"Vergewaltigung der Meere" Schmuggler plündern Riffe
03.06.2011, 10:26 UhrKorallen sind wichtig für das Ökosystem der Meere. Ihr Raub bringt das natürliche Gleichgewicht ins Wanken und zerstört die Artenvielfalt. Zunehmender Schmuggel mit den zu Schmuck verarbeiteten Teilen ist ein ernstes Problem. Die Strafen sind dagegen lasch. Umweltschützer warnen vor verheerenden Folgen.

Studenten einer philippinischen Universität tauchen an den Riffen vor Anilao in der Provinz Batangas südlich von Manila.
(Foto: dpa)
Der Inhalt der Container war als Gummi und als Altmetall deklariert. Doch hatten die philippinischen Zollbehörden einen Tipp erhalten und schauten nach. Was sie dann in den Ladungen in Manila und Cebu fanden, war etwas Anderes. 21.000 Stücke schwarze Koralle und mehr als 100 ausgestopfte Seeschildkröten. Der Handel ist verboten, aber ein blühendes Geschäft.
Als Empfänger und Auftraggeber wurde eine Geschäftsfrau in Manila festgenommen. Angeblich sollte die Ladung nach Taiwan gehen. Schildkrötenteile werden in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet. Schwarze Korallen sind Blumentiere, die in Höhlen oder in mehr als 100 Metern Tiefe wachsen. Sie haben ein schwarzes oder braunes hornhaltiges Skelett, das gerne zu Schmuck verarbeitet wird.
Die Umweltstiftung WWF spricht von einer "Vergewaltigung der Meere". Um eine solche Menge Korallen wie in den beschlagnahmten Containern zusammenzubringen, müssen nach Schätzungen von Meeresbiologen mindestens 200 Quadratkilometer Korallenriffe abgegrast worden sein. "Dieser Schlag gegen die Schmuggler ist nur die Spitze des Eisbergs", sagt WWF-Direktor Jose Ma Lorenzo Tan. "Unser Meeresreichtum wird seit Jahrzehnten geplündert."
Zu wenig Geld für die Küstenwache
Die Chefin der Behörde für Schutzgebiete und Wildtiere, Mundita Lim, räumt ein, dass die Philippinen Drehkreuz internationaler Schmuggler und Wilderer sind. Die Regierung habe aber nicht das Geld, um die insgesamt fast 36.300 Kilometer langen Küsten zu überwachen.

Ein philippinischer Hafenarbeiter zeigt im Hafen von Manila eine sichergestellte getrocknete Meeresschildkröte.
(Foto: dpa)
Die Philippinen sind eins der sechs Länder im Korallendreieck. Das ist ein 5,7 Millionen Quadratkilometer großes Seegebiet zwischen Malaysia und den Fidschi-Inseln. Es gilt als "Amazonas der Meere" und ist eines der artenreichsten Meere der Welt. Allein rund um die gut 7000 Inseln der Philippinen gibt es 25.000 Quadratkilometer Korallenriffe. Meeresbiologen sind entsetzt über ihren Zustand: "Nur ein Prozent der Korallenriffe ist makellos", sagt Tan, der selbst taucht und Naturfotograf ist. "60 Prozent gelten als schwer geschädigt."
Die Politikerin Loren Legarda fordert bessere Kontrollen und die rigorose Verfolgung von Schmugglern. "Unser Land ist mit einer so faszinierenden Artenvielfalt gesegnet. Aber weil diese Naturressourcen zerstört werden, ist diese Artenvielfalt bei uns so bedroht wie in kaum einer anderen Weltregion", sagt sie.
"Das ganze Meer schützen"
"Es gibt zwar Gesetze, die den Korallenklau und Korallenverkauf verbieten, aber die, die geschnappt werden, kommen mit leichten Strafen davon", sagt Fernando Hicap, Vorsitzender des Fischereiverbandes Pamalakaya. "Es gibt sechs Monate bis zwei Jahre Haft und Geldstrafen von 200 bis 20.000 Pesos" - höchstens 320 Euro.
Auch die Regierung ist jetzt alarmiert. "Wir rufen die Menschen in aller Welt auf, sich für die Artenvielfalt einzusetzen und keine Schmuckstücke aus schwarzen Korallen mehr zu kaufen", sagt der Sprecher des Präsidenten, Edwin Lacierda.
WWF-Mann Tan nimmt aber auch die Regierung in die Pflicht. "Sie muss etwas gegen die weit verbreitete Armut tun", sagt er. Viele Fischer verdienten so wenig, dass sie sich gezwungen sähen, illegal mit Korallen zu handeln. Zudem reiche Korallenschutz allein nicht. "Man kann nicht nur die Adler und Wasserbüffel retten, man muss den ganzen Wald retten. Genauso kann man nicht nur Wale und Korallen schützen, man muss das ganze Meer schützen."
Quelle: ntv.de, John Grafilo, dpa