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Ersatzgelenke aus Metall Schwangere geben Chrom weiter

Die Plazenta stellt die Versorgung des Embryos sicher.

Die Plazenta stellt die Versorgung des Embryos sicher.

Schwangere mit künstlichen Gelenken aus Metall übertragen Kobalt und Chrom auf ihren ungeborenen Nachwuchs. Welche gesundheitlichen Risiken der Abrieb für Mutter und Kind birgt, ist bisweilen unklar. Das berichten US-Forscher um Joshua Jacobs vom Rush University Medical Center am Rande des Jahrestreffens der American Academy of Orthopaedic Surgeons in New Orleans (US-Staat Louisiana).

Sind sowohl der Kopf des Gelenks als auch die Hüftpfanne künstlich (Metall-Metall-Gleitpaarungen), reiben sich im Lauf der Zeit winzige Metallteilchen ab. Diese gelangen über die Blutbahn der Mutter in den Fötus.

Jacobs und seine Kollegen untersuchten das Blut dreier Frauen mit Hüftprothesen aus Metall, dazu das Blut ihrer Neugeborenen und jenes der Nabelschnur. Die Ergebnisse verglichen sie mit denen von sieben Säuglingen und ihren Müttern mit gesunden Hüften.

Plazenta filtert nicht vollständig

Ein künstliches Hüftgelenk aus Titan.

Ein künstliches Hüftgelenk aus Titan.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Bei den Frauen mit Metall-Metall-Gleitpaarungen fanden sich, individuell verschieden, erhöhte Werte von Chrom und Kobalt. Das galt auch für die Neugeborenen: Deren Kobalt-Werte waren halb so hoch wie jene der jeweiligen Mutter. Die Chrom-Werte des Nachwuchses betrugen rund 15 Prozent der mütterlichen Werte. Auch in den Blutproben der Nabelschnur fanden sich Spuren der Metalle. Bei Frauen ohne Hüftersatz und ihren Kindern wurden hingegen keine auffälligen Zusammenhänge nachgewiesen.

Dass die betroffenen Babys geringere Werte als ihre Mütter aufwiesen, erklären die Forscher mit der schützenden Plazenta – sie verhindert zumindest teilweise den Übergang der Ionen auf den Fötus. "Es ist bemerkenswert, dass die Plazenta keine komplette Barriere für den Transport dieser Metalle darstellt", erklärt Jacobs. "Frauen im gebärfähigen Alter und ihre Ärzte sollten sich dessen bewusst sein, wenn sie die Option des Hüftersatzes in Betracht ziehen."

Metall oder Keramik

Metall-Metall-Gleitpaarungen werden in den USA zunehmend eingesetzt. Besonders bei jungen Patienten ist dieser Hüftersatz beliebt, da er nicht so schnell verschleißt wie Prothesen aus anderen Materialien. Der Abrieb ist indes ein potenzielles Risiko: "Metallpartikel haben eine zytotoxische also zellgiftige Wirkung, die man im Zusammenhang mit der Größe der Partikel sehen muss", sagt Jörn Reinders, Medizintechniker an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg. Zunächst entstehen feinste Metallpartikel, später einzelne Metallionen. Letztere können sich dann im ganzen Körper verteilen und in Organen ablagern, erklärt Reinders.

Über die Niere kann der Körper zwar eine gewisse Menge der Ionen ausscheiden, Reste bleiben jedoch zurück. "Liegt bei einem Patienten eine Nierenfunktionsstörung vor, würden wir auf keinen Fall eine solche Metall-Prothese einbauen. Gleiches gilt für junge Patientinnen, die noch schwanger werden können", sagt Peter Pennekamp, Facharzt für Orthopädie am Universitätsklinikum Bonn.

Generell kämen Metall-Metall-Gleitpaarungen in Deutschland kaum zum Einsatz. Weit verbreitet seien hingegen Prothesen aus Keramik, sagt Pennekamp. Zwar setzten sich bei diesem Hüftersatz auch Partikel frei, für den Körper sei jedoch Keramik weniger schädlich als Metall.

Quelle: ntv.de, dpa

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