EZB hebt Leitzinsen nochmals an Was die Zinserhöhung für Verbraucher bedeutet
06.02.2023, 09:56 Uhr (aktualisiert)
Die Kreditzinsen dürften weiter steigen.
(Foto: imago images/MiS)
Mit einer erneuten Leitzinserhöhung der EZB um 0,5 auf nunmehr 3,0 Prozentpunkte verbessert sich die Perspektive für Sparer weiter. Im Gegenzug werden aber auch Kredite teurer, was vor allem bei der Immobilienfinanzierung deutlich spürbar wird.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erneut auf die weiterhin hohen Inflationsraten im Euroraum reagiert und den Leitzins im Euroraum um einen halben Prozentpunkt auf 3,0 Prozent erhöht. Und: Der EZB-Rat stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht. Die nächste Ratssitzung erfolgt am 16. März.
Vor allem Sparer dürfte die bereits fünfte Zinserhöhung in Folge freuen. Dennoch relativieren sich die Maßnahmen, wenn bedacht wird, dass die Teuerungsraten in der Eurozone und in Deutschland im Dezember vergangenen Jahres bei 8,5 beziehungsweise 8,6 Prozent lagen. Womit die Zinsen, die es fürs Ersparte zu ergattern gibt, weiterhin real stark negativ sind.
Ungeachtet dessen, ist des einen Freud des anderen Leid, beziehungsweise trifft es oftmals ein und dieselbe Person, denn viele Menschen sind nicht nur Sparer, sondern auch Kreditnehmer.
Darauf, was die Erhöhung der Leitzinsen für Verbraucher bedeutet, haben diverse Vergleichsportale einen kritischen Blick geworfen. Betrachtet wurden die Bereiche Baufinanzierung, Geldanlage, Girokonto und Ratenkredite.
Tages- und Festgeldkonten
Bereits die EZB-Entscheidungen von Juli, September, Oktober und Dezember hatten für steigende Zinsen auf Tagesgeldkonten gesorgt, auch bei neu abgeschlossenen Festgeldern war ein deutlicher Zinsanstieg spürbar. Alle Vergleichsportale gehen derzeit davon aus, dass sich der Trend zu höheren Zinsen im Jahresverlauf weiter fortsetzt und möglicherweise beschleunigt. Für ein einjähriges Festgeld mit deutscher Einlagensicherung sind derzeit 2,70 Prozent Zinsen zu holen (Bank11). Bei Geldhäusern in der EU sind es bis zu 3,109 Prozent (Signet Bank via Zinspilot).
Bei Laufzeiten von zwei bis drei Jahren gibt es laut FMH-Finanzberatung bis zu 3,395 Prozent beziehungsweise 3,433 Prozent (beide Payray via Weltsparen). Ohne Vermittler bietet die Crédit Agricole 3,30 Prozent für drei Jahre. Deutsche Einlagensicherung gibt es für diesen Zeitraum bei der Bank11 in Höhe von 3,20 Prozent. Und wer sein Geld aktuell für 10 Jahre entbehren kann, bekommt in Deutschland bis zu 3,50 Prozent Zinsen (PBB Direkt).
Im aktuellen Umfeld können Sparer die Treppenstrategie nutzen. Hierbei liegt nicht das ganze Sparvermögen auf einem einzigen Festgeldkonto, sondern wird mit unterschiedlichen Laufzeiten auf verschiedene Konten aufgeteilt. Flexibilität ist somit im aktuellen Umfeld wichtig, daher sollten Sparer nicht ihr ganzes Vermögen in langfristige Anlagen stecken.
Fürs Tagesgeld sind schon jetzt laut FMH bei einer deutschen Einlagensicherung Neukundenangebote von bis zu 2,3 Prozent zu holen (Bank11 - begrenzt auf sechs Monate).
Nach wie vor profitieren aber längst nicht alle Sparer von der Zinswende. Während an der Marktspitze die Rallye um die höchsten Zinsen immer mehr Fahrt aufnimmt, bieten fast zwei Drittel aller Banken noch immer gar keine Verzinsung auf dem Tagesgeldkonto. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Verivox-Auswertung von 626 Banken und Sparkassen. Insbesondere im regionalen Sektor, also bei den örtlichen Sparkassen sowie den genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken ist die Zinswende vielerorts noch nicht abgekommen. In beiden Institutsgruppen liegen die durchschnittlichen Tagesgeldzinsen nur knapp über der Nulllinie. Bundesweit verfügbare Tagesgeldangebote bringen im Schnitt 0,62 Prozent Zinsen. In diesem Segment haben sich die Zinsen seit der ersten EZB-Zinserhöhung mehr als verzehnfacht.
