Wissen

40 Meter hoher Tsunami Ätna-Ausbruch vor 8000 Jahren

War der Ätna einst wie der legendäre Krakatau? Hat der heute größte Vulkan Europas vor 8000 Jahren eine ähnliche Katastrophe verursacht wie die Vulkaninsel in Indonesien, die sich 1883 selbst in die Luft sprengte und die wohl gigantischste Flutwelle der Neuzeit auslöste? Italienische Wissenschaftler des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie haben jetzt entdeckt, dass der Ätna in neolithischer Zeit einen bis zu 40 Meter hohen Tsunami auslöste, der mit einer Geschwindigkeit von 720 Stundenkilometern innerhalb weniger Stunden die Küsten von drei Kontinenten erreichte. Simulationen am Computer ergaben, dass damals eine Lawine aus Gesteinsmassen Richtung Tal rollte, die ganz Manhattan mit einer Schicht von der Höhe des Empire State Buildings bedeckt hätte.

Die Studie, die in der Zeitschrift "Geophysical Research Letters" veröffentlicht wurde, lässt erahnen, welch gigantische Urkräfte in dem 3.300 Meter hohen Feuerberg schlummern. Nach vier Jahren Ruhepause ist der Ätna erst vor wenigen Monaten wieder zu neuem Leben erwacht. Es grummelt und brodelt im Innerern, während sich immer neue Seitenkrater öffnen und der Berg glühende Gesteinsmassen und Asche in die Luft speit.

Nach Meinung des Zivilschutzes und zahlreicher Experten gibt es jedoch keinen Grund zur Besorgnis, da es sich bislang um eine völlig normale vulkanische Aktivität handelt. Jedoch hatte der deutsche Vulkanologe Boris Behnke von der Universität Catania schon vor Jahren gewarnt: "Das explosive Potenzial des Ätna wird unterschätzt."

Aber auch wenn es bisher hauptsächlich Asche regnet, die Probleme für die Menschen am Fuße des Vulkans sind schon jetzt groß. Bereits knapp ein Dutzend mal musste der Flughafen der angrenzenden Stadt Catania wegen schlechter Sicht gesperrt werden, bis Reggio Calabria auf dem Festland ist der schwarze Vulkanregen bereits gezogen.

Und Bürgermeister Umberto Scapagnini erinnert sich noch gut an die Folgen des letzten größeren Ausbruchs im Jahr 2002, bei dem eine Seibahn zerstört wurde: "In den folgenden drei Jahren hat die Asche sich sehr negativ auf die gesamte Wirtschaft in der Region ausgewirkt", sagt er. "Dieses Mal wollen wir uns nicht von der Asche überrumpeln lassen." Deshalb wurde der Zivilschutz dazu aufgerufen, das Phänomen und eventuell mögliche Schäden konstant zu überwachen.

Die Sizilianer nennen ihren Ätna liebevoll "vulcano buono", den guten Vulkan. Sein Name stammt vom indoeuropäischen Wort "Aidhna", was so viel wie "der die Eigenschaft hat zu brennen" bedeutet. Die Lavaströme sorgen für fruchtbaren Boden, Orangen-, Zitronen- und Feigenbäume gedeihen und die rot glühenden Gesteinsmassen locken immer wieder zahlreiche Touristen an. Zudem ist die Spitze des Vulkans fast das ganze Jahr über mit Schnee bedeckt - auch für Skifahrer hat der Ätna etwas zu bieten.

Wenn da nur die Angst nicht wäre. Einer der schlimmsten Ausbrüche ereignete sich 1669, als die Lavaströme Catania erreichten und tausende Menschen starben. Und 1949 erfolgte eine Eruption, die ganze 13 Monate dauerte. Die Vulkanologin Maria Teresa Pareschi ist überzeugt, dass ein Tsunami - wie der vor 8.000 Jahren - heute nicht auszudenkende Folgen haben würde: Innerhalb von nur 15 Minuten wäre ganz Süditalien überschwemmt, und innerhalb von nur dreieinhalb Stunden würde die Flutwelle Israel, Syrien und den Libanon erreichen. Das wäre dann ungefähr so wie 1883 beim legendären Krakatau.

Von Carola Frentzen, dpa

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen