Räumliches Vorstellungsvermögen Erziehung macht den Unterschied
04.09.2011, 09:15 Uhr
Der ADAC bietet - auch für Männer - Einpark-Kurse an.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Männer können besser einparken als Frauen? Das stimmt höchstens in einer von Männern dominierten Gesellschaft, glauben US-Forscher. Ihre Versuche zeigen, dass Erziehung und kulturelle Gepflogenheiten einen maßgeblichen Einfluss auf das räumliche Vorstellungsvermögen haben.
Ob die Erziehung oder angeborene Eigenschaften für beobachtete Unterschiede beim räumlichen Sehen zwischen den Geschlechtern verantwortlich sind, ist unter Wissenschaftler noch immer umstritten. Tatsache ist, dass auch in vermeintlich gleichberechtigten Gesellschaften Frauen viel seltener in technischen oder Ingenieursberufen anzutreffen sind als Männer. Einige Experten erklären dies damit, dass Männer ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen haben, was wiederum eine Voraussetzung für Erfolg in diesen Berufen sei.
Moshe Hoffman von der University von Kalifornien in La Jolla und seine Mitarbeiter stellen nun eine Untersuchung in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS") vor. Hoffman und seine Mitarbeiter widmeten sich der Frage, ob die Erziehung die Entwicklung des räumlichen Vorstellungsvermögens beeinflussen kann. Sie prüften die Annahme mit Hilfe zweier Volksstämme aus dem Nordosten Indiens, den Khasi und den Karbi. Die beiden bäuerlich lebenden Stämme sind eng miteinander verwandt, es gibt aber zahlreiche kulturelle Unterschiede zwischen ihnen.
Versuche bei zwei indischen Stämmen
So sind die Karbi eine patriarchale Gesellschaft. Land besitzen dort in der Regel nur Männer, und die Besitztümer werden an den ältesten Sohn vererbt. Außerdem erhalten die Jungen eine bessere Ausbildung. Bei den Khasi besitzen die Frauen Land und Häuser und vererben alles an die jüngste Tochter. Männern ist dort der Besitz von Häusern sogar verboten, und alles, was sie verdienen, müssen sie an ihre Frau oder Schwester abgeben.
Die Wissenschaftler luden nun Angehörige der beiden Stämme zu einem vierteiligen Puzzle-Spiel ein. Insgesamt machten fast 1300 Männer und Frauen mit. Die Spieler wurde für ihren Einsatz bezahlt, als zusätzlichen Anreiz bekamen die Teilnehmer eine Extra-Belohnung von 20 Rupien, wenn sie das Puzzle in weniger als 30 Sekunden lösten. Das Ergebnis: In der patriarchalen Gesellschaft lösten die Männer das Puzzle im Schnitt deutlich schneller als die Frauen, in der matriarchalen Gesellschaft hingegen benötigten beide Geschlechter die gleiche Zeit.
Desweiteren fanden die Forscher, dass besser gebildete Spieler das Puzzle schneller lösten: Jedes Jahr Ausbildung verkürzte die benötigte Zeit um 4,3 Prozent. Ihre Untersuchung zeige, dass Bildung und Erziehung die Entwicklung des räumlichen Vorstellungsvermögens mit beeinflussten, schreiben die Wissenschaftler. Eine gezielte Förderung könne auch dazu beitragen, die Zahl der Frauen in entsprechenden Berufsfeldern zu erhöhen. Einen Einfluss der Biologie, also einen genetischen Einfluss, auf die Ausbildung räumlichen Vorstellungsvermögens schließe ihre Untersuchung aber nicht aus, betonen die Forscher.
Quelle: ntv.de, dpa