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Forscherstreit um Kohlenstoffbilanz Beeinflussen Regenwürmer das Klima?

Reichlich Regenwürmer im Boden sorgen für eine lockere und fruchtbare Erde.

Reichlich Regenwürmer im Boden sorgen für eine lockere und fruchtbare Erde.

(Foto: picture-alliance/ ZB)

Sie sind bei Gärtnern gern gesehen, denn Regenwürmer machen den Boden fruchtbar und locker. Unter einem Quadratmeter Wiese leben zwischen 100 bis 400 Würmer. Dass die Tiere durch ihre Lebensweise das klimaschädliche Kohlendioxid freisetzen, ist bekannt. Über die Menge allerdings streiten die Forscher.

Regenwürmer gehören zur Klasse der Gürtelwürmer.

Regenwürmer gehören zur Klasse der Gürtelwürmer.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Regenwürmer setzen einer neuen Studie zufolge wahrscheinlich mehr Kohlenstoff in den Böden fest, als sie in Form von Kohlendioxid freisetzen. Ihre Analyse widerlege das gegenläufige Ergebnis einer früheren Untersuchung, schreiben Wissenschaftler im Fachmagazin "Nature Communications". In Böden ist demnach doppelt so viel CO2 gebunden wie in der Atmosphäre. Unklar sei bisher, ob von den gewaltigen Mengen an Regenwürmern weltweit in der Bilanz mehr Kohlendioxid im Boden gebunden oder aber freigesetzt wird.

Regenwürmer ziehen Pflanzenreste tief in die Erde, wo sie von Bakterien verwertet werden. Sie lockern mit ihren Gängen den Boden auf, frische Luft kann so in tiefere Schichten vordringen. Ihr Kot bietet Bakterien und Pilzen vorverdautes organisches Material, zudem bietet ihr Darm gute Bedingungen für nitratabbauende Mikroorganismen.

All diese Faktoren spielen eine Rolle für die Kohlenstoffbilanz: Indem die Würmer organisches Material in den Boden bringen und das Pflanzenwachstum fördern, tragen sie zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre bei. Das beschleunigte Wachstum von Bakterien und Pilzen hingegen hat den Abbau organischer Substanzen und damit die verstärkte Freisetzung von CO2 zur Folge, eines Treibhausgases, das sowohl am natürlichen als auch am vom Menschen verursachten Treibhauseffekt beteiligt ist.

Erst CO2-Freisetzung, dann CO2-Einlagerung

Die Forscher um Shenglei Fu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Guangzhou untersuchten nun die Kohlenstoffbilanz zweier Wurmarten aus Asien und Europa, Amynthas agrestis und Lumbricus rubellus. Die Tiere setzten im Boden zunächst verstärkt Kohlendioxid frei, über einen längeren Zeitraum begann aber die Einlagerung von Kohlenstoff zu überwiegen.

Die CO2-Freisetzung von Böden mit Regenwürmern unterscheide sich den Ergebnissen nach wahrscheinlich kaum von solchen ohne Wurmbesatz, schließen die Forscher. Auf jeden Fall aber sei die Anfang des Jahres in "Nature Climate Change" präsentierte Schätzung von 33 Prozent höheren CO2-Emissionen zu hoch angesetzt. Das Team um Ingrid Lubbers von der Universität Wageningen (Niederlande) hatte bereits betont, dass die Wechselwirkungen sehr komplex und daher noch viele Fragen offen seien.

Auch die Wissenschaftler um Shenglei Fu weisen darauf hin: Es gebe mehr als 3000 Regenwurmarten in Böden ganz unterschiedlicher Beschaffenheit. Weitere Untersuchungen seien nötig, um definitive Aussagen zum Einfluss der Würmer auf das Klima treffen zu können. Die Bedeutung von Regenwürmern für die Treibhausgas-Bilanz wird in den kommenden Jahren wahrscheinlich zunehmen: Forscher gehen davon aus, dass die Tiere im Zuge der Klimaerwärmung bisher wurmfreie Gebiete erobern.

Quelle: ntv.de, dpa

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