Stiftung Warentest investigativ "Wir kaufen Ihren gebrauchten PKW"
26.05.2016, 13:22 UhrKaum steht das Auto für ein paar Stunden auf dem Parkplatz, schon steckt hinter der Scheibe oder am Türgriff ein Plastikkärtchen. Offeriert wird ein Kaufinteresse zum Höchstpreis. Wer steckt hinter den Karten und was taugen die Angebote?
Vor allem für Autobesitzer in Großstädten ist es ein bekanntes Phänomen: die bunten Plastikkärtchen am parkenden Auto. Denn kaum ist der Wagen für ein paar Stunden abgestellt, findet der Besitzer eine Kaufofferte im Scheckkartenformat hinter der Windschutzscheibe oder am Türgriff. Manch einer sammelt die farbigen Angebote, andere werfen sie umgehend auf die Straße. Was keine gute Idee ist, denn hierbei handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von 35 Euro geahndet werden kann.
Stiftung Warentest hingegen wollte wissen, wer hinter den vollmundigen Angeboten wie "Bei uns sind Sie richtig" oder "Wir kaufen Ihren Gebrauchten zu Höchstpreisen" steckt. Vier Karten sind schnell gesammelt, vier entsprechende Anrufe zu tätigen auch. Doch zuerst lassen die Tester einen 15 Jahre alten Opel Corsa vom ADAC auf seinen Wert schätzen. Auf rund 1400 Euro wird das Fahrzeug dort taxiert. Recherchen im Internet ergeben einen möglichen Preis von 1700 Euro.
Nun werden die Händler kontaktiert. Zwischen freundlich, eloquent und düster- bedrohlich ist alles dabei. Immer handelt es sich um Männer arabischer Herkunft. Die Rahmendaten des Objektes der Begierde werden kurz abgecheckt: welches Modell, Baujahr, Kilometer, Preis? Das darauf folgende Angebot liegt zunächst bei allen potenziellen Käufern weit unter dem ermittelten Wert des Fahrzeuges. Zwischen 600 und 1000 Euro liegen die Angebote. Viel zu wenig.
Nicht unseriös, nur gewieft
Doch wer stur bleibt, die Nerven behält und sich von den vielfach geäußerten Lamentis wie "der Wagen ist zu alt" nicht einwickeln lässt, kann deutlich mehr herausholen. Letztendlich bessern alle Interessenten ihre Angebote deutlich auf. Nun liegen die Offerten zwischen 1100 und 1400 Euro.
Direkt verboten ist der "Kärtchenverkauf" übrigens nicht. Die Werbung als unerlaubte Sondernutzung der Straße hingegen schon. Die ist genehmigungspflichtig - was aber nur den Käufer betrifft. Verkäufer sollten sich keinesfalls von den geübten Händlern überrumpeln oder einschüchtern lassen. Wobei es bei den Testverkäufen zu keiner tatsächlichen Bedrohung kam. Dennoch sollte möglichst zu dem Verkaufsgespräch eine zweite Person mitgenommen werden, um die eigene Verhandlungsposition zu stärken. Desweiteren sollte der Wagen bei einem Treffen schon von allem privaten Sachen befreit sein. Denn so gerne und lange die Käufer reden und diskutieren, so kurzentschlossen greifen sie dann doch zu. Am liebsten zahlen sie bar und nehmen den Wagen danach gleich mit.
Warentest rät außerdem dringend dazu, den "Ausschluss jeglicher Gewährleistung" in den Kaufvertrag zu schreiben. Sonst muss für etwaige Mängel des Wagens eingestanden werden. Am besten wird dazu ein eigenes Vertragsformular verwendet, welche es im Internet gibt. Wichtig ist zudem, dass Fahrzeuge vor dem Verkauf abgemeldet werden. Ansonsten steht der Verkäufer für einen möglichen Versicherungsbetrug und die Kfz-Steuern gerade, falls der Verkäufer dies nicht tut.
Die Autos sind übrigens für den Export bestimmt. Teurere Modelle werden durch den Exporteur zunächst aufgemöbelt und danach teuer ins Ausland verkauft. Wer sein Auto verkaufen möchte, sollte dies zunächst über den Privatmarkt im Netz versuchen, raten die Tester. Bei alten Autos, vor allem ohne TÜV, kann sich hingegen ein "Kärtchenverkauf" lohnen. Zumindest für den, der das nötige Verhandlungsgeschick mitbringt.
Quelle: ntv.de, awi