Die Stimme ist im Dauerstress Mehr Bewusstsein und Pflege gefragt
15.04.2011, 15:22 Uhr
Ein Torhüter beim Fußball muss sich über eine weite Strecke Gehör verschaffen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wir plappern, was das Zeug hält. Ob laut oder leise, energisch oder schüchtern – unsere Stimme ist im Dauerstress. Wir sehen sie als etwas Selbstverständliches; trotz ihrer Bedeutung schenken wir ihr nur wenig Aufmerksamkeit. Dabei gibt es wichtige Dinge, die man beachten sollte, wenn man lange von einem gesunden Stimmorgan profitieren möchte.
Schreien, rufen, sprechen, flüstern: In allen Variationen benutzen wir unsere Stimme tagein und tagaus. Ein Leben im Schweigen? Kaum einer mag sich ausmalen, wie das wäre. Die Vorstellung, auf das Stimmorgan verzichten zu müssen – undenkbar. Geradezu paradox erscheint es also, dass wir uns so wenig darum kümmern. Wir gehen doch schließlich zum Arzt, wenn uns der Magen Probleme bereitet oder das Knie beim Gehen schmerzt. Eine berechtigte Frage also, warum wir uns nicht auch einmal Zeit nehmen, um über unsere Stimme nachzudenken. Jedes Jahr am 16. April rufen Ärzte international zum "World Voice Day" auf, um einem im Alltag stets präsenten, aber dennoch vernachlässigten Organ Aufmerksamkeit zu schenken.
"Viele Menschen überlasten ihre Stimme andauernd und unnötig", warnt Oberarzt Bernhard Lehnert von der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten in Greifswald im Gespräch mit n-tv.de. Der Leiter der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie weist darauf hin, dass jeder Mensch jeweils unterschiedlich belastbare Stimmbänder hat. „Manche haben einfach kräftige, ausdauernde Stimmen – die schaffen es, den ganzen Tag im Kasernenhof herumzukommandieren. Viele können das jedoch nicht.“
Stimmüberlastungen sind alltäglich
Es gibt im Alltag zahlreiche Situationen, an der unsere Stimme schnell an ihre Grenzen kommt. Sei es im Café an der Hauptstraße, beim Gespräch in der Diskothek, oder im Streit mit dem Partner – unsere Stimme steht unter Dauerstress. Doch auch vermeintlich harmlose Situationen machen den Stimmbändern zu schaffen: "Wer beruflich viel telefonieren muss, überlastet leicht seine Stimme. Denn dann spricht man lauter als gewöhnlich – weil das direkte Gegenüber fehlt", sagt Lehnert.
Was kann man aber tun, um die Stimme möglichst wenig Belastung auszusetzen, damit sie uns lange unbeschadet erhalten bleibt? "Wer eine Schauspielschule besucht, lernt ganz selbstverständlich, wie er richtig mit seiner Stimme umzugehen hat", sagt der Mediziner. "Aber Lehrer zum Beispiel, die tagtäglich auf eine gesunde Stimme angewiesen sind, lernen davon im Studium häufig nichts." Wer beruflich seine Stimme an die Belastungsgrenze bringen muss, dem rät Lehnert, sich an einen Fachmann zu wenden. Nur so könne man den richtigen Umgang mit ihr lernen. HNO-Ärzte sowie Fachärzte für "Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen" seien hier die richtigen Ansprechpartner. Auch Logopäden seien für die vorbeugende Behandlung von Stimmstörungen eine wertvolle Adresse. Allgemeine Tipps, so Lehnert, seien zur Schonung der Stimme keinesfalls ausreichend, falls man sie ständig und viel belastet.
Pausen und Wasser für die Stimme
Dennoch gibt der Arzt Hinweise, die jeder beachten sollte, der Wert auf eine gesunde Stimme legt. Mit ganz oben dabei ist das Schweigen. "Die Stimme braucht Pausen", betont Lehnert. "Wer am Abend zuvor in der Disco viel geschrien hat, der sollte dem Kehlkopf am Tag danach Erholung gönnen." Auch bei erkältungsbedingter Heiserkeit ist gut beraten, wer stillschweigt. Dann nämlich seien die Stimmbänder rot und angeschwollen. "Es ist im Prinzip wie mit einem gebrochenen Bein. Das würden sie eingipsen und ruhig stellen, damit es sich erholen kann. Und Krücken benutzen, um es möglichst wenig zu belasten." Wer also seine Stimmbänder bei Heiserkeit oder Erkältung unnötig belaste, verhindere eine rasche Heilung des Stimmorgans.

Sänger und Schauspieler lernen, wie sie richtig mit ihrer Stimme umgehen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Damit unsere Stimme richtig funktioniert, braucht sie auch ausreichend Flüssigkeit. "Es ist sehr wichtig für die Stimmbänder, dass wir genügend trinken", sagt Lehnert. Denn die Stimmbänder funktionieren nur, wenn sie feucht genug sind. Dies liege daran, dass sich zwischen Stimmband und Schleimhaut eine gelartige Flüssigkeit befinde. Sollte diese Austrocken, bleibt nur noch krächzen.
Und auch für die Stimme gilt zu guter Letzt noch die Warnung vor dem Rauchen. "Zigarettenqualim ist besonders schädlich – denn der zieht direkt über die Stimmlippen und richtet dort große Schäden an", erklärt der Facharzt.
In einer Welt, in der Kommunikation immer wichtiger wird, spielt auch ein guter Umgang mit der Stimme eine immer größere Rolle. Wer lange von seinem Stimmorgan profitieren möchte, sollte also sorgsam damit umgehen. Und das altbekannte Sprichwort bewahrheitet sich auch in diesem Fall: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Quelle: ntv.de