Erst überlegen, dann Gas geben Probleme beim Carsharing vermeiden
14.04.2017, 09:20 Uhr
Für eine zunehmende Zahl an Autofahrern ist Carsharing eine echte Alternative zum eigenen Pkw geworden. Doch wer zu unbedarft an die Sache herangeht, kann unangenehme Überraschungen erleben.
Das eigene Auto - ein Stück Freiheit! Allerdings verursacht dieser Besitz laufende Kosten: Kraftstoff, Kfz-Versicherung, Steuer, Tüv und HU. Was also tun, wenn man einerseits unabhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln sein möchte, man aber die Kosten für einen eigenen Pkw scheut? Der Mittelweg, den immer mehr Deutsche wählen, ist das Carsharing. Laut einer Statistik des Bundesverbandes Carsharing (bcs) teilten sich Anfang 2017 1,7 Millionen Fahrberechtigte 17 200 Fahrzeuge - Tendenz steigend. Damit das Carsharing aber nicht zum Reinfall wird, sollten einige Punkte beachtet werden.
Bevor der Benutzer einen Vertrag bei einem Anbieter unterschreibt, sollte er sich überlegen, welches Modell für ihn rentabel ist. Aktuell gibt es zwei Möglichkeiten: stationsbasiertes Carsharing und Free-floating. "Beim stationsbasierten steht das Auto an einer Station des Anbieter, wo es abgeholt und bei Ablauf der Mietdauer wieder abgestellt werden muss", erklärt Gunnar Nehrke vom bcs. Der Vorteil hier ist, dass die Fahrzeuge zuverlässig Wochen im Vorraus buchbar sind.
Free-floating bietet mehr Flexibilität
"Das Angebot ist groß und reicht vom Kleinwagen bis zum Transporter", sagt Sabine Behr vom ADAC. Beschränkter hingegen sei das Angebot beim Free-floating. "Dafür darf das Fahrzeug nach der Fahrt einfach dort abgestellt werden, wo man gerade ist - solange man sich im Geschäftsbereich des Anbieters befindet." Dabei müsse die Mietdauer nicht vorher festgelegt werden. Entsprechend befinden sich die Fahrzeuge willkürlich im Stadtgebiet verteilt und sind über das Handy ortbar und buchbar. "Dieses Modell bietet sich an, wenn man kurzfristig im Stadtgebiet unterwegs sein möchte, denn es ist nur spontan buchbar", sagt Nehrke.
In der Regel sei es zwei- bis dreimal so teuer wie das stationsbasierte Carsharing. Letztlich müsse man sein eigenes Nutzungsverhalten analysieren und sich die Verfügbarkeit der Fahrzeuge genau ansehen, rät Nehrke. "Beim stationsbasierten Carsharing muss man sich fragen, ob es in Wohnortnähe Stationen gibt, beim Free-floating, ob man im Operationsgebiet des Anbieters wohnt." Wer weniger als 10 000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto fährt, für den könnte Carsharing kostengünstiger als der eigene Wagen sein.
Hat man sich für einen Anbieter entschieden, sollte man sich Gedanken über den Versicherungsschutz machen. Zwar sind die Fahrzeuge meistens vollkaskoversichert, aber die Selbstbeteiligung besteht dennoch oft. "Egal ob Kratzer beim Ausparken oder Auffahrunfälle: Kunden der großen kommerziellen Anbieter müssen sich im Schadenfall unter Umständen auf eine Selbstbeteiligung einstellen", sagt Simon Frost vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Zeit ist Geld
Je nach Anbieter könnten hier zwischen 500 und 1500 Euro fällig werden. Die Betreiber böten allerdings zumeist Schutzpakete an, mit denen sich die Selbstbeteiligung reduzieren lässt. Hierzu rät auch Nehrke. Gerade für Personen, die selten Auto fahren und wenig Fahrpraxis hätten, sei ein solches Schutzpaket sinnvoll.
Vor der ersten Fahrt sollten sich die Nutzer die Funktionsweisen anschauen. Denn gerade bei den Free-floating-Modellen, wo im Minutentakt abgerechnet wird, ist Zeit Geld. "Als Anfänger sollte man sich vorher über die Handhabung des Fahrzeugs wie etwa das Öffnen, das Verriegeln oder das Parken informieren", rät Behr. Bei einigen Anbietern sei der Zugang zum Auto nur mittels Smartphone-App möglich, und nicht in jedem Fahrzeug sei ein Handbuch vorhanden.
Hat man die Bürokratie hinter sich gebracht und steht vor dem Auto, ist laut Frost Folgendes zu tun: "Kontrollieren: Vor dem Einsteigen sollte das Auto auf sichtbare Schäden überprüft werden." Sprich: die Schadensliste des Anbieters mit den tatsächlichen Schäden vergleichen. "Auch die Reifen sollten auf Beschädigung überprüft werden. Man sollte sich ein Bild darüber machen, ob gesetzlich vorgeschriebene Ausrüstung, also Verbandskasten, Warndreieick und Warnweste, an Bord sind", rät ADAC-Expertin Behr.
Bei einer Polizeikontrolle werde nämlich der Fahrer dafür verantwortlich gemacht. Hat man tatsächlich einen Schaden oder ein weiteres Manko entdeckt, rät Nehrke, dies sofort über die App oder telefonisch der Buchungszentrale zu melden. "Sonst kann es sein, dass der Schaden Ihnen zugerechnet wird."
Als Zugangsmedium fungiert oft eine Karte. Doch was passiert, wenn man die verliert? Nehrke rät, dann mit der Buchungszentrale des Anbieters Kontakt aufzunehmen. Bei Verlust der Karte bekomme man kostenlos eine neue. Verliert man die Karte aber, während man ein Auto angemietet hat, kann man die Buchung natürlich nicht aktiv abschließen. Auch in diesem Fall ist der Anbieter zu kontaktieren. Er schließt das Fahrzeug von der Ferne aus ab und beendet die Buchung.
Doch was passiert, wenn der Nutzer die Buchung nicht fristgerecht abschließen kann, weil er beispielsweise im Stau steht? Schließlich gilt beim stationsbasierten Carsharing eine vorher verabredete Mietdauer. "Rufen Sie die Buchungszentrale an, sobald Sie wissen, dass Sie sich verspäten. Da wird in der Regel mit großer Kulanz gearbeitet." Mit zusätzlichen Verspätungszuschlägen müsse man allerdings rechnen, wenn man nicht Bescheid gibt und das Fahrzeug schon für einen anderen Kunden bereitgestellt war.
So bequem das Carsharing auch sein kann, verändert sich doch die Lebenssituation eines jeden Menschen immer wieder. Denjenigen, die einige Jahre Carsharing genutzt haben und sich nun doch für ein eigenes Auto entscheiden, rät Nehrke, sich vom Anbieter bescheinigen zu lassen, dass man kein Fahranfänger mehr ist. Denn das könne bei einigen Versicherern zu niedrigeren Beiträgen führen.
Quelle: ntv.de, Diana Pfister, dpa