EZB hebt Leitzinsen erneut an Was die neuerliche Zinserhöhung für Sie bedeutet

Geld wird nochmal teurer.
(Foto: imago images/Kirchner-Media)
Mit einer erneuten Leitzinserhöhung der EZB um 0,25 auf nunmehr 3,75 Prozentpunkte verbessert sich die Perspektive für Sparer nochmals. Im Gegenzug werden sich aber auch Kredite verteuern, was sich wohl auch bei der Immobilienfinanzierung zeigen wird.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erneut auf die weiterhin hohen Inflationsraten im Euroraum reagiert und den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB besorgen können, im Euroraum nochmals um moderate 0,25 Prozent auf nun 3,75 erhöht. Parken Banken hingegen Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig ebenfalls einen Viertel-Prozentpunkt mehr - nämlich 3,25 Prozent Zinsen.
Und auch wenn der Zinsschritt vergleichsweise moderat ausfiel, betonten die Währungshüter, dass künftige Entscheidungen sicherstellen werden, dass die Leitzinsen auf ein ausreichend restriktives Niveau gebracht werden, um die Inflation auf die angestrebten zwei Prozent zurückzudrängen, um dann so lange wie nötig auf diesem Niveau gehalten zu werden.
Heißt wohl soviel wie, dass weiter steigende Zinsen in den kommenden Monaten nicht vom Tisch sind und mit Zinssenkungen derzeit eher nicht zu rechnen ist. Die nächste Ratssitzung zum Thema erfolgt am 15. Juni.
Vor allem Sparer dürfte die bereits siebte Zinserhöhung in Folge freuen. Aber wie zuvor relativieren sich die Maßnahmen, wenn bedacht wird, dass die Teuerungsraten in der Eurozone und in Deutschland im April dieses Jahres bei immer noch 7,0 beziehungsweise hierzulande bei erwarteten 7,2 Prozent lagen. Womit die Zinsen, die es fürs Ersparte gibt, weiterhin real stark negativ sind.
Darauf, was die Erhöhung der Leitzinsen für Verbraucher bedeutet, haben diverse Vergleichsportale einen kritischen Blick geworfen. Betrachtet wurden die Bereiche Baufinanzierung, Geldanlage, Girokonto und Ratenkredite.
Tages- und Festgeldkonten
Bereits die EZB-Entscheidungen von Juli, September, Oktober, Dezember 2022 sowie Februar und März 2023 hatten für steigende Zinsen auf Tagesgeldkonten gesorgt, auch bei neu abgeschlossenen Festgeldern war ein deutlicher Zinsanstieg spürbar. Für ein einjähriges Festgeld mit deutscher Einlagensicherung sind derzeit 3,050 Prozent Zinsen zu holen (Akbank). Bei Geldhäusern in der EU sind es bis zu 3,579 Prozent (Haitong Bank via Weltsparen).
Bei Laufzeiten von drei Jahren gibt es laut FMH-Finanzberatung bis zu 4,035 Prozent (Banca Sistema via Weltsparen). Ohne Vermittler bietet die J&T Direktbank 3,60 Prozent für drei Jahre. Deutsche Einlagensicherung gibt es für diesen Zeitraum bei der Bank11 und der IKB Deutsche Industriebank in Höhe von 3,50 Prozent. Und wer sein Geld aktuell für 10 Jahre entbehren kann, bekommt in Deutschland bis zu 3,60 Prozent Zinsen bei der BKM Bausparkasse Mainz und 3,50 Prozent bei der IKB und der PBB Direkt.
Im aktuellen Umfeld können Sparer die Treppenstrategie nutzen. Hierbei liegt nicht das ganze Sparvermögen auf einem einzigen Festgeldkonto, sondern wird mit unterschiedlichen Laufzeiten auf verschiedene Konten aufgeteilt. Flexibilität ist somit im aktuellen Umfeld wichtig, daher sollten Sparer nicht ihr ganzes Vermögen in langfristige Anlagen stecken. Laut Check24 ist die Markterwartung, dass die Sparzinsen in ein bis zwei Jahren wieder sinken könnten.
Immer mehr Banken werben mit vergleichbaren Sonderangeboten um neue Kunden. Offeriert werden dabei Tagesgeldzinssätze bis 3,30 Prozent. Die besonders attraktiven Aktionszinsen gelten in der Regel aber nur für einige Monate, danach wird das Guthaben zu meistens deutlich niedrigeren Bestandskundenkonditionen weiter verzinst.
Den höchsten Zinssatz bietet derzeit laut FMH die Renault Bank direkt. Neukunden bekommen hier 3,30 Prozent Zinsen für ganze sechs Monate auf ihr Tagesgeldguthaben garantiert. Ab dem siebten Monat fällt der Zinssatz allerdings auf denjenigen für Bestandskunden - derzeit immerhin auch 2,30 Prozent pro Jahr.
Nach wie vor profitieren aber längst nicht alle Sparer von der Zinswende. Laut einer aktuellen Analyse des Vergleichsportals Verivox zahlen von 688 ausgewerteten Banken und Sparkassen 222 nach wie vor keine Tagesgeldzinsen. Das entspricht einem Anteil von 32 Prozent. Vor allem bei den Regionalbanken gehen die Sparer oft immer noch leer aus. 34 Prozent der insgesamt 283 ausgewerteten Sparkassen zahlen keine Tagesgeldzinsen. Mit 37 Prozent sogar noch etwas höher ist dieser Anteil unter den 332 regionalen Genossenschaftsbanken in der Auswertung. In diese Gruppe gehören die örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken.
