Versauerung der Meere Auch Fische werden geschädigt
12.12.2011, 12:47 UhrDie Versauerung der Ozeane infolge des Klimawandels bedroht die Fischbestände in den Meeren. Laut Forscherteams aus Kiel und den USA reagieren vor allem frühe Entwicklungsstadien der Fische, also Eier und Larven, empfindlich auf steigende Kohlendioxid-Werte.
Anders als bisher angenommen bleiben Fische von der Ozean-Versauerung nicht verschont, im Gegenteil: Viele ohnehin durch Überfischung gefährdete Arten seien durch den Klimawandel und seine Folgen einer weiteren Bedrohung ausgesetzt.

Klar ist, dass Korallen und Muscheln auf den sinkenden pH-Wert reagieren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre ist seit der industriellen Revolution rapide gestiegen und wird auch in den nächsten Jahrzehnten aller Voraussicht nach weiter stark zunehmen. Derzeit liegt der Anteil an Kohlendioxid in der Atmosphäre bei etwa 390 ppm (parts per million, 390 Teile CO2 pro 1 Million Teile Luft). Das ist weit mehr als in den vergangenen eine Million Jahren. Ein Drittel des überschüssigen Kohlendioxids wird voraussichtlich von den Ozeanen "geschluckt" – das Gas löst sich im Wasser. Dadurch verändert sich die Chemie des Meeres. Das Wasser wird saurer, sein pH-Wert sinkt.
Es ist bekannt, dass sich dies auf zumindest einige marine Lebewesen nachteilig auswirkt, vor allem auf solche, die ein kalkhaltigen Außenskelett besitzen, wie zum Beispiel Muscheln, Schnecken, Korallen oder Krebstiere. Bisher gingen Experten davon aus, dass Fische von den steigendem Kohlendioxid-Werten nicht beeinträchtigt werden. Sie seien in der Lage, ihren Säure-Base-Haushalt effektiv zu regulieren und könnten Veränderungen des marinen pH-Werts somit ausgleichen – so lautete die Annahme. Die aktuellen Untersuchungen belegen nun, dass dies jedoch nicht auf Eier und Larven zutrifft.
Wachstumskurve verändert

Am Kabeljau konnten deutsche Forscher einen negativen Einfluss der Versauerung auch für Fische nachweisen.
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Andrea Frommel vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften und ihre Mitarbeiter hatten Eier und Larven des Kabeljau in großen Versuchsbecken unterschiedlich hohen CO2-Konzentrationen ausgesetzt: einem Kontrollwert, der etwa beim heutigen Kohlendioxid-Anteil liegt, einem mittleren Wert, der gegen Ende des 21. Jahrhunderts erreicht sein wird, und einem hohen Wert, der mehr als zehn Mal über dem heutigen Wert liegt, aber vor allen in Küstennähe zeitweise durchaus erreicht werden dürfte. An den Küsten kommt es zu einem Auftrieb an sauerstoffarmen und kohlendioxidreichem Wasser, so die Forscher – und damit genau dort, wo auch die Larven des Kabeljau vorkommen.
Es zeigte sich nun, dass sich die Wachstumskurve der Larven bei hohen Kohlendioxid-Werten verändert: Zwischen dem 25. und dem 46. Tag nach dem Schlüpfen wuchsen die Larven weiter, obwohl normalerweise zu diesem Zeitpunkt die Energie in die Entwicklung der inneren Organe gesteckt werde, schreiben die Forscher. Außerdem bildeten die Fischlarven viel mehr Fette als Proteine und lagerten diese in den Organen ab. Das Gewebe vieler Organe wurde darüber hinaus stark geschädigt, etwa in Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse oder im Darm.
Starke Schäden im Gewebe
Insgesamt wiesen zwölf Prozent der Larven im mittleren und 75 Prozent im hohen CO2-Bereich starke Schäden in mehreren Geweben auf. Diese waren allerdings vorübergehend. Am Tag 46 waren an den Larven keine Schäden mehr sichtbar. Die Sterblichkeit der Fischlarven untersuchten die Forscher in ihren Experimenten nicht. Sie gehen aber davon aus, dass sich aufgrund der massiven Organverletzungen deutlich weniger Larven als üblich zu ausgewachsenen Fischen entwickeln werden.
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kamen auch die Forscher von der Stony Brook University in New York. Sie hatten die Auswirkungen der Versauerung auf Eier und Larven des Gezeiten-Ährenfisches untersucht, der an den Flussmündungen entlang der Nordamerikanischen Atlantikküste lebt. Setzen sie Eier und Larven bis zum Alter von einer Woche hohen Kohlendioxid-Werten (etwa 1000 ppm) aus, verkürzte sich die Lebensdauer der Larven. Außerdem wuchsen die Larven weniger. Die Eier, so zeigten Versuche, waren am empfindlichsten für die steigenden Kohlendioxid-Werte. Auch ihre Untersuchung widerspräche der allgemeinen Annahme, dass die Ozean-Versauerung den Fischpopulationen nicht schade, schreiben die Wissenschaftler. Die Ergebnisse sind im Journal "Nature Climate Change" nachzulesen.
Quelle: ntv.de, dpa