
Eins plus zwei ergibt nicht unbedingt drei: Cameron, Hollande und Merkel sind geteilter Meinung.
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Der britische Premier Cameron will die Macht der EU beschneiden und wieder mehr in London entscheiden - nur so glaubt er, das geplante Referendum gewinnen zu können. Nun enthüllt eine französische Zeitung, wie Merkel und Hollande diese Pläne kontern.
Seit seinem Wahlsieg stürmt der britische Premier David Cameron mit reichlich Rückenwind durch Europa. Das gefürchtete Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreiches in der EU möchte er vorziehen, den EU-Osteuropa-Gipfel funktionierte er zu seiner persönlichen Brüssel-Standpauke um und er lässt keinen Zweifel daran, dass Europa den Lissabonner Vertrag neu verhandeln soll, wenn Großbritannien Mitglied im kontinentalen Klub der tausend Vorschriften bleiben soll. So hofft Cameron, seine EU-kritischen Landsleute vom Verbleib in der Staatengemeinschaft überzeugen zu können.
Das alles wirkt selbstbewusst - doch wer so laut rufen muss, fürchtet möglicherweise, überhört zu werden. In Paris und Berlin wurden seine Forderungen zwar wahrgenommen, doch zunächst blieben Kanzlerin Angela Merkel und Präsident François Hollande ganz cool. Bis jetzt. Hinter den Kulissen arbeiteten beide ein gemeinsames Papier aus, das sich wie die Replik Deutschlands und Frankreichs auf die Forderungen des lautstarken Premierministers liest.
Der französischen Zeitung "Le Monde" liegt das Dokument nach eigenen Angaben vor, das am Samstag EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zugestellt wurde. Laut dem britischen "Guardian" ist es als "Schlag gegen Camerons Referendumspläne" zu verstehen. Darin lehnen Merkel und Hollande eine der Kernforderungen Camerons rundheraus ab: die Reform der europäischen Verträge. Stattdessen soll Europa in den kommenden Jahren noch enger zusammenrücken - und zwar im Rahmen der bestehenden Abkommen.
Lissabon-Vertrag soll bleiben, wie er ist
Diese stärkere Integration soll aber nur die Eurozone betreffen. Auf vier Ebenen soll diese zusammenrücken: Wirtschaftspolitik, Zusammenarbeit in steuerlichen und sozialpolitischen Fragen, Finanzstabilität und Investitionen. Auf den ersten Blick dürfte das Cameron sogar gefallen: Denn er hatte gefordert, dass die Länder mit der Gemeinschaftswährung sich stärker integrieren, die anderen Länder aber Kompetenzen zurückbekommen. Dafür wäre eine Reform des Lissabonner Vertrags notwendig - doch genau dagegen sprechen sich Merkel und Hollande mit ihrem Papier aus.
Ob es Zufall ist, dass der großen französischen Zeitung das Papier gerade jetzt in die Hände fiel? Eigentlich sollte der deutsch-französische Vorschlag erst kommenden Monat offiziell beim nächsten EU-Gipfel in Brüssel präsentiert werden - dann, wenn Cameron seinen "Einkaufszettel" mit den Bedingungen für einen EU-Verbleib Großbritanniens vorlegen will. Aber auch jetzt stimmt das Timing auffallend gut. Am 28. Mai kommt Cameron nach Paris, einen Tag später nach Berlin. Die Karten liegen jedenfalls auf dem Tisch.
Quelle: ntv.de