Ratenkredite
Gleichzeitig klettern wie erwähnt aber auch die Zinsen bei Verbraucherkrediten in die Höhe. Denn wenn die Festgeldzinsen steigen, werden von jeher auch die Ratenkredite teuer. Unerfreulich aus Sicht der Verbraucher. Hier geht es ebenfalls nach oben, denn die Banken nutzen die Festgeld- und Tagesgeldanlagen zur Refinanzierung von Konsumentenkrediten.
Lagen die Zinsen für ein solches Darlehen mit 60 Monaten Laufzeit im Januar 2022 noch bei mittleren 3,70 Prozent, waren es zum Jahresende 2022 bereits 5,95 Prozent. Zwar haben sich Ratenkredite in den letzten Wochen wieder etwas verbilligt. Das allerdings ist keine Tendenz, sondern nur eine kleine, erfreuliche Delle, legt sich die FMH fest.
Ein Vergleich der Konditionen lohnt sich daher mehr denn je. Denn die Spanne der Angebote ist sehr groß. Wer genau hinschaut, wird daher auch in Zukunft Angebote für unter sechs Prozent finden können, auch wenn die Durchschnittszinsen im Frühjahr wohl zwischen 6,5 und 6,75 Prozent liegen dürften. Zum Vergleich: Der Mittelwert der vergangenen 20 Jahre liegt bei 6,53 Prozent.
Das Portal Check24 beobachtete bereits vor der Zinsanhebung im September eine deutlich größere Spanne an vergebenen Zinssätzen. Dies bedeutet, dass Banken Kreditkunden genauer auswählen, insbesondere bei einer knappen Haushaltsrechnung. Was einen Kreditvergleich noch wichtiger macht. Zum Beispiel hier:
Bauzinsen
Vor allem Immobilienkäufer profitierten bei der Finanzierung ihrer Objekte in den vergangenen Jahren von traumhaften Konditionen. Auch wenn das die Nachfrage und - wegen des beschränkten Angebots - die Preise in die Höhe trieb. Doch die Bauzinsen haben sich seit Jahresbeginn 2022 bereits mehr als vervierfacht. Laut FMH liegt der Durchschnittszinssatz für ein Fünf-Jahres-Darlehen derzeit im Schnitt bei aktuell 3,78 Prozent, für zehn Jahre zahlen Kunden 3,63 Prozent, 15 Jahre fest kosten 3,81 Prozent und 20 Jahre fest gibt es für 3,85 Prozent.
Dabei beeinflusst die EZB-Entscheidung die Bauzinsen nur indirekt. Wichtigster Indikator sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen. Denn sie bestimmten maßgeblich die Renditen für Pfandbriefe, die wiederum von Banken für die Refinanzierung von Immobilienkrediten genutzt werden. Doch Check24 hatte sich bereits im September letzten Jahres festgelegt und prognostiziert, dass sich in jedem Fall die durchschnittliche Baufinanzierung bis Ende dieses Jahres um einige Tausend Euro innerhalb der Laufzeit verteuert. Zudem agieren Banken restriktiver bei der Kreditvergabe. Bei laufenden Hypothekenkrediten ändert sich hingegen nichts.
Wer vor der Entscheidung für eine längere oder kürzere Zinsbindung steht, muss daher überlegen, welche Zinsentwicklung er erwartet. Geht man davon aus, dass die Zinsen in fünf Jahren deutlich niedriger sein werden als heute, empfiehlt sich eine kurze Laufzeit. Geht man hingegen davon aus, dass sich die Zinsen eher nach oben bewegen, wäre eine langfristige Absicherung von 20 Jahren sinnvoll. Sicherheit kostet Geld, schafft aber langfristige Gewissheit über die eigene Belastung.
Dispozinsen beim Girokonto
Wer gerade etwas klamm ist, überzieht nicht selten sein Konto und nutzt den Dispokredit, um den Engpass zu überwinden. Was meist keine gute Idee ist. Vor allem in Zeiten steigender Zinsen. Abgesehen davon, steigen auch die Dispozinsen durch die Zinswende, da sich die Geldinstitute am EZB-Leitzins orientieren. So liegt der aktuelle Durchschnittszins eines Dispokredits derzeit laut FMH bei 10,51 Prozent. Der Zins für die Überziehung des Disporahmens beträgt demnach 11,93 Prozent. Abgesehen davon sollte Schuldnern klar sein, dass der Dispokredit zum Girokonto meist der teuerste Kredit der Bank ist. Sie sollten ihn nur ausnahmsweise und für kurze Zeit in Anspruch nehmen.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 02. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, awi