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Erst aufgelöst, dann neu besiedelt Forscher erschaffen Rattenlunge

Es klingt wie im Horrorfilm, könnte aber eines Tages der Herstellung von Spenderorganen dienen: Forscher erschaffen eine Rattenlunge und lösen sie dafür zuerst auf, bis nur noch das Gerüst übrig bleibt.

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(Foto: AP)

Forscher haben eine halb künstliche und halb natürliche Rattenlunge geschaffen. Sie half dabei, Versuchstiere bis zu zwei Stunden mit Sauerstoff zu versorgen. Die Lungen wurden für das Experiment drastisch behandelt: Eine Lösung entfernte binnen Stunden alle Zellen daraus, bis nur noch ein feines Kollagen-Gerüst in Lungenform zurückblieb. Danach hängte das Team um Thomas Petersen von der Yale University in New Haven diesen filigranen Rest in einen Bioreaktor, um ihn mit einem Nährmedium zu umspülen. Hinzugefügte Lungenzellen, ebenfalls aus Ratten gewonnen, besiedelten das Gerüst schließlich wieder, schreibt das Team im Journal "Science".

Die Experimente finden nicht vor dem Hintergrund eines Horrorfilmes statt, sondern sollen eines fernen Tages dem verbreiteten Mangel an Spenderorganen abhelfen. Menschliches Lungengewebe hat nur eine begrenzte Fähigkeit zur Regeneration. Transplantationen sind daher oft das letzte Mittel, um Patienten überhaupt helfen zu können – aber dazu mangelt es an passenden Spendern. Zudem überleben nur 10 bis 20 Prozent der Transplantierten länger als 10 Jahre, schreiben die Forscher. Besser wäre es daher, eine Lunge mit den Zellen des Patienten nachzubauen - etwa, indem ein dreidimensionales Lungengerüst dafür besiedelt wird.

Künstliches Organ wird Ratten implantiert

Die Lunge versorgt das Blut mit Sauerstoff und entfernt Kohlendioxid daraus. Dafür ist ihre innere Oberfläche rund 70 Quadratmeter groß. Sie trennt die Atemluft mit einer hauchfeinen Barriere vom Blutfluss und ermöglicht den Gasaustausch.

Das entleerte Lungengerüst aus Bindegewebe wurde innerhalb etwa einer Woche neu besiedelt. Der ultimative Test war es schließlich, diese künstlichen Organe in Versuchstiere zu implantierten und sie in den Blutkreislauf einzugliedern. Dafür wurde jeweils nur ein Lungenflügel eingesetzt, der sich im Körper nicht zur gleichen Größe entfaltete wie das Original. Beim Vergleich des Blutflusses zwischen den beiden Lungenflügeln zeigte sich, dass auch das Blut aus der neuen Lunge ebenfalls mit Sauerstoff gesättigt war. Länger als zwei Stunden wurde die neue Lunge nicht getestet, danach töteten die Forscher ihre Versuchstiere.

Versuch mit menschlichem Gewebe

Das Team um Petersen organisierte aus einer Gewebebank auch menschliches Lungengewebe, behandelte es ganz ähnlich und ließ es gleichfalls von menschlichen Zellen neu besiedeln. Dies funktionierte, die Zellen lagerten sich an. Prinzipiell lasse dies erwarten, dass entsprechende Experimente auch beim Menschen funktionieren könnten. In diesem Fall müsste ein Gerüst mit Stammzellen des Patienten besiedelt werden, damit das so heranwachsende Organ im Organismus nicht abgestoßen würde. Beim derzeitigen Stand der Experimente sind solche Überlegungen aber allenfalls Zukunftsmusik.

Quelle: ntv.de, dpa

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