Wissen

Keine Entwarnung Aids nimmt weiter zu

Tödliche Krankheit mit vier Buchstaben? Längst nicht mehr alle denken bei dieser Frage gleich an Aids. Die einst gefürchtete Seuche schafft es nur noch selten in die Schlagzeilen und wenn doch, dann ist oft von Fortschritten in der Behandlung die Rede.

Bei vielen erweckt das den Eindruck, Aids sei keine Gefahr mehr und Schutz davor nicht mehr wichtig - eine gefährliche Entwicklung, warnen Experten anlässlich des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember. Ein möglicher Ausbruch der Vogelgrippe in Deutschland war zuletzt ein großes Aufreger-Thema. Davor fürchteten sich viele vor der Infektionskrankheit SARS oder vor dem Rinderwahnsinn - hervorgerufen durch verseuchtes Fleisch. "Dabei ist der Eindruck entstanden, Aids sei gar nicht mehr so eine brisante Sache", sagt Elisabeth Pott von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln.

Doch das lässt sich mit neuen Zahlen widerlegen: "In Deutschland leben etwa 45.000 Menschen mit einer HIV-Infektion, jährlich kommen etwa 2000 neue hinzu", sagt Pott. Diese Infektion ist die Vorstufe zu Aids, erklärt Volker Mertens von der Deutschen Aids-Stiftung in Bonn: "Man spricht so lange von HIV, wie ein Patient beschwerdefrei ist."

Gemessen an den weltweit rund 40 Millionen Patienten sind hier zu Lande nur wenige von HIV und Aids betroffen -Entwarnung bedeutet das trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil: "Die Zahl der Neuinfektionen mit HIV im ersten Halbjahr 2005 ist gegenüber dem ersten Halbjahr 2004 um 20 Prozent gestiegen", sagt Elisabeth Pott. "Es gab in Deutschland noch nie so viele HIV-positive Menschen wie im Moment", ergänzt Volker Mertens.

"Und wenn schon, mit Aids lässt sich heute doch leben", glauben viele Jugendliche, aber auch Erwachsene -ein gefährlicher Irrtum. Es sei ein Problem, dass immer wieder zu hören ist, das Heilmittel sei so gut wie gefunden, erklärt Mertens. Denn bisher haben sich solche Meldungen nie bewahrheitet. "Aids ist noch immer eine tödliche Krankheit", warnt Rainer Schütz von der Beratungsstelle "Nummer gegen Kummer" in Wuppertal. Jährlich müssen in Deutschland die Verwandten und Freunde von rund 700 Menschen diese Erfahrung machen.

Tatsache ist lediglich, dass es inzwischen gute Möglichkeiten zum Behandeln von HIV-Patienten gibt, die ihnen lange Zeit ein weitgehend ungestörtes Leben ermöglichen. Während dieser Phase ist ihnen die Krankheit auch nicht anzusehen, wie Mertens erklärt: "Es können auch Bodybuilder-Typen HIV-positiv sein." Doch die Medikamente verzögern den Aids-Ausbruch nur - und sie haben Nebenwirkungen. "Das ist nicht einfach wie eine Kopfschmerztablette zu schlucken."

Aids sei nur für schwule Männer und Drogenabhängige ein Problem, ist ein weiteres, unter Heterosexuellen verbreitetes Vorurteil, das Experten ein Dorn im Auge ist. In der Tat sind in Deutschland viele schwule Männer unter den HIV-positiven Menschen. "Dennoch sind auch Heterosexuelle betroffen, und auch hier steigt die Zahl der Neuinfektionen", erläutert Elisabeth Pott von der BZgA.

Deshalb gilt weiterhin, was nicht nur Rainer Schütz betont: "Man sollte immer mit einem Kondom verhüten." Wer sich ins Nachtleben stürzt und mit der Möglichkeit rechnen kann, dass "es" passiert, hat am besten immer eines oder mehrere Präservative bei sich. Das gilt auch für Mädchen -denn wer kann garantieren, dass der Traumtyp daran gedacht hat? Befürchtet dieser, im Ernstfall nicht mit dem Kondom zurechtzukommen, kann er vorher in einer ruhigen Minute üben.


Partner - ganz egal ob Junge und Mädchen, zwei Jungs oder zwei Mädchen - sollten die Verhütung auf jeden Fall vor dem ersten Mal zum Thema machen: "Solche Fragen darf man nicht erst klären, wenn es soweit ist", sagt Rainer Schütz. "Das wäre ja auch ein Lustkiller."

Besteht einer der beiden Partner auf Sex ohne Kondom, sollte sich sein Gegenüber auf keinen Fall zu etwas überreden lassen. "Wer sieht, dass der andere auf Schutz vor Aids keinen Wert legt, muss den Mut haben, Nein zu sagen", ermutigt Elisabeth Pott. "Lieber einmal mehr Nein als einmal zu viel Ja sagen", ergänzt Volker Mertens von der Aids-Stiftung. "Denn dieses eine Mal kann fatal sein."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen