Affen im Kochtopf Auch Tropenwälder leiden
20.05.2008, 17:57 UhrIn Afrika, Südamerika und Asien landet Affenfleisch traditionell im Kochtopf. Millionen Affen werden nach Angaben der Artenschutzorganisation Pro Wildlife derzeit jedes Jahr verspeist. Immer mehr wird auch mit Affenfleisch gehandelt und Tiere zu kommerziellen Zwecken getötet. Entweder es gibt keine Gesetze gegen die Jagd oder sie werden nicht beachtet. Doch es geht nicht nur um die Affen als bedrohte Art allein. Wissenschaftler aus aller Welt haben zur UN-Naturschutzkonferenz in Bonn jetzt auch für die Umwelt Alarm geschlagen: Wenn Affen ausgerottet werden, dann hat dies auch verheerende Folgen für den Fortbestand und die Struktur der Regenwälder. Denn die Affen tragen zu ihrem Erhalt bei, indem sie mit der Futteraufnahme die Pflanzen- und Baumsamen im Wald verbreiten.
Affenfleisch habe früher nur zur Selbstversorgung einheimischer Gruppen gedient, sagt die Biologin Sandra Altherr von Pro Wildlife. Mittlerweile sei der Affenhandel ein lukratives Geschäft geworden. Diese Kommerzialisierung sei "ein neues Phänomen": "Es wird nicht mehr für den Eigenbedarf gejagt, sondern für Geld." Damit sei "die nachhaltige Jagd" verlassen worden. "In vielen Regenwald-Gebieten sind die großen Affenarten schon verschwunden und die Jäger nehmen immer kleinere Arten ins Visier. Jetzt schießen sie sogar schon auf Totenkopfaffen, die wenig Fleisch haben."
Wichtige Samen-Verbreiter
Neuere wissenschaftliche Studien zu südamerikanischen Regenwäldern zeigen laut Pro Wildlife, dass in Gebieten, in denen einzelne Affenarten ausgerottet sind, bestimmte Baumarten kaum Überlebenschancen haben. Affen seien wichtige Samen-Verbreiter für Hunderte von Baumarten. "Sie forsten den Regenwald auf. Fehlen sie, kann das jeweilige Ökosystem auf längere Sicht aus dem Gleichgewicht geraten."
Manche Samen passieren den Magen-Darm-Trakt der Affen und können dadurch besser keimen. Andere Samen werden erst aus ihren Hülsen befreit, wenn ein Affe die harten Schalen knackt. Einige der größeren Arten wie Klammer- oder Wollaffen legen täglich weite Strecken zurück und verstreuten dabei die Samen. Verschiedene Pflanzen sind auf verschiedene Affenarten angewiesen: Kapuzineraffen verbreiten kleinere Samen, Klammeraffen größere.
Nach Einschätzung internationaler Naturschutzorganisationen steht ein Viertel aller Affen- und Halbaffenarten auch wegen verstärkter Jagd vor der Ausrottung. Dabei gehe es nicht mehr um die unmittelbare Versorgung, sondern um eine neue Einkommensquelle über den Handel mit dem Fleisch.
Affenfleisch als Delikatesse
Affenfleisch tauche inzwischen als Delikatesse auch in Restaurants in Afrika und Brasilien auf, erläutert Altherr. Da gehe es also nicht mehr ums Überleben oder Hunger. Allerdings gebe es auch Hinweise, das etwa in Westafrika vermehrt nach Buschfleisch gejagt werde, da - unter anderem durch EU-Flotten - die Küstengewässer nicht mehr genug Fisch hätten und damit eine wichtige Proteinquelle für die Ernährung nicht mehr zur Verfügung stehe.
Fleisch von Affen und anderen Urwaldtieren aus Afrika landet einer Untersuchung zufolge auch auf Tellern in Westeuropa und Nordamerika. Es werde auf illegalen Märkten in mehreren Großstädten außerhalb Afrikas teuer als Delikatesse verkauft, berichtete das in London erscheinende Magazin "New Scientist". Auf illegalen Fleischmärkten in acht Städten entdeckten Forscher Hände, Beine und Köpfe von Schimpansen und Gorillas. Mehr als 6000 Kilogramm Buschfleisch würden in jedem Monat allein auf diesen Märkten gehandelt.
Mit zu der verstärkten Jagd auf Affen haben auch moderne Waffen beigetragen. "Es wird nicht mehr mit dem Blasrohr gejagt, sondern mit Schusswaffen", sagt Altherr. Auch könnten die Jäger immer tiefer in die Wälder und die letzten Rückzugsgebiete der Tiere vordringen. In Südamerika hat die Wilderei nach Angaben von Pro Wildlife derartige Ausmaße erreicht, dass einige Affenarten bereits lokal ausgerottet sind. Allein im brasilianischen Amazonasgebiet würden jährlich bis zu 5,4 Millionen Kapuziner-, Woll-, Brüll- und Klammeraffen getötet.
Von Edgar Bauer, dpa
Quelle: ntv.de