Negatives Signal für Konjunktur Experten nennen US-Strafzölle "Warnschuss"
04.10.2019, 14:48 Uhr
Die deutsche Wirtschaft profitiert stark vom transatlantischen Handel. Die Strafzölle der USA auf EU-Produkte könnten sie daher hart treffen.
(Foto: imago/Winfried Rothermel)
Maschinen, Flugzeugteile, Kaffee, Kekse: Als Ausgleich für unerlaubte Airbus-Subventionen dürfen die USA Strafzölle auf über 150 Produkte aus der EU erheben. Der WTO-Entscheid ist für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ein Rückschlag - und ein Signal, dass es noch schlimmer kommen kann.
Die angekündigten US-Strafzölle gegen die EU sind ein herber Rückschlag für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Flugzeugteile, Werkzeuge und Maschinen stehen ebenso auf der Liste des US-Handelsministeriums wie Kaffee, Kekse oder Liköre. Insgesamt könnten knapp 150 unterschiedliche Produkte betroffen sein.
Die Welthandelsorganisation WTO hatte am Mittwochabend den USA grünes Licht gegeben, Strafzölle auf europäische Produkte im Wert von 7,5 Milliarden Dollar zu erheben. Auslöser waren die Subventionen mehrerer EU-Länder für den europäischen Flugzeugbauer Airbus. Die WTO hat sie als wettbewerbsverzerrend eingestuft.
Laut Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sind von der neuen Zollrunde deutsche Exporte im Volumen von 2,1 Milliarden Euro betroffen. Drei Viertel davon entfallen auf Flugzeuge. Airbus trifft es somit am härtesten. Bei Wein, Schnaps und Likören geht es nach Angaben der Experten um ein Volumen von rund 200 Millionen, bei Werkzeugen um 144 Millionen und bei Baggern und ähnlichen Maschinen um 115 Millionen Euro. Weitere 100 Millionen Euro entfallen laut IfW auf ein Sammelsurium von Süßwaren, Kaffee und Milchprodukten.
Aus Sicht von Institutsleiter Gabriel Felbermayr hätte es jedoch noch schlimmer kommen können. Es sei lediglich ein "Warnschuss", denn tatsächlich könnten die USA nach geltendem WTO-Recht noch sehr viel höhere Zölle erheben als sie es nun angekündigt haben. "Der wirtschaftliche Schaden für die EU ist deutlich kleiner als man vor der Veröffentlichung der Liste annehmen musste." Es werde ein durchschnittlicher Zoll von 13,5 Prozent erhoben, möglich wären bis zu 100 Prozent gewesen, sagt Felbermayr n-tv.de.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, sieht die neuen Zölle gegenüber n-tv.de dennoch kritisch. Die Entwicklung sei ein "äußerst negatives Signal" für die schwächelnde Weltkonjunktur und für die stark vom Export abhängige deutsche Wirtschaft. "Sollten demnächst noch die auf Eis liegenden Autozölle hinzukommen, würde das den Welthandel regelrecht erschüttern und in besonderer Weise den deutschen Export belasten."
"Die wahre Flaute werden Unternehmen erst noch erleben"
Der DIHK rechnet für die Exportwirtschaft in diesem Jahr lediglich mit einem minimalen Wachstum knapp über Null. Angesichts eines langjährigen Durchschnittswachstums von rund fünf Prozent sei der Entscheid deshalb "eine herbe Enttäuschung". Schweitzer fürchtet ebenfalls, dass es noch schlimmer kommen könnte. Sollten sich die Dinge im wichtigen deutsch-amerikanischen Handel weiter zuspitzen, "werden unsere Unternehmen die wahre Flaute erst noch erleben".
Auch Galina Kolev, Leiterin der Forschungsgruppe Gesamtwirtschaftliche Analysen und Konjunktur beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW), zeigt sich besorgt, weil Deutschland gerade auf Maschinen und Werkzeuge spezialisiert sei und viele dieser Produkte in die USA exportiere. Doch auch wenn die Liste lang sei, seien die Zölle an sich noch kein "Weltuntergang" , sagt Kolev n-tv.de. Kritischer sieht die Ökonomin einen anderen Effekt der Strafzölle: Dass die USA den Handelskonflikt über legale bzw. WTO-konforme Wege eskalieren könne, sei "keine gute Nachricht". Investoren werde das vorsichtiger stimmen. "Die sowieso global herrschende wirtschaftspolitische Unsicherheit wird sich verschärfen."
Einig sind sich die Wirtschaftsexperten weiterhin darin, dass die Zollspirale beiden Seiten schaden und das Wirtschaftswachstum generell gefährden wird. Sie hoffen deshalb weiterhin, dass sich EU und USA am Verhandlungstisch einigen werden. Schließlich ist im nächsten Jahr auch mit einem weiteren Urteil der WTO zu rechnen. Dann geht es um US-Subventionen für den US-Flugzeugbauer Boeing, der ebenso wie Airbus mit Subventionen unterstützt wurde. Es ist davon auszugehen, dass die EU umgekehrt ebenfalls das Recht erhalten wird, Strafzölle gegen die USA zu erlassen.
Quelle: ntv.de