Kreuz, Pik, Herz Erforschung früher Spielkarten
11.01.2009, 11:06 UhrVolkskundler der Universität Jena wollen die ersten Spielkarten aus dem 14. und 15. Jahrhundert genauer erforschen. "Aus diesen Quellen kann man viel über die Lebensweise der Menschen, die Hierarchien am Hofe, die Kleider, die Bräuche und die Handwerke erfahren", sagte die Inhaberin des Lehrstuhls für Volkskunde, Sabine Wienker-Piepho, der Deutschen Presse-Agentur.
Bei dem Projekt sollen außerdem die frühen Karten europaweit erfasst und digitalisiert werden. Zur Finanzierung des Vorhabens wurden rund 290.000 Euro bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft beantragt. Eine Entscheidung werde in den kommenden Wochen erwartet.
Geplant sei eine Zusammenarbeit von Spezialisten verschiedener Fachrichtungen. Sobald die frühen Spielkarten aus allen Museen, Archiven und Privatsammlungen in Europa - mehrere hunderttausend Stück - im Internet zugänglich seien, könnten die Volkskundler beginnen ihre Fragen zu stellen. "Wann hat wer, wo und warum mit welchen Karten gespielt und was hat er gespielt?", fasste Wienker- Piepho ihr Forschungsinteresse zusammen.
Quelle von 1377
"Wann die ersten Spielkarten entstanden sind, wissen wir heute nicht genau." Die wichtigste Quelle sei eine Schrift des Geistlichen Johannes von Rheinfelden aus dem Jahr 1377. "Neben den erhaltenen Spielkarten gibt es auch zahlreiche Sagen und Schwänke, in denen Karten vorkommen", erzählte die Professorin. "Darin werden sie meistens als "Gebetbuch des Teufels" bezeichnet." So halte der Fromme das Gebetbuch in den Händen und der Teufel die Karten. "Da der Spieler keiner richtigen Arbeit nachging und im Kartenspiel auch der Hang zum Glücksspiel lag, wurden die Karten negativ besetzt." Diese Einstellung zum Kartenspiel habe sich im 15. Jahrhundert durchgesetzt und bis ins 17. Jahrhundert hinein verstärkt.
"Heute unterscheidet man weltweit die Karten nach Figuren- und Zahlenkarten", sagte die Volkskundlerin. Auch sei das Prinzip überall gleich, dass Figurenkarten höher im Wert sind als Zahlenkarten, auch wenn es dabei zahlreiche Variationen gebe. Allein in Deutschland gebe es vier bis fünf verschiedene Systeme von Kartenspielen. "Während im Norden das französische Blatt mit Kreuz, Pik, Herz und Karo am geläufigsten ist, werden in der Mitte und im Süden Deutschlands einzelne Symbole durch Eichel, Schelle oder durch ein Blatt ersetzt."
Da trotzdem alle Kartenspiele grundsätzlich aus Figuren- und Zahlenkarten bestehen, glauben die Wissenschaftler, dass Spielkarten an einem Ort erfunden wurden und sich dann in der ganzen Welt verbreitet haben. In Altenburg wird in diesem Jahr das 500. Jubiläum der Spielkartenfertigung in der Stadt gefeiert.
Quelle: ntv.de