Bei Banken mit einem deutschlandweit verfügbaren Tagesgeldangebot erhalten Sparer im Schnitt 0,97 Prozent Zinsen. Damit sind die durchschnittlichen Zinsen hier fast fünfmal so hoch wie bei den Sparkassen (0,22 Prozent) oder den Volks- und Raiffeisenbanken (0,19 Prozent).
Ratenkredite
Gleichzeitig klettern aber auch die Zinsen bei Verbraucherkrediten in die Höhe. Denn wenn die Festgeldzinsen steigen, werden von jeher auch die Ratenkredite teuer. Unerfreulich aus Sicht der Verbraucher. Hier geht es ebenfalls nach oben, denn die Banken nutzen die Festgeld- und Tagesgeldanlagen zur Refinanzierung von Konsumentenkrediten. Lagen die Zinsen für ein solches Darlehen mit 60 Monaten Laufzeit im Januar 2022 noch bei mittleren 3,70 Prozent, waren es zum Jahresende 2022 bereits 5,95 Prozent. Derzeit liegen sie laut FMH im Schnitt bei 6,59 Prozent für den genannten Zeitraum.
Ein Vergleich der Konditionen lohnt sich aber. Denn die Spanne der Angebote ist sehr groß. Wer genau hinschaut, findet auch Angebote für deutlich unter sechs Prozent. Zum Vergleich: Der Mittelwert der vergangenen 20 Jahre liegt bei 6,67 Prozent.
Das Portal Check24 beobachtete bereits vor der ersten Zinsanhebung im September eine deutlich größere Spanne an vergebenen Zinssätzen. Dies bedeutet, dass Banken Kreditkunden genauer auswählen, insbesondere bei einer knappen Haushaltsrechnung. Was einen Kreditvergleich noch wichtiger macht. Zum Beispiel hier:
Bauzinsen
Die Bauzinsen haben sich seit Jahresbeginn 2022 bereits mehr als vervierfacht. Laut FMH liegt der Durchschnittszinssatz für ein Zehn-Jahres-Darlehen laut FMH bei derzeit 3,82 Prozent.
Dabei beeinflusst die EZB-Entscheidung die Bauzinsen nur indirekt. Wichtigster Indikator sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen. Denn sie bestimmten maßgeblich die Renditen für Pfandbriefe, die wiederum von Banken für die Refinanzierung von Immobilienkrediten genutzt werden. In den vergangenen Wochen haben viele Banken ihre Baufinanzierungszinsen leicht gesenkt. Check24 vermutet aber, dass die Bauzinsen kurzfristig voraussichtlich erst einmal auf dem aktuellen Niveau verharren, aber durch weitere Zinserhöhungen der EZB wieder in Richtung vier Prozent oder sogar darüber hinaus gehen.
Konkret bedeutet die verteuerte Baufinanzierung zu einem effektiven Zinssatz (die Gesamtkosten, die für einen bestimmten Kreditbetrag insgesamt bezahlt werden müssen) von 4,0 Prozent für ein Darlehen über 500.000 Euro einen höheren Zinsaufwand von rund 142.000 Euro bis zum Ende der zehnjährigen Sollzinsbindung. Anfang des Jahres lag der effektive Zinssatz noch bei 0,8 Prozent. Sollten die Bauzinsen sogar auf fünf Prozent steigen, würde dies den Kredit bei Neuabschlüssen um circa 171.000 Euro verteuern, bei jeweils einer verbleibenden Restschuld von weit über 300.000 Euro. Die monatlichen Belastungen würden sich so auf über 3300 Euro belaufen. Bei drei Prozent Tilgung. Zudem agieren Banken restriktiver bei der Kreditvergabe. Bei laufenden Hypothekenkrediten ändert sich hingegen nichts.
Wer vor der Entscheidung für eine längere oder kürzere Zinsbindung steht, muss daher überlegen, welche Zinsentwicklung er erwartet. Geht man davon aus, dass die Zinsen in fünf Jahren deutlich niedriger sein werden als heute, empfiehlt sich eine kurze Laufzeit. Geht man hingegen davon aus, dass sich die Zinsen eher nach oben bewegen, wäre eine langfristige Absicherung von 20 Jahren sinnvoll. Sicherheit kostet Geld, schafft aber langfristige Gewissheit über die eigene Belastung.
Dispozinsen beim Girokonto
Wer gerade etwas klamm ist, überzieht nicht selten sein Konto und nutzt den Dispokredit, um den Engpass zu überwinden. Was meist keine gute Idee ist. Vor allem in Zeiten steigender Zinsen. Abgesehen davon, steigen auch die Dispozinsen durch die Zinswende, da sich die Geldinstitute am EZB-Leitzins orientieren. So liegt der aktuelle Durchschnittszins eines Dispokredits derzeit laut FMH bei 11,27 Prozent. Der Zins für die Überziehung des Disporahmens beträgt demnach 12,50 Prozent. Abgesehen davon sollte Schuldnern klar sein, dass der Dispokredit zum Girokonto meist der teuerste Kredit der Bank ist. Sie sollten ihn nur ausnahmsweise und für kurze Zeit in Anspruch nehmen.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 04. Mai 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de