Politik

Überfahrten als heiterer "Spaß"? Ton im Streit um Flüchtlinge wird schriller

Ein "heiterer Nachmittagsspaß"? Victor Orbán will die "Party" der Flüchtlinge in Europa gerne beenden.

Ein "heiterer Nachmittagsspaß"? Victor Orbán will die "Party" der Flüchtlinge in Europa gerne beenden.

(Foto: dpa)

Die EU-Kommission will Flüchtlinge fairer auf dem Kontinent verteilen. Viele Regierungen sind dagegen - und machen eigene Vorschläge. So will die britische Innenministerin May Boote auf dem Mittelmeer nach australischem Vorbild zum Umkehren zwingen.

Die britische Innenministerin Theresa May hat sich dafür ausgesprochen, Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer künftig zurückzuschicken. Die EU solle sich darum bemühen, "sichere Landeplätze in Nordafrika zu schaffen, unterstützt durch ein aktives Rückführungsprogramm", schrieb May kurz vor der Vorstellung der neuen EU-Flüchtlingsstrategie in einem Gastbeitrag für die "Times". Die Einführung verbindlicher Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU lehnte May ab. Dies werde nur noch "mehr Menschen dazu ermutigen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen".

Auch Ungarn Ministerpräsident Victor Orbán lehnt ein Quotensystem ab. Laut "Süddeutscher Zeitung" fordert er einen "Einwanderungsstopp" und begründet diesen mit wachsender Terrorgefahr. Das Zusammenwachsen der ungarischen Gesellschaft habe keine Chance, wenn "wir eine Art Wohnheim-Party" ankündigen, bei der jeder kommen und bleiben könne - und dann "bis in die Morgenstunden feiere". Die lebensgefährlichen Überfahrten von Flüchtlingen über das Mittelmeer bezeichnete Orbán als "heiteren Nachmittagsspaß".

Die EU-Kommission stellt am Mittag ihre Strategie zum Umgang mit Flüchtlingen und anderen Migranten vor. Vor dem Hintergrund der Flüchtlingstragödien im Mittelmeer wollen die Außenbeauftragte Federica Mogherini und der Kommissar für Migration und Inneres, Dimitris Avramopoulos, Pläne für vier Bereiche vorschlagen: die gemeinsame Asylpolitik, den Kampf gegen Schlepper und illegale Migration, neue Wege für legale Einwanderung und die Außengrenzen der EU.

De Maizière spricht sich für Quote aus

Besonders umstritten ist die Idee, bereits in Europa angekommene Flüchtlinge nach einem Quotensystem fairer auf alle EU-Staaten zu verteilen. Dadurch könnten Aufnahmeländer wie Italien und Griechenland entlastet werden. In einem Pilotprojekt soll das Verfahren getestet werden. Großbritannien, Irland und Dänemark, für die in der Asyl- und Einwanderungspolitik seit Jahren Ausnahmen gelten, lehnen solche Quoten aber ab. Auch die baltischen Staaten, Tschechien, die Slowakei und Ungarn gehören zu den Gegnern.

Dagegen erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière, er sei für eine Quotenregelung, auch wenn dadurch nicht unbedingt weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen würden. Zur ablehnenden Haltung einiger EU-Staaten sagte er, es sei klar, "dass das nicht über Nacht auf volle Zustimmung stößt". Es sei aber inakzeptabel, dass derzeit nur fünf europäische Staaten - darunter Deutschland - drei Viertel aller Flüchtlinge aufnehmen müssten.

"Die einzelnen Regierungen wissen am besten, was sie im Rahmen gemeinsamer Solidarität leisten können", sagte dagegen der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka nach einem Treffen mit seinem slowakischen Kollegen Robert Fico. Seine Regierung habe sich freiwillig bereiterklärt, 70 Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Tschechien habe zuletzt sehr vielen Ukrainern Zuflucht geboten. "Nicht nur im Süden Europas, auch im Osten steht man vor einer schwierigen Lage", sagte Sobotka.

Die lettische Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma forderte statt einer Quote mehr Grenzkontrollen sowie medizinische Hilfe für Flüchtlinge. Vorschläge der EU-Kommission können nur Gesetz werden, wenn die EU-Staaten zustimmen. Nach dem Dublin-Verfahren sollen Asylbewerber eigentlich in dem Land bleiben, in dem sie zuerst den Boden der EU betreten haben. Das überfordert Länder wie Italien oder Griechenland, wo besonders viele Bootsflüchtlinge ankommen. Dort tauchen Flüchtlinge oft unter und reisen nach Deutschland oder Schweden weiter, wo Anträge häufiger Erfolg haben.

Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP

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