Der weltgrößte Hirsch ist zurück Besteht Deutschland den Elch-Test?
06.11.2013, 16:18 Uhr
Elche sind die größten Hirsche der Welt. Sie können eine Schulterhöhe von 2,30 Metern erreichen. Vom Kopf bis zum Hinterteil werden sie bis zu 3 Meter lang.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wer an Elche denkt, verbindet damit Skandinavien, vielleicht auch ein allseits bekanntes Möbelhaus oder aber den berühmten Knutscher bei einem überraschenden Ereignis. Kaum jemand aber denkt bei Elchen an Brandenburg. Das könnte sich ändern.
Es gibt wieder Elche in Deutschland! In Brandenburg leben fünf der aus Skandinavien bekannten Tiere. Und sie sind standorttreu – weiß der World Wide Fund For Nature (WWF). Ein Elch-Paar wurde jüngst im Bayerischen Wald gesichtet. Jäger und Wanderer berichteten im Oktober davon. Vereinzelt streiften Elche in den vergangenen Jahren auch durch Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen.

Elche fühlen sich wohl im Wasser. Sie können bis zu 10 km/h schnell schwimmen und bis zu 6 Meter tief tauchen.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Frage, wo die Elche herkommen, ist schnell beantwortet: aus Polen. Dort gibt es, so die offiziellen Angaben, dank entsprechender Schutzbestimmungen zurzeit rund 7500 Elche. Oder und Neiße sind für die Tiere kein Hindernis. Elche können gut schwimmen; wenn es sein muss, sogar mehrere Kilometer. Und im Winter laufen sie einfach übers Eis.
Immer wieder Unfälle
Naturschutzorganisationen sind erfreut über diese Entwicklung, befürchten jedoch Konflikte zwischen Elch und Mensch. "Für die meisten Deutschen ist der Elch eine relativ unbekannte Tierart. Daher muss man die Bevölkerung informieren und mitnehmen", sagt Janosch Arnold, Referent Großsäuger beim WWF Deutschland. So kommen Elche zum Beispiel mit dem Straßenverkehr nicht gut zurecht; das ist aus Skandinavien bekannt. Auch in Deutschland sind in den letzten Jahren immer wieder Elche überfahren worden. Die an Autobahnen üblichen Zäune halten die Tiere nicht unbedingt ab. Elche können hoch springen. In Skandinavien haben sich Zäune von 2,50 Meter Höhe als wirksam erwiesen, hierzulande müssten sie in Regionen mit Elchpräsenz also erhöht werden. Der WWF schlägt außerdem sichere Querungsmöglichkeiten durch Grünbrücken vor. Ferner müssten Autofahrer durch Schilder auf mögliche Begegnungen mit Elchen hingewiesen werden.
Apropos Begegnungen: Sollte man als Spaziergänger einer Elchkuh mit Kälbern oder einem Bullen in der Brunft begegnen – die beginnt im Herbst –, dann gilt es Abstand zu halten. Die Tiere könnten sich sonst schnell provoziert fühlen.
Neben der direkten Konfrontation, sei es mit dem Auto oder persönlich, sind auch Wildschäden ein Thema, das der WWF auf den Tisch bringt. Elche fressen recht viel. Kein Wunder, bei ihrer Masse und Größe. Zwischen 350 und 500 Kilo bringt ein Elch auf die Waage. Tag für Tag nimmt er zwischen zehn und vierzig Kilo pflanzlicher Nahrung zu sich, am liebsten junge Triebe und Knospen, Weidenrinde und anderes Weichholz. Dass Elche kleine Bäume umknicken oder Verbiss- und Schälschäden anrichten, wäre daher nicht unwahrscheinlich. Noch sind in Deutschland keine Wildschäden durch Elche bekannt. Doch Arnold regt an, die Gesetzeslage für den Fall eines Falles zu prüfen. Es müsse klar sein, wie die Gesellschaft mit von Elchen verursachten Schäden umgeht.
Öffentliche Diskussion ist wichtig
Bayern hat bereits einen "Elchplan" aufgelegt, der die Grundlagen zum Umgang mit den Tieren regeln soll, Brandenburg hat einen entsprechenden Managementplan verabschiedet. Doch solche Pläne dürften, so Arnold, nicht "heimlich, still und leise" aufgestellt werden. "Themen wie die Überwachung der Bestände, Wildschäden und Gefährdung für den Straßenverkehr müssen endlich öffentlich diskutiert und thematisiert werden", so der Experte.
Elche sind in Deutschland übrigens keine Neuheit. Bis ins Frühmittelalter waren sie hier verbreitet. Dann nahm die Besiedlung zu, die Landwirtschaft veränderte sich, und der Elch verschwand. Umso erfreuter sind Naturschützer, dass die ausgerottete Tierart nun von sich aus zurückgekehrt ist. Andreas Kinser von der Deutschen Wildtierstiftung geht im Gespräch mit dem Nabu davon aus, dass der Elch in naher Zukunft wieder dauerhaft bei uns heimisch werden kann. Besonders im dünnbesiedelten Brandenburg mit seinen Feuchtwiesen und Moor- und Bruchwäldern fänden die Tiere ideale Lebensbedingungen, so Kinser. Das haben die Elche offenbar schon gemerkt: Die Population in Brandenburg hat bereits Nachwuchs bekommen. Nun ist, wie Kinser betont, eines entscheidend: wie viel Toleranz den Tieren von Seiten der Menschen entgegengebracht wird. Deutschland könnte den Elch-Test bestehen.
Quelle: ntv.de, asc