"Wie bei Kafka" BGH verbietet unerwünschte Werbung
16.12.2015, 16:20 UhrWerbung in E-Mails ist lästig. Doch man muss sie sich nicht unbedingt gefallen lassen. Vor dem BGH bekommt jetzt ein genervter Versicherungskunde recht.
Firmen dürfen im Mail-Verkehr mit ihren Kunden nicht ungefragt Werbung versenden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute einem Mann aus dem schwäbischen Göppingen Recht gegeben - und stellte uneinsichtigen Firmen saftige Strafen in Aussicht. (Az.: VI ZR 134/15)
Der Kläger hatte in einer Mail an seine Versicherung wissen wollen, ob seine Kündigung eingegangen war. Er hatte daraufhin lediglich den Eingang dieser Mail bestätigt bekommen, zur Kündigung hörte er nichts. An der automatischen Antwort hing dafür eine Werbung für einen Unwetter-Warn-Service "per SMS kostenlos auf Ihr Handy". Der Mann schickte noch zwei Mails an die Versicherung, in denen er außerdem darauf hinwies, dass er die Werbung für den "exklusiven Service" nicht wolle - und erhielt erneut die selbe automatische Antwort mit Werbung.
An das Schicksal der literarischen Helden von Franz Kafka fühlte sich sein Anwalt angesichts der vergeblichen Beschwerden erinnert. "Man fühlt sich ein bisschen ausgeliefert", hatte er bei der mündlichen BGH-Verhandlung gesagt. Der Versuch, Produkte oder Leistungen ohne Einwilligung des Empfängers zu bewerben, verletze Persönlichkeitsrechte.
Keine Kosten, trotzdem lästig
Die Vorinstanz, das Landgericht Stuttgart, hatte die Klage noch abgewiesen. Eine Persönlichkeitsverletzung müsse eine "gewisse Erheblichkeit" aufweisen. Durch die Werbung in Autoreply-Nachrichten entstünden dem Kläger aber keine Kosten und man müsse die Mails auch nicht aufwendig aussortieren – aus Nachweisgründen würden sie ja ohnehin aufgehoben.
Der BGH schob den Werbebotschaften in automatischen Antworten nun allerdings einen Riegel vor und drohte mit drastischen Konsequenzen: Sollte die Versicherung den Kläger ohne dessen Einverständnis weiter mit der Werbung belästigen, muss sie mit einem Ordnungsgeld in Höhe bis zu 250.000 Euro oder ein Vorstandsmitglied mit bis zu sechs Monaten Haft rechnen, hieß es im Tenor. Die Versicherung muss die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen. Eine Urteilsbegründung lag zunächst nichts vor.
Quelle: ntv.de, ino/dpa