Neue Grabungen bei Nebra Hügelgrab und Wallanlage
12.06.2007, 12:37 UhrWie haben sie gelebt, welche Werkzeuge haben sie verwendet und warum waren sie in der Lage, den Himmel detailreich auf einer Scheibe abzubilden? Bei neuen Grabungen in Sachsen-Anhalt wollen Archäologen erkunden, unter welchen Umständen die Menschen vor 3600 Jahren lebten. Damals, in der frühen Bronzezeit, entstand die berühmte Himmelsscheibe von Nebra. 1999 hatten Raubgräber die älteste konkrete Himmelsabbildung der Welt auf dem 252 hohen Mittelberg bei Wangen und Nebra (Burgenlandkreis) entdeckt. Vom 15. Juni an wollen Archäologen dort erneut graben.
In der Nähe des Fundortes öffnen sie ein Hügelgrab auf dem größten prähistorischen Friedhof Europas. Das Hügelgrab aus der Jungsteinzeit ist 4 500 Jahre alt. Aber die kreisrunden Gräber mit einem Durchmesser von 12 bis 15 Metern wurden oft mehrfach genutzt. "Wir hoffen deshalb, tief Innern des Grabes auf eine bronzezeitliche Bestattung mit Beigaben eines Fürsten vor etwa 3600 bis 3900 Jahren zu stoßen", sagt Grabungsleiter Thomas Koiki. Im Fundgebiet der Himmelsscheibe gibt es etwa 1000 Hügelgräber. Die meisten sind aber bereits von Raubgräbern geplündert worden.
"Außerdem werden wir fünf Kilometer entfernt vom Hügelgrab ein rund 300 Meter langes System von Gräben mit vorgelagerten Wällen untersuchen", berichtet Koiki. Die Form der etwa einen Meter unter der Erde verborgenen Anlage aus dem 10./11. Jahrhundert sei oval. "Dies ist nicht typisch für diese Zeit, sondern deutet auf eine viel ältere bronzezeitliche Anlage unter diesen jüngeren Schichten hin." Das achtköpfige Grabungsteam wird am Fuße des Mittelberges zunächst einen zwei Meter breiten und etwa einen Meter tiefen Suchgraben in die Wallanlage treiben, um vorsichtig Schicht für Schicht abzutragen und zu analysieren.
Mit der Himmelsscheibe kann die Kalenderfunktion und damit der richtige Zeitpunkt für die Aussaat des Getreides bestimmt werden. Das war für eine bäuerlich geprägte Gesellschaft wichtig. "Der Hersteller der Himmelsscheibe war aber mit großer Sicherheit ein Mitglied der herrschenden Schicht", sagt Landesarchäologe Harald Meller und erklärt: "Diese Herrscher, wir sprechen in dieser Zeit von einem "big man System", haben wahrscheinlich in repräsentativen Höhensiedlungen gelebt."
Bei früheren Grabungen am Mittelberg in der Mitte des 20. Jahrhunderts waren zahlreiche bronzezeitliche Keramikscherben gefunden worden. Dies deutet auf eine Besiedelung hin. "Wir erwarten in der Wallanlage weitere Keramikfunde", sagt der Grabungsleiter. "Vielleicht können wir auch alte Gebäudeumrisse erkennen und Werkzeuge, Schmuck oder Waffen freilegen." Bis jetzt sei aus anderen Grabungen nur bekannt, dass die Menschen der Bronzezeit in Langhäusern von bis zu 50 Metern gelebt haben.
Das Original der Himmelsscheibe wird dauerhaft vom 23. Mai 2008 an im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle gezeigt. Bereits in einigen Tagen, am 21. Juni, wird am Fuße des Mittelberges ein multimediales Erlebniszentrum "Arche Nebra" eröffnet. Es soll die Hauptattraktion der touristischen Bronzezeitroute "Himmelswege" durch den Süden von Sachsen-Anhalt werden.
Thomas Schöne, dpa
Quelle: ntv.de