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Die Sprache der Pandas Baby wird belauscht

Der kleine Fu Long spielt munter mit einem frischen Bambuszweig. Plötzlich stößt der Mini-Panda einen quiekenden Laut aus. Sofort eilt Mutter Yang Yang zu ihrem Sohn, säugt ihn und umarmt ihn zärtlich. Das Rufen des kleinen, noch nicht einmal fünf Monate alten Bären im Wiener Tiergarten Schönbrunn beschäftigt nicht nur die Bärenmutter. Seit der sensationellen Geburt am 23. August wird Fu Long von Wissenschaftlern der Universität Wien "belauscht". Und die ersten Ergebnisse sind bereits überraschend.

"Der Kleine kommuniziert erheblich mehr, als wir erwartet haben", erzählt Harald Bruckner, der die Wiener Pandas schon seit ihrer Ankunft in Schönbrunn 2003 im Auftrag des Zoos wissenschaftlich begleitet hat. "Eigentlich hat das Baby bereits durch laute Schreie als Neugeborenes auf sich aufmerksam gemacht", berichtet auch Angela Stöger-Horwath, die Leiterin des Projekts. Ursprünglich waren sich selbst die Experten nicht sicher, ob Yang Yang nach der Paarung mit ihrem Gefährten Long Hui im April überhaupt trächtig war. Ende August war dann das laute Quäken des knapp 20 Zentimeter langen und blinden Winzlings aus der Geburtsbox im Panda-Haus nicht mehr zu überhören.

Seit seiner Geburt nun wird Fu Long "abgehört". Eine fest montierte Videokamera und die parallele digitale Tonaufzeichnung sorgen dafür, dass jeder Ton des kleinen Kerls Tag und Nacht auf Computer-Festplatten festgehalten wird. Drei Terabyte, also 3000 Gigabyte, Daten sind so bereits auf fünf Festplatten zusammengekommen, die nun äußerst mühsam und extrem zeitaufwendig am Computer mit Hilfe einer Spezialsoftware analysiert werden müssen. Da Ton und Videosignal aus technischen Gründen getrennt aufgenommen wurden, müssen Bruckner und seine Helfer praktisch sämtliche Bänder parallel abspielen, um Fu Longs Geräusche mit seinem Verhalten abgleichen zu können. Ziel ist es, jeden einzelnen Laut zu analysieren und einer Handlung des Tieres zuzuordnen.

"Wir haben eigentlich von Anfang an erwartet, dass das Panda-Baby neben seinen Gerüchen auch durch vermehrte Laute auf sich aufmerksam macht", berichtet Stöger-Horwath, die durch ihre Forschungen im Bereich der Lautanalyse von Elefanten bereits jahrelange Erfahrung besitzt. "Diese Laute sind für die Bindung zwischen Mutter und Jungem offenbar sehr wichtig."

Bei erwachsenen Pandas wurden bisher insgesamt elf verschiedene Laute als Mittel zur Kommunikation registriert. "Adulte (ausgewachsene) Bären vokalisieren eigentlich nur während der Paarungszeit", erläutert Biologe Harald Bruckner. Das Quieken, Quäken, Grunzen und lautstarke Rufen des Nachwuchses hat offenbar eine klare Funktion. "Wir haben schon registriert, dass der Kleine Laut gibt, wenn die Mutter zurückkommt. Offenbar ist das dann ein Ruf nach Wärme und Nähe. Und Yang Yang, die nach Angaben aller Panda- Experten in Schönbrunn "eine Supermutter" ist, reagiert sofort, wenn der Kleine etwas will.

Die Geburt Fu Longs, der als erster Panda in Europa auf natürliche Weise gezeugt wurde, ist für die Wissenschaftler ein Glücksfall. Denn bisher wurden die meisten Panda-Babys, die durch künstliche Befruchtung gezeugt wurden, von Pflegern und nicht von der Bärin groß gezogen. Auf diese Weise lässt sich in Wien jetzt sehr schön die Kommunikation zwischen Mutter und Jungem verfolgen.

"Allerdings ist Fu Long inzwischen schon weniger laut-stark als am Anfang", sagt Bruckner. Je älter der Kleine werde, desto weniger sei er offensichtlich auf die Laute angewiesen. Doch Bruckner wird die Aktivitäten des kleinen Wuschelbärs, der sich noch nicht an die Öffentlichkeit gewagt hat, noch lange verfolgen. Immerhin ist das Projekt "Pandasprache" (offiziell: "Die akustische Kommunikation beim Großen Panda") auf drei Jahre angesetzt. Dabei werden sich die Wissenschaftler jedoch nicht allein auf Fu Long und seine Bärenmama beschränken. Denn auch im berühmten Zoo von San Diego wird inzwischen ein (allerdings durch künstliche Befruchtung gezeugter) Mini-Panda von seiner Mutter großgezogen. Ein Lautvergleich der beiden Panda- Babys bietet sich also an.

Quelle: ntv.de, Christian Fürst, dpa

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