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Mythos oder Wahrheit in "The Last of Us" Gibt es den Killer-Pilz wirklich?

Der Pilz Fungus Exserohilum rostratum, mit dem ein Medikament in den USA  verunreinigt war, löste eine Meningitiswelle aus und forderte Ende 2012 mehr als zwei Dutzend Menschenleben.

Der Pilz Fungus Exserohilum rostratum, mit dem ein Medikament in den USA verunreinigt war, löste eine Meningitiswelle aus und forderte Ende 2012 mehr als zwei Dutzend Menschenleben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Durch einen Pilz wird im Computerspiel "The Last of Us" fast die gesamte Menschheit ausgelöscht. Wie gefährlich Pilze tatsächlich für Menschen werden können, welcher Fungus die Gesundheit beeinträchtigen kann und warum Viren meist bedenklicher sind, erklärt David Hughes, Biologe an der Pennsylvania State University in einem Gespräch mit n-tv.de.

n-tv.de: Herr Dr. Hughes, im Spiel "The Last of Us" geht es um einen Pilz, der die Menschheit dezimiert. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein solcher Befall nicht früh genug bekämpft wird?

David Hughes: Wenn es um Pilzbefall geht, ist das mit Aids oder bestimmten Geschlechtskrankheiten vergleichbar. All dies ist nicht wirklich sichtbar. Und viele dieser Pilze sind sogar unsichtbar. Immer wenn wir reden, atmen wir Millionen Sporen ein. Die Übertragungswege eines Virus, der sich überträgt, wenn jemand niest, und Pilzsporen, sind ziemlich gleich.

Gab es in der Vergangenheit bereits einen Fungus, der viele Menschen befallen hat?

Nein, nicht auf diese Weise. In China gibt es derzeit viele Todesfälle, weil Leute befallene Pilze verspeisen. Es gab auch Zeiten, in denen viele Menschen befallenes Korn aßen und dadurch Halluzinationen bekamen. Im Nahrungsbereich sind Pilze sehr gefährlich. Ein populäres Beispiel ist auch die Kartoffelpest in Irland Mitte des 19. Jahrhunderts.

Warum sind Viren gefährlicher?

Weil sie mehr Fehler machen. Je mehr Fehler bei der Reproduktion, also je mehr Variationen entstehen, desto größer die Chance, dass etwas auf den Menschen überspringen kann. Es ist wie bei Lotterielosen – eines davon wird gewinnen.

Könnte man sagen, dass die Evolution verschiedene Versionen testet, bis die richtige dabei ist?

Eine infizierte Frau im Computer-Spiel "The Last of Us".

Eine infizierte Frau im Computer-Spiel "The Last of Us".

(Foto: Naughty Dog / Sony Entertainment)

Das wird Entwicklungsfähigkeit genannt. Mehr Variationen sind gut, denn sie erhöhen die Chancen der Weiterentwicklung. Die Evolution ist blind. Aber das Endergebnis ist das gleiche. Elefanten pflanzen sich langsam fort – also entwickeln sie sich langsamer. Mäuse sind da schon schneller, und deshalb sind Veränderungen bei ihnen wahrscheinlicher. Und ein Virus ist im Vergleich extrem schnell.

Gibt es Pilze, gegen die man nichts machen kann?

Ja, auf jeden Fall. Es gibt derzeit etwa das sogenannte Talfieber, das sich in den westlichen Vereinigten Staaten auf Menschen ausbreitet. Der Pilz befällt das Nervensystem. Es gibt auch Fälle, in denen riesige Mengen Säugetiere, etwa Fledermäuse, daran sterben. Eine Fledermaus und ein Mensch unterscheiden sich da kaum.

Inwiefern?

Beide sind Säugetiere! Wir haben Haare, wir sind Warmblüter und wir leben in Gruppen. Ganz einfach.

Was ist so besonders an dem Pilz "Cordyceps Unilateralis", der im Spiel so eine große Rolle spielt?

Nichts. Wenn ein Parasit eine bestimmte Entwicklungsstufe erreicht, sich schnell ausbreitet und tödlich wird, kann er Zivilisationen auslöschen. Der Parasit an sich ist besonders. Das Schwarze Tod ist ein perfektes Beispiel dafür, wie er wandert. Damals war es ein Bakterium. Es überträgt sich und tötet. Und davor erzeugt es viel Verwirrung und Panik unter den Menschen.

Die Bevölkerungszahl bewegt sich auf die 10 Milliarden zu. Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit haben mehr als 50 Prozent davon in Städten gelebt, teilweise auf engstem Raum. Gibt es realistische Möglichkeiten, Reisende einem verlässlichen Schnelltest einer Prüfung über Pilz- oder Virenbefall zu unterziehen – etwa am Flughafen?

Wir haben das bei der SARS-Katastrophe getestet. Das Merkmal war eine erhöhte Körpertemperatur. Es ist nützlich. Aber erstens gibt es viele Dinge, die die Körpertemperatur anheben und zweitens gibt es eine Phase, in der eine Infektion oder ein Befall nicht nachprüfbar ist. Und in diesem Zeitraum bewegen sich Menschen weiter. Die Antwort ist also: Nein, gibt es nicht. Es ist unmöglich.

Also bleibt nur Quarantäne?

Dr. David Hughes ist Biologe.

Dr. David Hughes ist Biologe.

(Foto: Penn State University)

Quarantäne ist sehr effektiv. Aber welcher Geschäftsmann akzeptiert sie, wenn er zu einem wichtigen Meeting muss? Solcher Egoismus ist gefährlich. Was gut für die Gruppe ist, ist nicht gut für das Individuum. In Deutschland werden höhere Steuern erhoben, aber dafür gibt es ein besseres Sozialsystem. Das ist toll. In den USA ist das anders. Niemand will Steuern zahlen, also ist das Sozialsystem schlecht. Es ist die Tragödie der Bürgerlichen: Ich will alles billig, weil ich meinen eigenen Vorteil sehe und mehr Geld will. Bei Seuchen ist das aber egal: Niemand entkommt einer Pandemie, weil er reich oder arm ist.

Wenn der Ausbruch eines Parasits 2013 stattfindet, wie schnell wird er sich ausbreiten? Gibt es Vorhersagen von Experten und offiziellen Stellen dazu?

Es gibt viele solcher Vorhersagen. Aber ich bin mir ebenso sicher, dass sie alle Nonsens sind. Wir können uns nicht vorstellen, was Menschen in einer solchen Situation tun würden. Es könnte sein, dass wir doch eine wundervolle Spezies sind, die sich umeinander kümmert. Wir haben diese Fähigkeit, wie wir bei Naturkatastrophen bereits gesehen haben. Die 99-Prozent-Bewegung an der Wall Street ist ebenfalls ein gutes Beispiel. Natürlich könnte aber auch ein Krieg ausbrechen und wir sterben einfach alle.

Was halten Sie von der Behauptung, dass Seuchen ein natürlicher Reinigungsprozess der Natur sind?

Nichts. Das ist eine Malthusische Argumentation (Thomas Robert Malthus, britischer Ökonom, die Red.). Es gibt zwar einige Leute, die sich darüber freuen würden, wenn viele andere in einer solchen Situation sterben würden. Aber daran ist überhaupt nichts Natürliches. Wir haben diese Zustände geschaffen, also können wir sie auch ändern. Ansonsten müssen wir die Folgen ertragen.

Mit David Hughes sprach Roland Peters

Quelle: ntv.de

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