Beschädigte Rücksendungen Was müssen Händler akzeptieren?
22.10.2016, 21:28 Uhr
Besonders hoch sind die Retourenquoten im Textilhandel.
(Foto: imago stock&people)
Kleidung, die schon einmal getragen wurde oder verkratzte Elektrogeräte - längst nicht alles, was in den Retourenabteilungen der Versandhändler eingeht, kann ohne weiteres weiter verkauft werden. Wie weit geht das Widerrufsrecht?
Schuhe bestellen, ohne zu wissen ob sie passen? Darauf lassen sich Kunden nur ein, wenn sie wissen, dass sie die Ware auch wieder zurückschicken können. Das großzügige Widerrufsrecht ist eine Voraussetzung für den Erfolg von Zalando und Co. Gleichzeitig ist es für Online-Händler aber auch eine echte Plage. In fast der Hälfte aller Rücksendepakete finden die Retourenabteilungen auch beschädigte Ware. Das berichtet die "Wirtschaftswoche" unter Berufung auf eine großangelegte Studie des Händlerbundes. Europas größter Onlinehandelsverband hatte dafür gut 850 Händler aus Deutschland und anderen EU-Ländern befragt. Amazon und Zalando wurden dabei allerdings nicht berücksichtigt, weil sie nicht Mitglieder des Verbands sind.
Die Zahlen fallen drastisch aus: 44 Prozent aller Rücksendungen seien schadhaft, monierten die Händler. Bei Kleidung sieht die Sache etwas besser aus. Hier lag die Quote bei 18 Prozent, allerdings lassen sich die Rückläufer hier auch besonders schwer weiterverwerten. Was passiert eigentlich mit zurückgeschickter Ware? Wo hören die Verbraucherrechte auf und wo fängt der Betrug an? Und woran müssen sich Kunden halten, wenn sie Ware zurückschicken?
Wie ist die Rechtslage?
2014 wurden die Vorschriften zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen neu gefasst. An der wichtigsten Regel hat sich aber nichts geändert: Kunden können bestellte Ware innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt zurückschicken. Gründe müssen sie dafür nicht nennen. Neu ist, dass man dafür einen ausdrückliche Widerrufserklärung abgeben muss. Das ist weniger kompliziert als es sich anhört, die Verkäufer haben Musterformulare für Retouren. Geht das Paket auf dem Rückweg verloren, hat der Händler Pech gehabt. Er trägt das Rücksenderisiko. Der Kunde muss aber gegebenenfalls einen Einlieferungsbeleg vorlegen.
Das Rücksendeporto müssen die Kunden selbst tragen, unabhängig vom Warenwert. Viele Anbieter werben aber damit, die Kosten zu übernehmen. Wer das Paket einfach unfrei zurückschickt, bekommt die Extrakosten in Rechnung gestellt. Ablehnen darf der Versender die Retoure aber nicht. Apropos Porto: Gibt der Kunde die komplette Bestellung zurück, muss die der Händler auch die Hinsendekosten erstatten, wenn denn welche angefallen sind. Für die Erstattung hat der Verkäufer 14 Tage Zeit, man muss also nicht ewig auf sein Geld warten.
Wie intensiv darf man testen?
Sitzt die Jeans? Wie satt ist der Sound der Kopfhörer? Macht die Kaffeemaschine guten Kaffee? Anders als im Laden kann man die Ware bei Bestellungen nicht vorher in die Hand nehmen, an- oder ausprobieren oder sich vorführen lassen. Deshalb gibt es das Widerrufsrecht. Aber wie weit darf die Prüfung gehen? Vereinfacht gesagt: Man darf die Ware so prüfen, wie man das auch beim Kauf vor Ort tun könnte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Auch beim Anprobieren in der Umkleidekabine können Makeup oder Deospuren an der Kleidung zurückbleiben. Das wird dann auch bei Rücksendungen zu tolerieren sein. Auch im Geschäft kann die Verpackung Schaden nehmen, wenn man einen Artikel herausnimmt. Onlinehändler können also nicht verlangen, dass die Ware in Originalverpackung zurückgegeben wird.
Was sie aber können: Wertersatz verlangen, wenn ein Produkt beim Testen und Ausprobieren nachweisbar beschädigt worden ist. Das hat gerade erst der Bundesgerichtshof klargestellt. Onlinekäufer sollen dem Urteil zufolge nicht mehr Rechte genießen als Kunden im Laden. Wenn Ware also mit Kratzern oder anderen Schäden zurückkommt, kann der Händler die Rückerstattung kürzen – aber auch nur, wenn er den Kunden über diese Möglichkeit belehrt hat. Im Fall der oben erwähnten Kaffeemaschine müssten Kunden beim intensiven Testen wahrscheinlich Abschläge in Kauf nehmen. Angucken und Anfassen geht auch im Geschäft. Probebrühen aber eher nicht.
Kleidung, die offensichtlich schon getragen wurde, müssen die Händler gar nicht zurücknehmen. Viele akzeptieren zum Beispiel keine Retouren, wenn die Etiketten schon entfernt wurden. Bei Software, DVDs oder CDs gilt das Widerrufsrecht ohnehin nur für versiegelte Ware.
Was passiert mit der zurückgeschickten Ware?
Zunächst müssen die Händler prüfen, ob die Kunden überhaupt die richtige Waren zurückgesendet haben. Unbeabsichtigt landen bisweilen ganz andere Dinge als angegeben im Paket. Manchmal hat das aber auch Methode. In der Umfrage berichteten die Händler von Betrugsmaschen, bei denen die Originalware durch billige Duplikate ersetzt wird. Solche Fälle sind aber die Ausnahme.
Ein Großteil der Rückläufer wandert ohne größere Umwege zurück ins Lager, gegebenenfalls wird die Verpackung erneuert. Manchmal ist eine Nachbearbeitung notwendig. Bei Kleidung heißt das beispielsweise: Waschen und bügeln. Wenn sich Nutzungsspuren nicht beseitigen lassen, bleibt nur noch der Verkauf als B-Ware. Gerade bei Elektroartikeln kommt das häufig vor. Manche Markenhersteller machen auch Tabula rasa, wenn sie Waren nicht zum Originalpreis verkaufen können. B-Ware wird dann nicht billiger, sondern einfach eingestampft.
Quelle: ntv.de