Ratgeber

Hohe Gewinne mit billigen Zusätzen Foodwatch beklagt Vitamin-Schwindel

Vom Hustenbonbon bis zur Veggie-Wurst: Viele Hersteller hübschen ihre Produkte mit Vitaminzusätzen auf.

Vom Hustenbonbon bis zur Veggie-Wurst: Viele Hersteller hübschen ihre Produkte mit Vitaminzusätzen auf.

Fruchtgummi statt Obst, Frühstücksflocken statt Vollkornbrot? Könnte klappen, wenn man den Werbeversprechen der Lebensmittelindustrie glaubt. Viele Produkte werden mit Vitaminen und Mineralien angereichert, um ihnen ein gesundes Image zu verpassen.

Wenn Lebensmittel gezielt mit den darin enthaltenen Vitaminen beworben werden, sind sie meistens ungesund. Das legt eine Studie nahe, die Foodwatch jetzt veröffentlicht hat. Die Verbraucherorganisation hat dafür Produkte ausgewertet, auf deren Verpackung der Vitamingehalt explizit hervorgehoben wird. Von den 214 untersuchten Artikeln waren 190 zu süß, zu fettig oder zu salzig.

Unter den Produkten waren beispielsweise Fruchtgummis von Katjes, Traubenzucker von Dextro Energy, Milchgetränke von Müller, diverse Säfte und Vitamingetränke, Fruchtpüree aus Quetschbeuteln sowie Wurstwaren für Kinder. Die Liste der Werbeversprechen reichte von "wohltuendem Vitamin C" bis hin zu "Tägliche Energie, Vitamine, Magnesium, Calcium". Trotz des gesunden Anstrichs entsprachen 90 Prozent der Erzeugnisse nicht den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für ausgewogene Lebensmittel. Bei den WHO-Vorgaben spielen unter anderem die Anteile von Fett, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt oder zugefügte Süßstoffe eine Rolle.

"Deutschland ist kein Mangel-Land"

In den meisten Fällen wurden die Vitamine künstlich ergänzt. Nur bei 15 Prozent waren sie von Natur aus enthalten. Das waren dann meist wenig verarbeitete Lebensmittel wie Salat oder Pflanzenöl. "Die Lebensmittelindustrie setzt hunderten Produkten für winzige Cent-Beträge künstlich Vitamine zu, um Süßigkeiten, Zuckergetränken oder anderem Junkfood einen gesunden Anstrich zu verpassen", sagte Michaela Kruse von foodwatch. " Deutschland ist kein Vitaminmangel-Land", so Kruse weiter. Für die Hersteller sei das ein profitables Geschäft: Zuckergetränke und Süßigkeiten seien günstig zu produzieren und versprächen hohe Gewinnspannen - durch den künstlichen Zusatz von billigen Vitaminen könnten die Produkte dann auch noch als besonders gesund vermarktet werden.

Die Verbraucherorganisation sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, die Werbung zu begrenzen. Gesundheitsbotschaften sollten nur auf Produkte gedruckt werden dürfen, die den WHO-Kriterien für ausgewogene Lebensmittel genügen. Erste Schritte sind schon gemacht: Seit 2012 dürfen die Hersteller nicht mehr nach Belieben mit Gesundheitsslogans werben, sondern müssen sich ihre Aussagen erst von der EU genehmigen lassen. Überzogene Versprechen sind verboten. So darf es beispielsweise nicht mehr heißen "verbessert das Immunsystem", sondern lediglich "trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei". Insgesamt sind 250 dieser sogenannten "Health Claims" zugelassen.

Auch nährwertbezogene Angaben wie "fettarm" oder "mit Vitamin C" dürfen nur verwendet werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Allerdings gibt es keine Mindestanforderungen an die jeweiligen Nährwertprofile. So kann ein Joghurt zwar werbewirksam fettarm sein, aber dafür eine ganze Menge Zucker enthalten. Die Lebensmittellobby wolle die Nährwertprofile komplett aus der Verordnung zu Health-Claims streichen, warnt Foodwatch. Über einen entsprechenden Antrag stimmt das EU-Parlament demnächst ab.

Quelle: ntv.de, ino

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