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Bei nachtaktiven Tieren DNA hilft Licht sammeln

Zunächst wurden Boris Joffe und seine Kollegen für ihre These belächelt: Die Kerne der Lichtsinneszellen von nachtaktiven Tieren, so lautete der Vorschlag des Forschers von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, wirken als Linsen für das schwache einfallende Licht. Oder, anders gesagt: Die DNA der Lichtrezeptoren-Zellen hilft Mäusen und anderen Tieren des Nachts beim Licht sammeln. Nun erklären die Forscher ihre Idee im Journal "Cell" und liefern Belege.

Licht geht ungewöhnliche Wege

Das Licht legt auf seinem Weg durchs Auge einen ungewöhnlichen Weg zurück. Es fällt zunächst durch Hornhaut, Pupille und Linse. Dann gelangt es auf eine Schicht aus vielen Nervenzellen, die es durchqueren muss, bis es schließlich die lichtempfindlichen Bereiche der Stäbchen und Zapfen erreicht – erst diese fangen das Licht ein und senden das Signal zurück zu den Nervenzellen vor ihnen. Dort werden die Signale verschaltet und letztlich ans Gehirn weitergeleitet. Das Licht muss also zunächst eine dichte Schicht aus Nervenzellen durchqueren, die einige der einfallenden Photonen absorbieren.

Bei tagaktiven Lebewesen – etwa dem Menschen – ist dies weniger ein Problem, denn sie sind von genügend Licht umgeben. Anders bei der Maus und anderen nachtaktiven Tieren: In der Dunkelheit kommt es fast auf jedes Photon an, wenn die Jagd auf Beute oder die Flucht vor dem Feind erfolgreich sein soll. Joffe und seine Gruppe – darunter weitere Forscher aus München, Frankfurt, Kanada und Großbritannien – befassten sich nun eingehend mit den "Stäbchen", also den Zellen fürs nächtliche Sehen. Diese erkennen Helligkeitsunterschiede, die "Zapfen" sind hingegen fürs Farbsehen zuständig.

Anders organisiert

Auch der Kern der Stäbchen liegt noch vor den Licht sammelnden Strukturen in der Zelle – das Licht muss vor seiner Detektion also auch durch diesen Kern hindurch. Damit dies möglichst gut gelingt, ist die DNA im Zellkern nachtaktiver Tiere anders organisiert, eben durchlässiger, schreibt Joffes Gruppe in "Cell". Dort unterscheiden sie zwei Arten, in denen die Erbsubstanz DNA im Kern ruhender Zellen gepackt ist. Im Randbereich des Zellkerns ist die DNA besonders dicht gepackt ("Heterochromatin"), im Zentrum eher locker ("Euchromatin"). Diese Verteilung kommt fast universell bei einzelligen und mehrzelligen Organismen vor.

In den Stäbchen-Sinneszellen der Mäuse ist es genau andersherum. Dies bestätigte sich bei 40 weiteren Arten: Nachtaktive Tiere haben, so heißt es in "Cell" diese umgedrehte DNA-Verteilung. Messungen an einzelnen Zellkernen nacht- und dämmerungsaktiver Tiere zeigten, dass solche Kerne wie Sammellinsen arbeiten. Damit werde die Streuung des Lichtes innerhalb der Retina verringert.

Quelle: ntv.de

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