Arm und krank immer häufiger Reich und gesund auch
19.05.2007, 11:05 UhrSozial Schwächere werden Gesundheitsdaten zufolge häufiger krank und sterben früher. Demnach gibt es immer mehr arme Kranke und reiche Gesunde, wohingegen die Zahlen der armen Gesunden und reichen Kranken eher rückläufig sind. Gesundheit ist im Zeitalter der Zwei-Klassen-Medizin immer mehr eine Frage des Geldbeutels.
"Wir haben in Deutschland die Situation, dass Männer im unteren Einkommensbereich im Schnitt eine zehn Jahre niedrigere Lebenserwartung haben als Männer aus dem oberen Einkommensbereich. Bei Frauen liegt der Unterschied bei fünf Jahren." Das sagte die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Elisabeth Pott in Köln. "Herzinfarkte und Diabetes kommen bei sozial Benachteiligten etwa doppelt so häufig vor." Auch eine längere Arbeitslosigkeit habe einen negativen Einfluss auf die Gesundheit.
Dieses Problem der gesundheitlichen Ungleichheit nehme zu und bestehe in ganz Europa, betonte Pott. "Obwohl mit Maßnahmen begonnen wurde, haben wir es mit einem wachsenden Problem in Europa zu tun." Dringenden Handlungsbedarf sieht die Expertin angesichts großer Unterschiede vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Kinder aus einem sozial benachteiligten Elternhaus hätten bis zu 70 Prozent häufiger einen Unfall als ihre Altersgenossen aus Familien im oberen Einkommensbereich. Außerdem sagte Pott: "Bei Berufsschülern rauchen im Alter von 14 bis 18 Jahren 53 Prozent, bei den Gymnasiasten sind es 37 Prozent."
"Kinder aus benachteiligten Familien bewegen sich weniger, ernähren sich oft falsch, haben kaum Mechanismen zur Stressbewältigung erlernt, so dass wir heute immer früher Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten und psychosomatischen Erkrankungen sehen." Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen erschwerten das Lernen, was wiederum Stress, Druck und gesundheitliche Probleme erzeuge. "Wir müssen aus diesem Teufelskreis heraus, mit viel Präventionsarbeit und Hilfsangeboten an die Familien", betonte die BZgA-Direktorin.
Zwar stecke die Projekt-Arbeit zur Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit noch in den Kinderschuhen. "Deutschland kann sich aber im internationalen Vergleich sehr gut sehen lassen." In einem europäischen Projekt mit 21 Ländern unter Federführung der Kölner BZgA seien nun ein Netzwerk kompetenter Akteure sowie eine Internet-Datenbank mit bisher 90 positiven Praxisbeispielen aufgebaut worden. Auf nationaler Ebene habe sich ergeben: "Von 2.700 Projekten, die wir ermittelt haben, konnten wir bis jetzt immerhin 40 als 'good practice' und vorbildhaft benennen."
Quelle: ntv.de