Habeck sagt Mini-Wachstum voraus Schlimmer als Krise
29.01.2025, 16:45 Uhr
Deutschlands Wirtschaftsleistung ist seit 2019 nicht nennenswert gewachsen. Das wird auch dieses Jahr so bleiben.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Wirtschaftsminister Robert Habeck schraubt die offizielle Wirtschaftsprognose herunter. Die Lage ist schlecht. Noch schlimmer ist allerdings, dass weder Regierungs- noch Oppositionsparteien die wirtschaftspolitischen Herausforderungen annehmen.
Es ist ein Offenbarungseid des scheidenden Wirtschaftsministers: Deutschlands Wirtschaft wird auch in diesem Jahr wahrscheinlich so gut wie nicht wachsen. Das ist keine Überraschung. Nun steht es auch offiziell im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung, den Robert Habeck vorgestellt hat.
Die Lage der deutschen Wirtschaft ist dabei noch schlechter, als die Zahl auf den ersten Blick erscheinen mag: Null, oder genau 0,3 Prozent Wachstum ist streng genommen immerhin keine Rezession, kein Absturz. Habeck verweist zu Recht darauf, dass die Ampel-Regierung einen drohenden Einbruch der Wirtschaftsleistung im Zuge der Energiekrise nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine abwenden konnte. Das war eine anerkennenswerte Leistung.
Doch ein weiteres Jahr Stagnation, das jetzt ansteht, bedeutet, dass Deutschlands Wirtschaftsleistung sich Ende 2025 etwa auf dem Niveau von 2019 befinden wird. Vor allem aber ist auch danach kein Aufschwung in Sicht, der diesen Namen verdient. Das Wachstumspotenzial für die kommenden Jahre wird etwa von den Wirtschaftsweisen auf gerade noch 0,5 Prozent im Jahr geschätzt. Das ist gravierender als ein tiefer, aber kurzer Einbruch des Bruttoinlandsprodukts, wenn danach ein Aufschwung folgt
Habeck trägt die Verantwortung für dieses Desaster nicht allein. Seine handwerklichen Fehler und das Chaos in der Ampel-Koalition haben die Lage allerdings verschlimmert. Beispiele dafür sind das plötzliche Aus der E-Auto-Förderung oder die Posse um das sogenannte Heizungsverbot. Vor allem lässt der grüne Kanzlerkandidat einen angemessenen Plan vermissen, wie er Deutschlands Wirtschaft aus dieser tiefsitzenden Wachstumsschwäche herausführen will. Die Wachstumsinitiative der Regierung, die aufgrund des Ampel-Aus nicht umgesetzt wurde, hätte die Lage nur wenig verbessert. Habecks unbeholfener Vorstoß, mit Kapitaleinkünften Löcher in der Sozialversicherung zu stopfen, enthüllt eine erschreckende Konzeptlosigkeit.
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Binsen für ein Weiter-So
In dieser Lage wäre es beruhigend, wenn wenigstens die Opposition mit einem schlüssigen Reformkonzept anträte. Oder wenn die Wirtschaftsverbände der Politik einen entsprechenden Forderungskatalog präsentierten, der die Grundlage für eine Wachstumsagenda nach der Wahl sein könnte. Doch Vertreter von Union, FDP und Unternehmensverbänden haben - wie sie heute auf dem sogenannten Wirtschaftswarntag diverser Lobbygruppen wieder unter Beweis stellen - außer ein paar liberalen Binsen nicht viel zu bieten: Bürokratieabbau, Steuersenkungen, Senkung der Lohnkosten.
Diese Forderungen aus dem Wirtschaftslager sind nicht per se falsch, sie laufen aber bestenfalls darauf hinaus, Deutschlands offenkundig nicht mehr tragfähiges Wirtschaftsmodell etwas aufzupolieren. Also auf ein Weiter-So. Die Weltwirtschaft, in der dieses industrie- und exportlastige Modell einst funktionierte, existiert aber nicht mehr. Die globalen Märkte und Lieferketten sortieren sich vollkommen neu, technologische Durchbrüche schaffen ganz neue Wirtschaftszweige und machen traditionelle Branchen teilweise obsolet, der demografische Wandel und die Klimakatastrophe haben ihre volle Wucht noch gar nicht entfaltet. Deutschland braucht für diese neue Welt ein neues Geschäftsmodell. Dass keine der großen Parteien diese Herausforderung annimmt, ist das, was an der aktuellen Wirtschaftskrise am meisten beunruhigt.
Quelle: ntv.de