Tsavo-Löwen fraßen weniger Menschen Raubtierhaare klären auf
03.11.2009, 14:38 UhrDen berüchtigten menschenfressenden "Löwen von Tsavo" fielen gegen Ende des 19. Jahrhunderts weit weniger Menschen zum Opfer als oft behauptet. Statt 135 fraßen die wilden Tiere wohl "nur" rund 35 Personen. Dies ergab eine Analyse der Haare und Knochen der Löwen, die heute ausgestopft im Field Museum of Natural History in Chicago zu sehen sind. Vermutlich haben sich die beiden gemeinsam jagenden Löwen wegen Nahrungsknappheit in der Region auf die ansonsten wenig attraktive Beute Mensch spezialisiert, berichten Forscher in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS"). Eines der Tiere hatte zudem ein beschädigtes Gebiss und womöglich auch deswegen sein Beuteschema geändert.
Die beiden Löwenmännchen hatten im Jahr 1898 unter den Arbeitern einer Eisenbahnbaugesellschaft im Süden Kenias monatelang Angst und Schrecken verbreitet. Sie töteten Dutzende Menschen, bis schließlich der britische Oberstleutnant John Patterson mit dem Abschuss beauftragt wurde. Er hatte am 9. und 29. Dezember des Jahres Erfolg. Die Löwen wurden in zahlreichen Geschichten und gleich drei Hollywood-Filmen zur Legende. Die Angaben zur Zahl der Opfer schwankten in den darauffolgenden Jahren in den weiten Grenzen von 28 bis 135.
Aufwendige Analysen
Mehr als 100 Jahre später nahm sich ein Forscherteam um Justin Yeakel von der University of California (Santa Cruz/US-Staat Kalifornien) der Legende an. Die Gruppe bestimmte in Haar- und Knochenproben der Tiere die Zusammensetzung von bestimmten Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopen. Diese verglichen die Forscher dann mit der Isotopen-Zusammensetzung möglicher Beutetiere, etwa Gazellen, Impalas oder eben auch Menschen. Bei den menschlichen Proben handelte es sich um Schädel, die der berühmte Archäologe Louis Leakey bei einer Expedition 1929 gesammelt hatte.
Die Analyse ergab, dass beide Tiere gegen Ende ihres Lebens ihre Ernährung umgestellt und Menschenfleisch gefressen hatten. Einer der beiden hatte den Berechnungen zufolge in den letzten neun Monaten seines Lebens 11, der andere 24 Menschen verspeist. Zusammengenommen ergibt das die Zahl von 35 Opfern. Getötet hätten die Tiere womöglich mehr Menschen, gefressen hingegen höchstens 72, wenn die maximale statistische Abweichung zuträfe.
Ungewöhnliche Jagd auf Menschen
Ihre Untersuchung sage auch etwas über das Jagdverhalten von Löwen, berichten die Wissenschaftler. In Teams zu jagen sei durchaus üblich, zumindest wenn große Tiere wie Kaffernbüffel oder Zebras angegriffen werden. Für das Erlegen von Menschen hingegen sei eigentlich kein koordinierter Angriff nötig. Vielleicht hätten sich die Tiere zusammengetan, weil das Nahrungsangebot nach Dürre und einer unter Rindern verbreiteten Krankheit in der Region knapp geworden war.
Quelle: ntv.de, dpa