die Braunkohle muss einen wesentlichen Beitrag leisten", die Industrienationen müssten den Weg der Dekarbonisierung gehen. Doch verbindlicher wird sie nicht - kein Hinweis darauf, wo dieser Weg liegt oder innerhalb welchen Zeitraums er erfolgreich beschritten worden sein soll.

Zumindest eines sagt Merkel zu: Dass die Industrieländer zu ihrer Zusage stünden, bis 2020 für die Entwicklungsländer 100 Milliarden Euro aus öffentlichen und privaten Geldern zu sammeln, um durch den Klimawandel verursachten Schäden vorzubeugen. Am 12. Dezember gibt es dazu einen Finanzierungsgipfel in Paris. Doch schon von Bonn müsse ein Signal ausgehen, sagt sie dann, und schickt ein "Wir werden uns in Deutschland mühen" hinterher.

Hinterher hängt Deutschland auch bei seinen Klimazielen. In den vergangenen drei Jahren ist der Umfang der Emissionen in Deutschland kaum kleiner geworden: Er liegt bei knapp 900 Millionen Tonnen. Bis 2020 müsste er auf 750 Millionen Tonnen schrumpfen. Es ist schwer vorstellbar, dass dies ohne Kohleausstieg geht. Er wäre umso wichtiger, da die weltweiten Emissionen im Jahr 2017 um insgesamt zwei Prozent steigen werden.

"Fatales Signal"

Die Umweltschutzverbände WWF, Oxfam und Greenpeace kritisierten die Rede scharf. "Angela Merkel hat sich heute vor der einzigen Antwort gedrückt, die sie in Bonn geben musste: Bis wann steigt Deutschland aus der Kohle aus?", sagte etwa Greenpeace-Geschäftsführerin Sweelin Heuss. "Mit ihrem Schweigen zur Schicksalsfrage der deutschen Klimapolitik verspielt die Kanzlerin auch den letzten Rest ihres alten Klimaruhms." Ohne Kohleausstieg könne Deutschland seine in Paris getroffenen Zusagen zum Schutz des Klimas nicht einhalten, sagte Heuss: "Das ist ein fatales Signal an diese Klimakonferenz." Umweltverbände hatten ein klares Zeichen von Merkel gefordert.

Derzeit hängen rund 25.000 Jobs in Deutschland an der Braunkohle, die schmutzigste Energiequelle der Bundesrepublik. Mehrere Länder Europas haben bereits beschlossen, aus der Kohlekraft auszusteigen: Italien, Finnland, Großbritannien, die Niederlande und Frankreich. Norwegen will ab 2025 keine Verbrennungsmotoren mehr zulassen, Großbritannien und Frankreich ab 2040.

Der französische Präsident Emmanuel Macron ist es auch, der nach Merkel das Wort in Bonn erhält. Sein Ton ist viel forscher. Nicht zu handeln, würde bedeuten, dass "viele Völker, die hier vertreten sind, bis 2100 verschwinden würden. Dazu sind wir nicht bereit". Als Macron ankündigt, dass Europa die von den USA gerissene Lücke bei der Finanzierung der Klimaforschung ausfüllen wird, brandet Applaus auf im Saal. Der Weltklimarat IPCC werde so seine Arbeit fortsetzen können. Der IPCC untersucht, wie sich der Klimawandel auswirkt, welche Anpassungsstrategien es gibt und wie er gebremst werden kann. Mehrere Tausend Forscher werten bestehende Daten für die regelmäßig erscheinenden Berichte aus. Es ist die wissenschaftliche Basis dafür, wie die Politik gegen den Klimawandel vorgehen kann.

Dann erklärt Macron den französischen "Schlachtplan", mit dem alle Teile der Gesellschaft mobilisiert werden sollen und der aus vier Punkten besteht:

  • Erstens der Ausbau der Stromnetze Europas, um die Erneuerbaren Energien auch verteilen zu können.
  • Zweitens will Frankreich erreichen, dass Unternehmen für Emissionsrechte mindestens 30 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid zahlen müssen. Dies werde bereits auf europäischer Ebene diskutiert.
  • Drittens die Verbindung von Handels- und Umweltpolitik, um einen ökologischen Umbau zu erreichen. "Wir sollten nicht mit Ländern verhandeln, die weniger ambitioniert sind als wir."
  • Viertens die nationalen Ziele: Der verbindliche Ausstieg Frankreichs aus fossilen Energieträgern, aus der Kohle in den kommenden drei Jahren.

Merkel erwähnte zuvor die Verantwortung Europas für den Klimawandel wegen seiner Geschichte der Industrialisierung. Macron unterstreicht dies mit deutlicheren Worten: "Die reichen Länder haben der Welt ihre Art und Weise aufgezwungen." Es gebe keine Rechtfertigung dafür, dass diese Länder nun der Welt auch ihre Tragödie aufzwängen.

Quelle: ntv.de

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