Pilze gegen Schwermetalle Bio-Sanierung auf Probe
21.02.2008, 09:56 UhrDie einstige Abraumhalde des stillgelegten Uranbergbaubetriebes Wismut in der Nähe von Kauern bei Ronneburg in Thüringen ist längst abgetragen. Doch in rund zehn Jahren hat sich nur eine karge Vegetation breitgemacht. „Es ist schwierig für die Pflanzenwelt, sich hier anzusiedeln“, sagt der Geologe Martin Lonschinski von der Universität Jena. Gründe seien der Mangel an Nährstoffen und die zahlreichen Schwermetalle, die noch immer im Boden sind – ein Problem vieler ehemaliger Bergbaugebiete. Es kann Jahrhunderte dauern, bis sich der Boden auf natürliche Weise erholt hat. Daher greifen Jenaer Forscher in einem Versuch der Natur unter die Arme: mit Pflanzen wie Sonnenblumen und Roggen.
Auf dem Gelände der ehemaligen Gessenhalde, die die Wismut zu DDR-Zeiten zur Urangewinnung angelegt hat, haben die Forscher ihr 50 Mal 50 Meter großes Testfeld mit Messgeräten versehen. Dort werden seit dreieinhalb Jahren verschiedene Pflanzen angebaut: Mais, Klee, Lupine und zuletzt Sonnenblumen. Dabei gehen die Wissenschaftler mit einer Doppelstrategie vor: „Zum einen entziehen wir dem Boden die Schadstoffe mit Hilfe von Pflanzen, die besonders stark Schwermetalle aufnehmen“, erklärt Lonschinski. Die Schadstoffe lagern sich in den Pflanzen ab.
„Andererseits wollen wir die Pflanzen auf dem Boden zum Wachsen bringen.“ Denn die Schwermetalle bremsen deren Gedeihen, Experten sprechen vom Schwermetallstress. In dem Versuch bauen die Wissenschaftler auf die Hilfe von Bodenbakterien und Pilzen. Die Bakterien (Streptomyceten) sollen den Schwermetallstress für die Pflanzen verringern, die Mykorrhiza-Pilze die Nährstoffaufnahme verbessern. Das Projekt endet in diesem Sommer, doch sind bereits weitere Vorhaben in einer Kooperation mit dem Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten der Technischen Universität Dresden geplant.
Dann könnte der Test ausgedehnt werden. Das laufende Projekt wird vom Bundesforschungsministerium mit insgesamt rund 616.000 Euro unterstützt. Diese biologische Sanierung eignet sich nach Angaben der Experten nur für schwach verseuchte Böden. Dennoch könnte so die Regenerierung beschleunigt werden, sagt der Chemiker Dirk Merten, einer der beiden Projektleiter. Er schätzt, dass nach 10 bis 20 Jahren auch Ackerpflanzen für die menschliche Ernährung auf solch einer Fläche angebaut werden könnten. Zumindest für den Anbau von Energiepflanzen für Biokraftstoffe wie Sonnenblumen oder Raps könnte sie taugen. So soll das Verfahren helfen, Altlast-Flächen landwirtschaftlich zu nutzen.
Die Jenaer Geowissenschaftler wollen die Ergebnisse ihres Versuchs im April auf der Hannover Messe vorstellen. Bis ihr Verfahren für den großflächigen Einsatz marktreif sei, könne es noch gut zehn Jahre dauern, schätzt Merten. Zudem werde noch ein Partner gesucht, um das wissenschaftliche Know-how praxistauglich zu machen.
Quelle: ntv.de