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Knochen nach Maß Japan testet einmalige Methode

Künstlich gezüchtete Knochen, maßgeschneidert für das Skelett des Patienten, die mit der Zeit von selbst durch nachgewachsene Knochen ersetzt werden - was derzeit noch wie Zukunftsmusik klingt, könnte bald Realität werden. Japanische Forscher testen an zehn Kliniken derzeit die weltweit ersten maßgefertigten Implantate für Schädelknochen. Sollte sich die Methode bewähren, könnten Ärzte eines Tages binnen Stunden nach einem Unfall neue Knochen für einen Patienten bilden, sofern Computertomographien über seine Original-Knochenstrukturen vorliegen.

Bisher werden schadhafte Knochen durch leicht brechbare Keramikimplantate oder die Transplantation eines Knochens von einer Stelle des Körpers an eine andere ersetzt. Für die neuartigen Implantate namens CT Bone verwenden die Wissenschaftler Calciumphosphat-Pulver, eine Substanz, aus der auch natürliche Knochen bestehen. Bis auf einen Millimeter genau können sie der komplizierten Struktur des Kieferknochens, des Wangenknochens und anderer Teile des Schädels angepasst werden. Bei der Rekonstruktion menschlicher Gesichter ist dies ein großer Fortschritt.

Neue Knochen durch körpereigene ersetzt

"Die neuen Knochen können später durch körpereigene ersetzt werden, was bisher nicht möglich war", schwärmt Tsuyoshi Takato, orthopädischer Chirurg und Professor an der Medizinischen Fakultät der Tokioter Universität. Neben Calciumphosphat enthält CT Bone eine härtende Flüssigkeit, die zu mehr als 80 Prozent aus destilliertem Wasser besteht.

Computergesteuert werden wie bei einem Tintenstrahldrucker winzige Tröpfchen davon auf eine 0,1 Millimeter dicke Schicht des Calciumphosphat-Pulvers gesprüht, um die gewünschte Form zu erzielen. Die von der Tokioter Firma Next 21 entwickelte Anlage wiederholt den Sprühvorgang so oft, bis die verschiedenen Schichten die benötigte Knochenform haben. 100 Schichten ergeben ein Implantat von einem Zentimeter Stärke.

Rund zwei Jahre dauern die klinischen Tests mit 70 Erwachsenen in zehn Krankenhäusern. Bereits zuvor hatte die Universitätsklinik von Tokio die Implantate bei zehn Erwachsenen getestet - mit vielversprechendem Ergebnis. Nach Einschätzung der Forscher könnte die Technologie in drei bis vier Jahren zum Einsatz kommen.

Körper als "Brutkasten zur Gewebeentwicklung"

Studien zeigen, dass die Implantate im Körper der Patienten binnen ein bis zwei Jahren durch körpereigenes Knochenmaterial ersetzt werden, berichtet Bio-Ingenieur Chung Ung-Il von der Universität Tokio. Dabei drängen nach und nach immer mehr Zellen aus dem verletzten Originalknochen in das eingesetzte Implantat ein und ersetzten dort das künstliche Material. Der echte Knochen funktioniere dabei wie ein "Brutkasten zur Gewebeentwicklung".

Die bisher verwendeten Keramikimplantate, die auf konventionelle Weise gebrannt werden, können Takato zufolge leicht brechen und erfordern oft das Zurechtschneiden des Originalknochens, um sie passgenau zu machen. Für konventionelle Transplantate wird Knochen an anderen Stellen des Körpers entnommen, vor allem an der Hüfte. "Fast die Hälfte des Knochenmaterials wird bei der Herstellung eines passenden Implantats verschwendet", betont Takato.

Er hofft, CT Bone eines Tages bei Kindern einsetzen zu können. Bisher könne man bei Kindern keine körpereigenen Knochen entnehmen, um sie zur Behandlung von Schäden am Skelett oder Entwicklungsstörungen zu verpflanzen, sagt Takato. "Von der neuen Technologie könnten Kinder profitieren", da sie normalerweise ein exzellentes Knochenwachstum haben. "Implantate würden schnell von eigenen Knochen ersetzt, die beim Wachsen des Kindes mitwachsen würden." Eine zweite Generation der CT Bones mit Material, das den künstlichen mit dem natürlichen Knochen besser verbinden soll, ist bereits in der Entwicklung.

Miwa Suzuki, AFP

Quelle: ntv.de

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