Nach 200 Jahren Die Rückkehr der Wölfe
09.12.2007, 10:52 UhrSie waren fast 200 Jahre lang aus Deutschland verschwunden, doch jetzt leben wieder einige wenige Wölfe in den hiesigen Wäldern. Im Zuge der Unterwerfung und Nutzbarmachung der Natur, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts im großen Stil begonnen hatte, machte der Mensch unerbittlich Jagd auf die als besonders gierig und heimtückisch geltenden Raubtiere. Bald nach Beginn des 19. Jahrhunderts waren sie ebenso wie Bären und Luchse ausgerottet. Der Krieg galt sogar den Spatzen. Allein in der alten Mark Brandenburg wurden zwischen 1734 und 1767 etwa zwölf Millionen von ihnen getötet, wie aus der Zählung der gegen Prämien abgelieferten Spatzenköpfe hervorgeht.
Der britische Historiker David Blackbourn (Universität Harvard, USA) berichtet in seinem aktuellen Buch "Die Eroberung der Natur. Eine Geschichte der deutschen Landschaft" auch über die Opfer dieser Eroberung. Die meisten Deutschen empfanden zwar die Beherrschung der Natur als notwendig und rechtmäßig, immerhin brachte sie ihnen neues Land, materiellen Nutzen und Schutz vor den Naturgewalten. Es gab aber auch gleich Besorgnis wegen der Bedrohung der Schönheit der Landschaft und ihres natürlichen Lebens.
Bauprojekte verändern die Landschaft
Unter den von Blackbourn geschilderten Eroberungen ist die Trockenlegung des Oderbruchs. Das sich an der Westseite der Oder nördlich von Frankfurt in einer Länge von 55 Kilometern und annähernd 20 Kilometer breit erstreckende Bruch war bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts eine Wildnis von Wasser und Morast. Nach der Schneeschmelze, und im Sommer nach verstärkten Zuflüssen aus den entfernten Mittelgebirgen in die Oder, stand es bis dreieinhalb Meter unter Wasser. Kernstück der Trockenlegung war der Bau eines Kanals, der den Flusslauf um 25 Kilometer verkürzte und die Fließgeschwindigkeit erhöhte. 1.200 Bauarbeiter schlossen 1753 das fast sieben Jahre vorher begonnene Projekt ab.
Das größte jemals in Deutschland in Angriff genommene Bauvorhaben war im folgenden Jahrhundert die Bändigung des wilden Oberrheins. Der Grund war die ständige Bedrohung der Gegend durch Hochwasser. Die Arbeiten verkürzten schließlich den Rhein zwischen Basel und Worms um fast ein Viertel, von 345 auf 273 Kilometer. Dutzende von Durchstichen waren nötig, über 2.200 Inseln wurden beseitigt.
Schwerpunkt von Projekten zur Kolonisierung von Mooren waren Oldenburg und Ostfriesland. Zu den Projekten gehörte der Bau von Kanälen, die das Moor entwässerten und als Verkehrs- sowie Transportwege dienten.
Besonders stark veränderte das Bild der deutschen Landschaft der Ende des 19. Jahrhunderts begonnene Bau von Talsperren und Staubecken. Ihren Höhepunkt erreichte die Errichtung von Talsperren zum Zweck der Stromerzeugung oder der Trinkwasserversorgung dann erst in den drei Jahrzehnten nach 1950.
Zu der Entwicklung nach 1945 gehörte eine intensivere Bodenwirtschaft. Immer mehr Kunstdünger wurde eingesetzt, wodurch Flüsse und Bäche stark verschmutzten. Hinzu kamen Abfallprodukte der Industrie. Auf manchen Wasserwegen stand der Schaum dreieinhalb Meter hoch. Um 1970 herum gab es aber eine Wende sowohl durch ein neues ökologisches Bewusstsein wie auch neue Gesetze. Der Sauerstoffgehalt in den Flüssen stieg wieder an.
Flüsse und Seen wieder sauberer
Die chemische Gewässergüte der Flüsse und Seen hat sich nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert. Die Belastung mit Quecksilber, Phosphat und Schwermetallen konnte durch moderne Klärwerkstechnik, die Abnahme besonders problematischer Industrien (Kali-Bergbau) und wirksame rechtliche Regelungen verringert werden. Auch die Belastung der Luft hat sich deutlich verringert, insbesondere durch die Verminderung von Schwefeldioxiden. Problematisch bleibt die Belastung durch Stickstoffdioxid. Die Waldfläche nimmt in geringem Umfang weiter zu. Vor drei Jahrzehnten war das "Waldsterben" eine besonders gängige Unheilsprognose.
Allerdings: Der Verlust an biologischer Vielfalt von Pflanzen, Tieren und ihrer Lebensräume setzt sich unvermindert fort. Hauptursachen sind die intensiven Landnutzungen, vor allem die Landwirtschaft. Andererseits ist die Zahl der Schutzgebiete stetig gestiegen. Fast zehn Prozent der Landesfläche sind als EU-Vogelschutzgebiete oder als FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Gebiete Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000.
Von Rudolf Grimm, dpa
Quelle: ntv.de