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Auswilderung von Orang-Utans In der Waldschule wird es ernst

Ein Orang-Utan spielt in der Auffangstation Nyaru Menteng auf Borneo.

Ein Orang-Utan spielt in der Auffangstation Nyaru Menteng auf Borneo.

(Foto: dpa)

"Orang-Utans sind die Ikonen eines gesunden Regenwaldes", hat die Regierung Indonesiens als Devise ausgegeben. Spätestens 2015 müssen alle Auffangstationen schließen.

Eine Mitarbeiterin der Orang-Utan-Auffangstation Nyaru Menteng mit dem kleinen Wanto.

Eine Mitarbeiterin der Orang-Utan-Auffangstation Nyaru Menteng mit dem kleinen Wanto.

(Foto: dpa)

Wenn der zweijährige Wanto lächelt, schmilzt jedes Herz. Routiniert zieht der kleine Orang-Utan bei seiner Charme-Offensive alle Register: ein treuherziger Blick, den Kopf ein bisschen schief gelegt, ein vertrauensvolle Umarmung, ein fester Händedruck. Und dann legt er auch noch den Kopf auf die Schulter seines "Babysitters". Was ist da schon ein bisschen Haareziehen und Sabbern?

Wanto lebt noch ziemlich sorglos in der Orang-Utan-Auffangstation Nyaru Menteng auf Borneo. Er geht in der Nähe von Palangka Raya in indonesischen Südteil der Insel zur "Waldschule", um zu lernen, was so ein echter Menschenaffe in der Wildnis wissen muss: Nest bauen, Nahrung finden, Gefahren erkennen. Doch seine Tage in der Station und die der anderen gut 580 Orang-Utans sind gezählt: Die indonesische Regierung hat die Auswilderung sämtlicher Orang-Utans angeordnet. "Orang-Utans sind die Ikonen eines gesunden Regenwaldes", hat die Regierung als Devise ausgegeben. Spätestens 2015 müssen alle Auffangstationen schließen. Problem: Wohin mit den Tieren, die ja vor allem deshalb in Auffangstationen landen, weil ihr Lebensraum rasant geschrumpft ist.

Ausweichgelände mit Abholz-Konzession

"Es ist schwierig, ein zusammenhängendes Waldgebiet zu finden, in dem die Tiere langfristig überleben können", sagt Nina Nuraisyiah von der Umweltstiftung WWF. Die Regierung hat ein Gebiet vorgeschlagen, weiter im Norden, rund 15 Autostunden entfernt. Zusammen mit dem Betreiber der Station, der Stiftung BOS (Borneo Orang-Utan Survival Foundation), prüft sie das Gelände. "Es sieht gut aus, der Wald ist intakt und es ist genug Nahrung da. Aber es gibt dort eine Abholz-Konzession. Da muss geklärt werden, was dort passiert."

Die Tage der insgesamt gut 580 Orang-Utans auf dem Gelände sind gezählt.

Die Tage der insgesamt gut 580 Orang-Utans auf dem Gelände sind gezählt.

(Foto: dpa)

Die Orang-Utans - der Name ist indonesisch und heißt übersetzt "Waldmenschen" - sind bedroht. Einst bevölkerten sie ganz Süd- und Ostasien, heute gibt es sie nur noch auf Sumatra und auf Borneo. Etwa 60 000, schätzt die Regierung. Vor 35 Jahren waren es fast doppelt so viele. Allein im Jahr 2006 kamen nach Regierungsangaben rund 1000 Tiere um. Immer öfter gibt es Konflikte mit den "Stadtmenschen". In Plantagen werden Orang-Utans abgeknallt, die sich über Palmfrüchte hermachen. Andere müssen dran glauben, weil sie die Menschen stören, die mit ihren Siedlungen immer weiter in die Lebensräume der Tiere vordringen. Oder weil jemand in ihrem Fleisch eine Delikatesse sieht.

Gute Chancen in freier Wildbahn

Wanto wurde auch in einer Plantage gefunden, sagt Ali Muntaha, der stellvertretende Direktor der Anlage. Seine Mutter war tot, als die Mitarbeiter gerufen wurden und den Kleinen im Alter von sechs Monaten retteten und hochpäppelten. Wanto ist ein guter Schüler. "Er hätte gute Chancen in freier Wildbahn", sagt Muntaha. "Man merkt es an seinem Charakter, er hat noch etwas richtig Wildes an sich."

Das gilt erst Recht für Zorro, einen 22-Jährigen im besten Orang- Utan-Alter. Zorro herrscht über sein eigenes Orang-Utan-Reich, auf einer Insel im nahen Rungan-Fluss. Dort hat die Station die Halbwilden angesiedelt, die ganz gut allein zurecht kommen. Nur genügend Futter gibt es dort nicht, deshalb schauen Muntaha und seine Kollegen dort jeden Tag vorbei. Zorro führt sich auf wie ein King, sagt er. Einen weiteren starken "Waldmenschen" duldet er nicht. Mit den menschlichen Zweibeinern ist das so eine Sache. "Orang-Utans sind zehnmal stärker als wir", sagt er. "Sie wollen immer Kräfte messen."

Die indonesische Regierung hat die Auswilderung sämtlicher Orang-Utans angeordnet. Spätestens 2015 müssen alle Auffangstationen schließen.

Die indonesische Regierung hat die Auswilderung sämtlicher Orang-Utans angeordnet. Spätestens 2015 müssen alle Auffangstationen schließen.

(Foto: dpa)

Dann macht er vor, wie er sich selbst Respekt verschafft: hoch aufgerichtet, die Schultern nach vorn, die Arme breit, ein stählerner Blick, die Zähne zeigen, und dann stößt er ein bedrohliches Grollen aus. "Das habe ich mir von ihnen abgeschaut", sagt Muntaha lachend. "Wenn sie einmal akzeptiert haben, dass Du stärker bist, sind sie Deine Freunde und suchen bei Dir Schutz", sagt er. Außer, sie sind in Unsinn-Laune und lassen ihre Muskeln spielen. Dann nützt auch Bluffen mit Grollen und Zähnefletschen nichts. Einmal musste Muntaha sich mit einem Sprung ins Wasser retten. "Schwimmen mögen sie nicht," sagt er.

Die 200 Mitarbeiter der Station versuchen, die Tiere so gut wie möglich fit für den Dschungel zu machen. "Die Hälfte unserer Tiere würde es da draußen auch allein schaffen", sagt Muntaha - "wenn wir nur genügend Wald hätten."

Quelle: ntv.de, Christiane Oelrich, dpa

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