Brustkrebs in der Schwangerschaft Forschung macht Hoffnung
27.03.2010, 13:54 UhrErst großes Glück, dann furchtbare Angst: Die Diagnose Brustkrebs ist für Schwangere oder frisch gebackene Mütter besonders schockierend.

Die Tumore wachsen oft lange unbemerkt.
Mediziner erforschen, wie sich Therapien auf das ungeborene Leben auswirken – und auch, ob die Schwangerschaft den Krankheitsverlauf beeinflusst. Auf einer Krebskonferenz in Barcelona stellten Fachleute nun aktuelle Daten dazu vor. Ein Ergebnis: Eine Chemotherapie während der Schwangerschaft scheint die Gesundheit des Ungeborenen nicht zu gefährden.
Ärzte tendierten in solchen Fällen bisher zu großer Vorsicht, um den Fötus zu schützen, die betroffenen Frauen erhielten deshalb oft nicht die für sie bestmögliche Behandlung, erläuterte Sibylle Loibl von der Universität Frankfurt anlässlich der Tagung. Die GBG-Gruppe, eine der größten Brustkrebs-Forschergruppen in Europa, erfasse seit einiger Zeit in einem Register Daten von Patientinnen, die während der Schwangerschaft erkrankten. Eine Studie mit Angaben zu 151 Frauen habe nun ergeben, dass eine Chemotherapie den Fötus offensichtlich nicht schädigt.
91 der werdenden Mütter seien mit durchschnittlich zwei Zyklen Chemotherapie behandelt worden, berichtete die GBG-Forscherin. Ihre Babys seien zwischen der 28. und 42. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen, das mittlere Geburtsgewicht habe mit 2636 Gramm etwas unter dem der Kinder nicht behandelter Mütter (2791 Gramm) gelegen. Unter anderem hätten drei der 91 Babys keine Haare gehabt, bei einem wurde Trisomie 18 (drei statt zwei Kopien des Chromosoms 18) diagnostiziert, zwei litten unter Blutarmut (Anämie). Die meisten der aufgetretenen Probleme gingen nicht auf die Behandlung zurück, erklärte Loibl. Die Häufigkeit von Komplikationen habe auch nicht signifikant höher gelegen als im Durchschnitt bei gesunden Müttern.
Brustkrebs nach einer Schwangerschaft
Gute Nachrichten hatten Forscher auch für Brustkrebspatientinnen, die über eine Schwangerschaft nachdenken. Die Frauen müssten nicht fürchten, dass bei einer Schwangerschaft ihr Risiko zunehme, am Krebs zu sterben, erläuterte Hatem Azim vom belgischen Institut Jules Bordet in Brüssel. Sein Team hatte mehrere Studien dazu analysiert. Es sei im Gegenteil so, dass die Schwangerschaft die Überlebenschancen sogar steigern könne, berichtete Azim auf der siebten Europäischen Brustkrebs-Konferenz (EBCC7).
Mediziner befürchten, dass die hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft – insbesondere der steigende Östrogenspiegel – den Krebs zurückkehren lassen oder aggressiver machen können. Azims Team hatte 14 Studien aus den Jahren 1970 bis 2009 mit insgesamt 1417 Frauen ausgewertet, die nach einer Brustkrebstherapie schwanger wurden. Demnach haben Patientinnen, die nach der Krebsdiagnose schwanger wurden, ein um 42 Prozent geringeres Risiko, an der Krankheit zu sterben als Brustkrebspatientinnen, die nach einer erfolgreichen Therapie keine Kinder bekommen.
Viele Frauen gäben nach einer Brustkrebserkrankung ihren Kinderwunsch auf, oft auf Anraten ihres Arztes, erklärte Azim. Die Ergebnisse seines Teams zeigten aber ganz klar, dass dies nicht nötig sei. Analysiert werden müsse noch, zu welchem Zeitpunkt nach einer Therapie eine Schwangerschaft besonders günstig sei. Gründe für die besseren Überlebenschancen könnten im Hormon- oder Immunsystem zu finden sein, vermutet Azim. Auch dies solle nun geklärt werden.
Krebsdiagnose kurz nach einer Geburt
Zwei weitere in Barcelona vorgestellte Studien beschäftigten sich mit Krebsdiagnosen kurz nach einer Geburt. Erkranke eine Frau in den zwölf Monaten nach der Niederkunft, liege ihre Überlebenswahrscheinlichkeit 48 Prozent unter der von Brustkrebspatientinnen, die kein Kind bekamen, berichtete Angela Ives von der Westaustralischen Universität in Perth. In die Analyse ihres Teams waren Daten von mehr als 2700 australischen Brustkrebspatientinnen eingeflossen. 127 waren kurz nach der Geburt eines Kindes erkrankt, 55 während der Schwangerschaft. Eine mögliche Ursache der geringeren Überlebenschancen könnte sein, dass die Brust während einer Schwangerschaft und beim Stillen verändert sei – und Krebssymptome deshalb später erkannt würden, vermutet Ives. Auch die hormonellen Veränderungen im Körper könnten eine Rolle spielen.
Salma Butt vom Universitätskrankenhaus im schwedischen Malmö berichtete von einer Studie, der zufolge das Risiko für Brustkrebs unabhängig von der Dauer des Stillens ist. Frauen, die sechs Monate oder länger stillten, hätten allerdings ein signifikant höheres Risiko für aggressivere Varianten des Krebses. Ob dies auch mit mehr tödlichen Verläufen einhergehe, sei aber noch unklar. Dies gelte auch für die Ursachen. Entsprechende Studien müssten nun folgen. Für ihre Analyse hatten die Mediziner die Daten von 622 Patientinnen ausgewertet.
Der Brustkrebs ist in Deutschland der häufigste bösartige Tumor bei Frauen. Im Jahr 2010 rechnet das Berliner Robert Koch-Institut mit knapp 60.000 neuen Fällen. Mehr als 17.000 Frauen starben 2006 an dem Krebs. Jüngere Zahlen liegen nicht vor.
Quelle: ntv.de, Annett Klimpel, dpa