Weibchen sterben aus Klimawandel bedroht Echsen
16.07.2008, 11:36 UhrDer Klimawandel bedroht das Überleben der urzeitlichen Brückenechsen. Berechnungen eines internationalen Forscherteams zufolge könnten höhere Temperaturen dazu führen, dass immer mehr männliche Tiere geboren werden. Im Extremfall könnten ab Mitte der 2080er Jahre ausschließlich männliche Tiere zur Welt kommen. Das wäre naturgemäß das Ende, berichten die Wissenschaftler in den "Proceedings B" der britischen Royal Society. Gerade kleine Populationen seien durch eine Verschiebung des Geschlechterverhältnisses extrem gefährdet, berichten zeitgleich Forscher aus den USA im Journal "Nature".
Überleben auf kleinen Inseln
Brückenechsen sind lebende Fossilien, ihre Vorfahren besiedelten die Erde bereits vor rund 200 Millionen Jahren. Heute gibt es noch zwei Arten von Brückenechsen: Sphenodon punctatus und Sphenodon guntheri. Sie haben einen Rückzugsraum auf einigen kleineren neuseeländischen Inseln gefunden. Bei Brückenechsen sowie bei vielen anderen Reptilien wird das Geschlecht des Nachwuchses während einer gewissen Entwicklungsphase durch die Temperatur im Ei festgelegt. Deshalb haben Klimaveränderungen auf das Überleben der Art einen entscheidenden Einfluss.
Warren Porter von der University of Wisconsin in Madison und seine Mitarbeiter studierten nun eine aus etwa 350 erwachsenen Tieren bestehende Population auf North Brother Island, 30 Kilometer westlich der neuseeländischen Hauptstadt Wellington. Sie untersuchten, wo und in welcher Bodentiefe bei welcher Umgebungs- und Bodentemperatur die weiblichen Tiere ihre Eier legen. Dann berechneten sie, wie sich das Verhältnis der Geschlechter bei verschiedenen Klimaszenarien ändert und welche möglichen Anpassungsstrategien die Tiere entwickeln könnten.
Geringe Temperaturunterschiede ausreichend
Das Ergebnis: Bei einem nur minimalen Temperaturanstieg von 0,1 bis 0,8 Grad Celsius bis zum Jahr 2080 würden sich in den Nestern vermehrt Eier mit Echsen beider Geschlechter finden. Die Zahl rein weiblicher Gelege würde hingegen immer weiter abnehmen. Bei einem maximalen Temperaturanstieg von bis zu vier Grad Celsius würden in allen Gelegen jeder Bodentiefe nur noch männliche Eier zu finden sein. Da die Tiere auf Inseln lebten, könnten sie den Klimaveränderungen nicht einfach dadurch ausweichen, dass sie weiter in den kühleren Süden ziehen, schreiben die Forscher. Und auf der kühleren Inselseite seien nur wenig geeignete Nistplätze vorhanden.
Eine weitere mögliche Anpassungsstrategie bestünde darin, schattigere Plätze für die Nester zu suchen. So ein Verhalten sei bei einer bestimmten Eidechsenart beobachtet worden. Falls die Brückenechsen diese Strategie nicht verfolgten, könnten die Gelege im Notfall von Menschen abgedeckt werden, um das Überleben der Art zu sichern. Die besten Zukunftschancen hätten die Brückenechsen aber, wenn sie von Menschenhand in Reviere mit geeignetem Klima gebracht würden, so das Fazit der Forscher. In diesem Fall müsste allerdings eine Umgebung möglichst ohne Feinde gefunden und erhalten werden - eine schwierige Aufgabe.
Geschlechter entscheidend für das Überleben der Art
Einer Untersuchung US-amerikanischer Forscher zufolge wird das Aussterberisiko für gefährdete Arten häufig unterschätzt. Brett Melbourne von der University of Colorado in Boulder und Alan Hastings von der University of California in Davis hatten in einem mathematischen Modell alle Faktoren zusammengefasst, die die Überlebenswahrscheinlichkeit einer Art bestimmen, etwa Geburten- und Todesrate, Umweltfaktoren und das Geschlechterverhältnis. Gerade bei kleinen, ohnehin bedrohten Arten sei das Verhältnis der Geschlechter entscheidend für das Überleben der Art, lautet eines der Ergebnisse. Das Aussterberisiko für bedrohte Arten müsse, basierend auf den Ergebnissen ihrer Studie, neu berechnet werden, schreiben die Wissenschaftler.
Quelle: ntv.de